Schon als Olaf Scholz vor über einem Jahr bei „maybrit illner“ zu Gast war, ging es um das Thema: „Krieg, Krisen, Koalition – wie gut führt der Kanzler?“ Nun, zur 1000. Ausgabe des Polit-Talks von und mit Maybrit Illner, lautet der Titel der ZDF-Sendung: „Deutschland in der Krise – was kann Olaf Scholz noch erreichen?“ Eineinhalb Jahre sind vergangen, und die Krisen sind ebenso geblieben wie die Frage nach der Krisenbewältigungskompetenz des Kanzlers. Vor allem in eigener Sache: Der SPD-Kanzler wirkt angeschlagener denn je.
Das ist, unter Talkshow-Gesichtspunkten, keine schlechte Ausgangslage für Maybrit Illner, die am Donnerstagabend ihr Talk-Jubiläum begangen hat. Seit einem Vierteljahrhundert trägt die 59-Jährige mit bei zu den Debatten, die das Land so führt: „Ist die CDU noch zu retten?“ (2000), „Arm im Alter – Rente retten! Aber wie?“ (2007), „Deutschlands Corona-Desaster – gibt es endlich einen Plan?“ (2021). Manche ihrer Sendungstitel klingen immer noch merkwürdig aktuell.
Kamera zeigt ein riesengroßes Scholz-Foto bei Maybrit Illner, auf dem er etwas „schlumpfig herumgrinst“
Am Donnerstag kommt sie ohne Umschweife zum Punkt – und konfrontiert ihren einzigen Gast Scholz mit einer Umfrage, der zufolge 85 Prozent der Befragten meinen, die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP habe keine durchdachten Konzepte zur Bewältigung aktueller Krisen. Ein vernichtendes Urteil, das Scholz mit gewisser Routine wegzureden versucht, es ist ja nicht die erste katastrophale Umfrage zum Wirken der Ampelkoalition. Illner hakt nach, auch zu seinem Anteil daran. Scholz sagt: Wer ein Mandat habe, müsse es erfüllen. Er habe sich geschworen, sagt er unter besonderem Verweis auf Putins Überfall auf die Ukraine, „dass ich die Dinge tue, die ich richtig finde“. Das klingt allerdings nicht nach einem starken, sondern nach einem einsamen Kanzler. Wer will, kann auch etwas Trotz darin erkennen.
Fast gemein, dass Illner ihn danach mit eingespielten Journalisten-Statements behelligt: Diese stellen Scholz‘ Regierung und ihm ein vernichtendes Zeugnis aus. Schade, dass sein Gesicht währenddessen nicht eingeblendet wird. Die Kamera schwenkt im Anschluss über ein riesengroßes Scholz-Foto im Studio, auf dem er etwas „schlumpfig herumgrinst“, wie ihn Bayerns CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder einmal verspottet haben soll. Wer einen Auftrag habe, müsse ihn abarbeiten, sagt Scholz hanseatisch trocken. Aufbruch hört sich anders an.
Scholz: „Aus meiner Sicht ist es schon manchmal sehr schwer, all die vielen Streitigkeiten durchzustehen“
Illner leitet zum Heizungsgesetz über, dem nächsten Regierungs(kommunikations)desaster. Und so geht es unheiter weiter. Es ist ein schwieriger Auftritt für Scholz. Seine Sätze beginnt er mehrfach mit „Nein“. Schließlich sagt er: „Es ist überhaupt nicht gut, dass es so läuft.“
Illner tut ihm nicht den Gefallen, locker zu lassen. Ein wenig wirkt sie wie ihr Talk-Kollege Markus Lanz, bloß charmanter. Beim Zusehen stellt sich beinahe Mitleid mit dem Kanzler ein. Dem hatte seine Partei ja aufgetragen, besser zu kommunizieren, mehr zu erklären, kämpferischer zu sein. Im Bundestag ist ihm das gelegentlich gelungen, bei Illner verlassen Sätze über den Regierungsalltag seinen Mund wie: „Aus meiner Sicht ist es schon manchmal sehr schwer, all die vielen Streitigkeiten durchzustehen“.
1000. Ausgaben Polit-Talk mit Maybrit Illner, Gäste von Albright (damals Ex-US-Außenministerin) bis Zollitsch (damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz), in den vergangenen Jahren respektable Marktanteile von teils über 15 Prozent und vergleichsweise wenig, das sich hätte skandalisieren lassen. Illner gelang es, sich im ARD-ZDF-Polit-Talk-Kosmos zu behaupten. „Während in der ARD Salon und Zirkus („Anne Will“ und „Hart aber fair“) konkurrieren, zieht Maybrit Illner davon recht unbedrängt im ZDF ihre Bahn“, schrieb 2008 ein TV-Kritiker. Sie fahre gut mit ihrer Mischung aus Bedeutungsgipfeln und Themen aus der Mitte der Gesellschaft. Das trifft unverändert zu.
Wie auch, dass der Erfolg ihrer Sendung mit Illners (Eigen-)Art zu tun hat. Es sind die typischen Illner-Sätze, die einen ein Lächeln ins Gesicht zaubern oder die Augenbraue hochziehen lassen. Liegt manchmal an der Tagesform, von Illner und von ihren Zuschauern. Bisweilen verliert sie sich in ihren Satzkonstruktionen und verhaspelt sich. Doch wenn sie sich verspricht, geht sie nicht etwa darüber hinweg, sondern macht daraus ein kleines Theaterstück. Man kann das peinlich finden oder eben ziemlich charmant.
Illners Sprüche: von „live und in Farbe“ bis zu „Kommen Sie gut durch die Nacht“
Im Laufe der Jahre wechselten ihre Begrüßungs- und Verabschiedungsformeln, Kenner dürften daran bestimmte Phasen ihres Talk-Schaffens ablesen können. Gäbe es „Wetten, dass ..?“ noch, es wäre eine nette Wette. Eine Zeit lang gab Illner dem möglicherweise kurz vor dem Einschlafen befindlichen Publikum genaue Koordinaten durch: „Es ist 22.15 Uhr heute Abend, live im ZDF sind Sie – und das finden wir gut so.“ Inzwischen ist sie, die gesamtgesellschaftliche Stimmungslage hat sich merklich verdunkelt, bei einem „Wir müssen reden“ angekommen. Wie von gestern mutet ihr „live und in Farbe“ und ihr „im Zweiten Deutschen Fernsehen“ mit seiner Dieter Thomas Heck-Haftigkeit an, zu ihrem Klassiker wurde ihr Rausschmeißersatz „Viel Spaß beim Vermehren der gewonnenen Einsichten“. Wandel aber auch hier: Illner verabschiedet ihr Publikum mittlerweile mit dem Wunsch „Kommen Sie gut durch die Nacht“. Über all die Jahre hat sie sich ihr fröhliches „Nö“ bewahrt, mit dem sie bereits in der zweiten Sendung im Oktober 1999 Gregor Gysis Redefluss abwürgte.
Aus Illners Sicht muss die Scholz-Jubiläums-Folge am Donnerstag ein großer Erfolg sein. Der ihr auch in der Währung Berichterstattung gezahlt wird. Per Pressemitteilung sind am frühen Abend ausführliche Zitate aus der Sendung verschickt worden, die bundesweit umgehend aufgegriffen werden. Vorab ist die Sendung in der ZDFmediathek zu sehen, sie wurde aufgezeichnet. Das ist Stunden vor ihrer linearen Ausstrahlung ab 22.15 Uhr.
Inhaltlich kann Illner Scholz wenig Neues entlocken. Um die Wirtschaft anzukurbeln, wolle er auf dem geplanten Industriegipfel eine „vertrauliche Diskussion“ führen, das Rentenpaket werde noch „dieses Jahr beschlossen“, zur Frage eines Nato-Beitritts der Ukraine sieht er „aktuell keinen neuen Entscheidungsbedarf“, die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine hält er unverändert „für falsch“.
Scholz macht als Kanzler bei Maybrit Illner irritierend schwachen Eindruck
Nicht abschalten lässt einen, dass in der Sendung ein Kanzler zu besichtigen ist, der ein knappes Jahr vor der nächsten Bundestagswahl einen irritierend schwachen, stellenweise ratlosen Eindruck hinterlässt. Illners unablässiges Nachfragen fördert es zutage. Will die SPD wirklich mit diesem Kandidaten in den Wahlkampf ziehen? „Ich will die nächste Wahl gewinnen“, sagt Scholz. Er traue das sich und seiner Partei schon zu.
Am Ende der Sendung schenkt sich Scholz einen Schluck Wasser ein, Illner gibt – „Herr Scholz, mit Ihrer Genehmigung“ – an Markus Lanz ab, der nach ihr talkt. Und man darf zu diesem Anlass feststellen, dass die Lanzereien ihres Talk-Kollegen („Was macht das mit Ihnen?“) sich erfolgreicher in der Alltagssprache ausgebreitet haben. Markus Lanz brachte es zeitweise gar auf ein – eher wenig schmeichelhaft gemeintes – Verb, das seinen Moderationsstil beschreiben sollte: „anlanzen“. Das Gegenüber also einlullen, in Sicherheit wiegen, charmieren – um so an Informationen zu gelangen. Tatsächlich tauchte auch einmal das Verb „illnern“ auf, im Spiegel, sehr lange ist das her. Es sollte wohl meinen: „sich lange Fragen ausdenken“, „gekonnt schelmisch guckend nachfragen“. Das Verb hat sich nicht durchgesetzt, Maybrit Illner dagegen schon.
Kürzlich verabschiedete sie sich mit dem Satz: „Vielleicht machen wir an der Stelle schnell einen Punkt und sagen: Eine nächste Sendung muss folgen.“ Das wird es – am nächsten Donnerstag. „Gleiche Stelle, gleiche Welle.“
Worin nun das "Debakel" bestand, erschließt sich bei der Lektüre des konfusen Artikels nicht. War das nun ein Illner-Porträt oder ein Bericht über die letzte Sendung? Jedenfalls wissen wir nun, dass Herr Wirsching ein Fan von Frau Illner ist. Ich persönlich ertrage solche Talksendungen bereits seit über 15 Jahren nicht mehr.
Ich habe die Sendung gesehen und ich muss sagen.. es war schrecklich Das Debakel bestand darin dass Maybrit Illner den Kanzler Olaf Scholz vorgeführt hat wie einen Deppen.. Sie ließ ihn nicht Ausreden, unterbrach ständig, wiederholte die gleichen Fragen bis zum erbrechen, unhöflich, unfreundlich, sie grinste, lachte und Kanzler Scholz Gesicht wurde immer länger.. sie war einfach völlig unprofessionell. So etwas darf nicht vorkommen.. er ist der Kanzler und sie nur eine Journalistin.. sie hat eine Vorbildfunktion für ihre Sendung und Zuseher......
Ich habs nicht gesehen, aber 3x-4x ausschnittsweise Frau Illner ... keine Ahnung was viele an ihr finden. Ich kenne keine Talkshow, die es wert ist angesehen zu werden. Ich schaue mir auch keine mehr an bis auf, wie gesagt, einige 2x-3x testweise, um ein einigermaßen handfestes Urteil bilden zu können. Das Beste, und m.e. bis heute unerreicht war eine Talkshow zu einer Zeit in der es den Begriff noch gar nicht gab. Der Internationale Frühschoppen mit Werner Höfer. Neben wirklich herausragenden Gästen wie Wolfgang Leonhard (absichtlich erwähnt =:), Sebastian Haffner und und und) habe ich selten eine solche Diskussionsführung gesehen und, was heute höchstens bei Scobel noch zu hören ist - Höfer machte vor dem obligatorischen Prost am Ende vorher noch eine 45-60 Sekunden dauernde Zusammenmfassung der letzten 45 Minuten.
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