In der Hoffnung, drei Tage nach dem schweren Erdbeben in Marokko noch Überlebende zu finden, haben die Einsatzkräfte ihre Rettungsbemühungen weiter intensiviert.
Während die Menschen die dritte Nacht in Folge aus Angst vor weiteren Nachbeben in den Straßen von Marrakesch und anderen Orten verbrachten, begannen Soldaten und ausländische Hilfsteams in Lastwagen und Hubschraubern, in die entlegenen Bergdörfer vorzudringen. Militärfahrzeuge, beladen mit Bulldozern und logistischer Ausrüstung, versuchten in zerklüftetem Gelände Straßen von Erdrutschen zu befreien, damit auch Krankenwagen durchkommen, wie die Online-Zeitung Morocco World News berichtete.
Erdbeben in Marokko: Es werden noch Hunderte Menschen vermisst
Für die Einsatzkräfte ist es ein Wettlauf gegen die Zeit: Experten geben einen Richtwert von 72 Stunden an, in denen ein Mensch höchstens ohne Wasser auskommen kann. Unterdessen hat Marokkos Erziehungsministerium den Schulunterricht in 42 Dörfern in den am schwersten betroffenen Regionen ausgesetzt. Nach bisherigen Erkenntnissen des Ministeriums befinden sich unter den Todesopfern sieben Lehrkräfte sowie 39 weitere Menschen. Mindestens 530 Erziehungseinrichtungen seien durch das Beben beschädigt worden. Bis Mittwochabend wurden laut marokkanischem Innenministerium fast 2950 Tote im gesamten Katastrophengebiet gemeldet.
Das Erdbeben der Stärke 6,8, das schlimmste seit Jahrzehnten in Marokko, hatte sich am späten Freitagabend ereignet. Seither wurde das nordafrikanische Land, wo Erdbeben generell nur selten vorkommen, von weiteren Nachbeben heimgesucht.
Obwohl mehrere Länder, darunter Deutschland, ihre Hilfe angeboten haben, will Marokko zunächst nur von vier Ländern Unterstützung annehmen. Wie das Innenministerium am späten Sonntagabend erklärte, hätten die Behörden nach gründlicher Untersuchung "auf die Unterstützungsangebote der befreundeten Länder Spanien, Katar, Großbritannien und Vereinigte Arabische Emirate reagiert". Nicht bekannt war, ob auch Deutschland um Hilfe gebeten wurde. Deutsche Hilfsorganisationen wie das Technische Hilfswerk schickten ihre bereitgestellten Mitarbeiter jedenfalls vorerst wieder nach Hause.
Regierung in Marokko kündigt Sonderhilfsfonds an
Auch Saudi-Arabien will Marokko unterstützen. König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman hätten die Einrichtung einer Luftbrücke zur Hilfslieferung nach Marokko angeordnet, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SPA am späten Sonntagabend. Die beiden arabischen Länder unterhalten traditionell freundschaftliche Beziehungen. Nach einem Bericht der englischsprachigen Zeitung Arab News soll ein saudisches Such- und Rettungsteam die Rettungskräfte unterstützen.
Die Regierung in Marokko kündigte unterdessen einen Sonderhilfsfonds für die notleidende Bevölkerung an. Damit sollten unter anderem Kosten zur Absicherung beschädigter Häuser gedeckt werden, berichtete die marokkanische Nachrichtenseite Hespress unter Berufung auf einen Regierungssprecher.
Zur Höhe des Fonds gab es keine Angaben. Er solle sich aus Geldern öffentlicher Einrichtungen und freiwilliger Beiträge des Privatsektors zusammensetzen, hieß es. Zur medizinischen Versorgung der mehr als 5600 Verletzten seien neben den ortsansässigen Krankenhäusern und Ambulanzdiensten mehr als 1000 Ärzte sowie 1500 Krankenschwester und Pfleger mobilisiert worden. (dpa)