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Strand-Streik in Italien: Was bedeutet das für Urlauber?

Italien

Ärger im Urlaubsparadies: In Italien gibt es einen Streik am Strand

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    Eines von tausenden Strandbädern in Italien: Im August werden die Anlagen bestreikt.
    Eines von tausenden Strandbädern in Italien: Im August werden die Anlagen bestreikt. Foto: Sabine Dobel, dpa (Archivbild)

    Stell dir vor, du kommst an den Strand in Italien und kannst weder einen Sonnenschirm noch einen Liegestuhl mieten! Dieses bislang undenkbare Szenario wird erstmals am Freitag in einer Woche Wirklichkeit werden: Italiens Standbad-Betreiber sind aufgebracht, sie gehen in den Streik. Mit zwei Stunden Verspätung werden die Inhaber der „stabilimenti balneari“ am 9. August erst ihre Arbeit aufnehmen. Dann soll es gleichsam im Crescendo weitergehen. Auch am 19. August können an Italiens Küsten für vier Stunden erst einmal keine Sonnenschirme und Liegen ausgeliehen werden, am 29. August dann sogar sechs Stunden lang – so ist der Plan. Was ist da los am Lido?

    Aufgerufen zum Streik haben die beiden Verbände der Strandbad-Betreiber. Protestiert wird gegen die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die sich aus Wahl-Kalkül immer deutlich auf die Seite der Stabilimenti-Inhaber geschlagen hatte. Mit dieser Deutlichkeit ist es jetzt aber aus Sicht der Verbände vorbei. „Wir wissen nicht mehr weiter“, sagt Antonio Capacchione, Präsident der Strandbad-Betreiber. „Die Regierung muss uns zuhören!“ Und er wiederholt: Die „Schmerzensschreie, die von den italienischen Stränden heraufdringen“, müssten dringend gehört werden.

    Den Strandbad-Betreibern geht es eigentlich ausgesprochen gut

    Dabei geht es den mehr als 7000 Strandbad-Betreibern in Italien eigentlich ausgesprochen gut. Für einen Liegestuhl samt Sonnenschirm berechneten sie im vergangenen Sommer durchschnittlich 30 Euro am Tag. Ihre Anlagen sind oft seit Jahrzehnten in Familienbesitz. Angeboten werden dort auch Umkleidekabinen, Bar- und Restaurant-Service, manchmal sogar Parkplätze. Das Stranderlebnis soll komplett sein, kein Bedürfnis unbefriedigt bleiben. Dementsprechend teuer ist es. Die Anlagen-Betreiber jedenfalls machen ein Milliardengeschäft, haben für ihre Lizenzen aber kaum Ausgaben. Der italienische Staat streicht bislang lediglich rund 100 Millionen Euro ein, bei einem Umsatzvolumen der Strandanlagen von mehreren Milliarden Euro.

    Was dann den Ärger der Strandbad-Betreiber heraufbeschworen hat? Bereits seit 2006 liegt Italien mit der EU im Streit. Der sogenannten Bolkestein-Direktive zufolge müssen die Strandbad-Lizenzen europaweit ausgeschrieben werden. Bislang haben sich Italiens Regierungen erfolgreich gegen diesen Angriff auf ihre Pfründe gewehrt. Unter Ministerpräsident Mario Draghi wurde entschieden, alle bestehenden Konzessionen zu kündigen und an die Meistbietenden neu zu versteigern. Die Nachfolge-Regierung unter Giorgia Meloni ließ sogar Italiens Strände neu vermessen und kam zu dem Ergebnis, dass diese viel länger sind als bisher angenommen. Demzufolge seien Strände kein „knappes Gut“ und fielen nicht unter die EU-Richtlinie. Meloni ließ die Gültigkeit der bestehenden Konzessionen also bis Ende 2024 verlängern.

    Ausbaden müssen es die Strandbad-Besucher

    Inzwischen hat jedoch das oberste Verwaltungsgericht in Rom diese Verzögerungs-Pläne zunichtegemacht, weshalb die Anlagen-Betreiber sich schutzlos und von der Regierung im Stich gelassen fühlen: Die Lizenz-Verlängerungen seien unrechtmäßig, die Gemeinden müssten sich sofort auf europaweite Ausschreibungen vorbereiten. Auch der Trick mit der Neuvermessung sei unzulässig. Anfang 2025 sollen endlich die Lizenzen europaweit versteigert werden. Das ist, in Kürze, die Lage. Und den Strandbad-Betreibern passt sie nicht, 18 Jahre nachdem Brüssel erstmals auf die Liberalisierung der Branche gedrängt hatte. Ausbaden müssen es die Strandbad-Besucher: An jenen drei Tagen im August werden sie Sonnenschirm und Liege wohl selbst mitzubringen haben.

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