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Justiz: Spanien verschärft Strafen für sexuelle Delikte

Justiz

Spanien verschärft Strafen für sexuelle Delikte

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    Die spanische Regierung hat das Sexualstrafrecht drastisch verschärft.
    Die spanische Regierung hat das Sexualstrafrecht drastisch verschärft. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Es war eine der schlimmsten sexuellen Gewalttaten seit vielen Jahren: Fünf Männer vergewaltigen während des berühmten Stierhatz-Volksfestes im nordspanischen Pamplona brutal eine 18-Jährige. Die Richter schickten die Täter zwar ins Gefängnis, werteten die Tat aber nicht als Vergewaltigung, weil sich die Frau nicht massiv gewehrt hatte. Das sorgte für riesige Empörung und nun, einige Jahre später, für eine drastische Verschärfung des Sexualstrafrechts in Spanien.

    Kernpunkt des neuen „Gesetzes zum Schutz der sexuellen Freiheit“ ist die juristische Klarstellung, dass das Delikt der Vergewaltigung nicht mehr davon abhängt, ob das Opfer Gegenwehr leistet. Oder ob die Tat mittels Gewaltanwendung vollzogen wird. Sondern künftig gilt vor allem ein Kriterium, um zu entscheiden, ob eine Vergewaltigung vorliegt: Und zwar, ob vor dem Vollzug der sexuellen Handlung ein ausdrücklich artikuliertes Einverständnis vorliegt oder nicht.

    Verschärftes Sexualstrafrecht in Spanien richtet sich nach dem Prinzip "Nur Ja heißt Ja"

    Spaniens Frauenministerin Irene Montero, die der Linkspartei Podemos (Wir können) angehört, drückt dies so aus: „Wenn wir Ja sagen, dann handelt es sich um eine einvernehmliche sexuelle Beziehung. Und wenn dieses Ja nicht existiert, dann handelt es sich um eine sexuelle Aggression.“ Montero feiert das „Nur-Ja-heisst-Ja-Gesetz“ als historisch: „Dies ist ein entscheidender Schritt, um die sexuelle Kultur unseres Landes zu verändern.“

    Die neue spanische „Ja“-Formel präzisiert vor allem eines: Schweigen, passives Verhalten oder fehlende Gegenwehr sind nicht gleichbedeutend mit Zustimmung. Das trägt der Tatsache Rechnung, dass viele Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe im Umfeld der Familie oder im Bekanntenkreis geschehen. Dass die Opfer während der Attacke oft einen Schock erleiden und deswegen nicht reagieren können. Oder dass ihre Reaktion zuweilen durch Alkohol oder Drogen stark eingeschränkt ist.

    Neues Gesetz zum Schutz vor Vergewaltigung: Gegenstimmen kamen von Konservativen und Rechtspopulisten

    Das Gesetz, das die Regierung aus sozialdemokratisch orientierten Sozialisten und der Linkspartei Podemos einbrachte, wurde nun vom Parlament mit breiter Mehrheit gebilligt. 201 Abgeordnete waren dafür, 140 dagegen. Die Gegenstimmen kamen von der konservativen Volkspartei und von der rechtspopulistischen Partei Vox. Grund der Ablehnung: Das Gesetz kehre die Beweislast um und diskriminiere die Männer. „Der Mann wird zum Schuldigen gestempelt“, schrieb das konservative Mediensprachrohr „ABC“.

    Dabei soll das „Ja“-Gesetz nicht nur Übergriffe auf Frauen bekämpfen. „Es hat die Ausrottung jeglicher sexuellen Gewalt zum Ziel“, erklärt die Regierung. Aber sie weist darauf hin, dass vor allem Frauen und Kinder Opfer von Sexangriffen werden. Die Ahndung der Aggressionen werde dadurch erschwert, dass die meisten Taten nicht angezeigt würden. Nach einer Studie des spanischen Gleichstellungsinstituts gehen nur zehn Prozent der Opfer von sexueller Gewalt zur Polizei.

    Gesetz verfolgt verbale Sexattacken und verbietet Werbung für Prostitution

    Das neue Gesetz verfolgt übrigens auch verbale Sexattacken, die Frauen zuweilen auf der Straße oder am Arbeitsplatz in Form von anzüglichen Bemerkungen erleiden. Zudem wird Werbung für Prostitutionsangebote und pornografische Produkte verboten. Gleichzeitig will man die finanziellen Hilfen und die Beratungsangebote für die Opfer von Missbrauch ausbauen. Und schließlich soll die sexuelle Erziehung an den Schulen verbessert werden.

    Spanien, das jahrelang den Ruf hatte, ein erzkatholisches und konservatives Land zu sein, hat in den letzten Jahren einen großen Sprung nach vorne gemacht. In Sachen Kampf gegen Männer-Gewalt, Stärkung von Frauenrechten, Gleichstellung und bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gehört das Königreich heute zu den europäischen Vorreitern. Die katholische Kirche, die jahrzehntelang bei gesellschaftlichen Reformen bremste, verliert zunehmend an Einfluss.

    Erst vor kurzem hatte die Regierung des sozialistischen Premiers Pedro Sánchez ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Frauen mit starken Menstruationsschmerzen das ausdrückliche Recht einräumt, sich mehrere Tage krankschreiben zu lassen. Und zwar mit Lohnfortzahlung, die vom Staat übernommen wird.

    Spaniens Kabinett ist frauenfreundlichstes in ganz Europa

    Sánchez hat sich bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren zu einer „feministischen Politik“ verpflichtet. Sein Kabinett ist mit 14 Ministerinnen und neun Ministern das frauenfreundlichste in ganz Europa. Die meisten Schlüsselressorts, darunter Verteidigung, Außenpolitik, Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Justiz, sind weiblich besetzt. Sánchez stehen gleich drei Vize-Regierungschefinnen zur Seite.

    Von Spaniens feministischer Regierung sind wohl noch mehr Überraschungen zu erwarten. „Wir werden nicht stoppen“, verspricht Sánchez, „bis wir nicht eine Gesellschaft mit Gleichheit, Gerechtigkeit, Integration und ohne Macho-Gewalt haben.“

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