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Italien: Was wir über das Seilbahn-Unglück am Lago Maggiore wissen

Italien

Was wir über das Seilbahn-Unglück am Lago Maggiore wissen

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    Bei diesem Seilbahnunglück in Norditalien starben 14 Menschen. Nur Eitan überlebte.
    Bei diesem Seilbahnunglück in Norditalien starben 14 Menschen. Nur Eitan überlebte. Foto: Soccorso Alpino e Speleologico Piemontese, AP/dpa

    Das Video der Überwachungskamera zeigt erst ein Idyll und dann das Grauen. Die Gondel Nummer drei der Seilbahn am Monte Mottarone in Norditalien fährt in der Bergstation ein. Man kann die entspannten Gesichter einiger der 15 Fahrgäste erkennen. Unten liegen der Lago Maggiore und die grün strahlenden Frühlingswälder. Plötzlich schießt die

    Um elf Uhr morgens soll ein Gottesdienst in Stresa stattfinden, dort befindet sich die Talstation der einst beliebten Seilbahn. Anschließend werden die Trauergäste in einer Prozession den Berg hinauf zur Unglücksstelle fahren und dort einen Gedenkstein mit den Namen der 14 Todesopfer einweihen. Im letzten Jahr war die Unglücksstelle bereits zu einem kleinen Wallfahrtsort geworden. Touristen, Urlauberinnen und Schaulustige warfen neugierige Blicke, Einheimische und Angehörige der Opfer legten Rosenkränze, Fotos und andere Erinnerungsgegenstände nieder. Erst im November wurde die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Kabine abtransportiert.

    Die Ermittlungen zum Seilbahn-Unglück kommen voran

    Nun, ein Jahr später, nimmt auch die juristische Aufarbeitung der Tragödie mehr Gestalt an. Staatsanwältin Olimpia Bossi aus Verbania ermittelt gegen zwölf Personen. Ende Juni sollen Gutachter ihre Berichte vorlegen, zwei Wochen später kann dann das Beweisverfahren abgeschlossen und die Hauptverhandlung angesetzt werden. Zuletzt konzentrierten sich die Untersuchungen der Fachleute auf die Ursachen für den Riss des Zugseils. Der Corriere della Sera zitierte vor Tagen eine anonyme Quelle, die behauptete, dass das Seil innerlich korrodiert und deshalb gerissen sei. „Über die Ursachen, warum das Seil gerissen ist, haben wir nun ein klares Bild“, sagte Professor Antonello De Luca, einer der Gutachter.

    Sollte das zutreffen, müssen die Ermittler sich insbesondere mit der Frage beschäftigen, wie es zur Korrosion kommen konnte. Nach Angaben italienischer Medien war die Südtiroler Firma Leitner für die Wartung zuständig. „Nur eine regelmäßige Wartung hätte den Riss verhindern können“, schreibt der Corriere. Allerdings soll zuletzt im Jahr 2016 eine entsprechende Wartung vorgenommen worden sein, der nächste Termin war für November angesetzt, sechs Monate nach dem Absturz der Gondel. Bereits kurz nach dem Unfall hatte sich herausgestellt, dass der Notbremsmechanismus der Gondel am Tragseil deaktiviert worden war. Deshalb sauste die Gondel zu Tal und schlug auf dem Boden auf.

    Die abgestürzte Gondel lag lange mit einer Plane verdeckt neben einem Waldstück. Im November erst wurde sie abtransportiert.
    Die abgestürzte Gondel lag lange mit einer Plane verdeckt neben einem Waldstück. Im November erst wurde sie abtransportiert. Foto: Piero Cruciatti, dpa

    Drei Beschuldigte müssen sich wegen der Deaktivierung der Notbremse verantworten. Sie sind wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung sowie schwerer Körperverletzung angeklagt. Gabriele T., der Betriebschef der Seilbahn, hatte zugegeben, den Notbremsmechanismus abgeschaltet zu haben. Grund dafür waren mehrfache Betriebsstörungen, die offenbar durch das Notbremssystem ausgelöst worden waren. Laut Staatsanwaltschaft wollten die Seilbahn-Betreiber nach den wirtschaftlich schwierigen Monaten der Pandemie keine weiteren Betriebsausfälle für eine Reparatur in Kauf nehmen.

    14 Menschen verloren bei Seilbahn-Unglück am Lago Maggiore ihr Leben

    „Um die Ineffizienz der Seilbahn zu vermeiden, war ein radikaler Eingriff mit einer langen Unterbrechung erforderlich, die schwerwiegende wirtschaftliche Folgen gehabt hätte“, sagte Staatsanwältin Olimpia Bossi. Die Verantwortlichen seien überzeugt gewesen, dass das Zugseil niemals reißen würde. Seilbahn-Betreiber Luigi N. sowie der Sicherheitschef Enrico P. sollen die Deaktivierung der Notbremse durch T. gebilligt haben. Beide sind ebenfalls angeklagt.

    Eitans Großvater kämpfte darum, dass der Junge in Israel bleibt.
    Eitans Großvater kämpfte darum, dass der Junge in Israel bleibt. Foto: Ariel Schalit, dpa

    14 Menschen verloren durch diese Ereignisfolge ihr Leben. Nur der heute sechs Jahre alte Eitan überlebte. Seine Eltern, sein Bruder sowie seine Urgroßeltern waren ebenfalls in der Gondel und kamen ums Leben. Um Eitan brach anschließend ein Sorgerechtsstreit zwischen seiner Tante väterlicherseits und den Großeltern mütterlicherseits aus. Die Tante Aya Biran-Nirko hatte das Sorgerecht zugesprochen bekommen. Eitans israelischer Großvater entführte das Kind im September nach Israel. Schließlich entschied das höchste israelische Gericht, Eitan müsse zurück nach Italien gebracht werden. Dort verfügte ein Mailänder Jugendgericht, dass der Junge zwar weiter bei seiner Tante in Pavia leben sollte, setzte aber einen unabhängigen Vormund ein.

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