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Italien: Der "Fleximan" sägte monatelang Radarfallen ab – ist er nun gefasst?

Italien

Der "Fleximan" sägte monatelang Radarfallen ab – ist er nun gefasst?

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    Eine zerstörte Radarfalle in Italien. Der Hass auf sie ist in Italien groß.
    Eine zerstörte Radarfalle in Italien. Der Hass auf sie ist in Italien groß. Foto: Gemeindeverwaltung Buccinasco, dpa

    "Fleximan", so wird in Italien der bislang Unbekannte genannt, der in der Region Venetien systematisch Radarfallen absägte. Mit der Flex, daher der Name. Monatelang tappten die Ermittler im Dunklen, bis sie nun einen Verdächtigen fanden. Es handelt sich um Enrico M., einen 42 Jahre alten Instandhaltungstechniker einer Firma für Gasanlagen und früheren Lokalpolitiker der rechtsextremen Partei Forza Nuova. 

    M. jedenfalls scheut das Licht der Öffentlichkeit nicht. Kürzlich gab er der Zeitung Libero ein Interview, mit vollem Namen. Ja, gegen ihn werde ermittelt. Die Carabinieri hätten sein Smartphone sowie zwei Tablets beschlagnahmt. Ein Geständnis habe er aber nicht abgelegt. Gefragt, was er von Radarfallen hält, antwortete der Verdächtige: "In den meisten Fällen handelt es sich um Anlagen, die einzig und allein dazu dienen, Kasse zu machen und nicht der Sicherheit dienen."

    In den sozialen Netzwerken gab es Applaus für den oder die unbekannten Täter

    Diesen Satz würden in Norditalien viele Leute unterschreiben. Radarfallen sind in Italien zum Symbol eines, so denkt man, Staates geworden, der seine Bürgerinnen und Bürger abzockt. Als in den vergangenen Monaten insgesamt 16 Blitzer in der Region Venetien abgesägt worden waren, gab es vor allem in den sozialen Netzwerken erheblichen Applaus für den oder die unbekannten Täter.

    User schwärmten von einer Art modernem Robin Hood, von einem Superhelden, der nachts mit der Flex die von Radarfallen unterdrückte Autofahrergemeinde in Norditalien räche. In Padua schuf ein Künstler ein Flexiwoman-Wandbild mit einer Justizia im gelben Anzug, die in ihrer rechten Hand ein Schwert und in der linken eine abgesägte Radarfalle hält. In ganz Italien gibt es insgesamt 11.130 Radarfallen, drei Viertel davon im Norden des Landes. In Deutschland dagegen zählt man beispielsweise nur 4700 feste Blitzer.

    Fleximans Akte der Selbstjustiz gingen durch die Presse. Die Polizei ermittelte und will auf Videoaufnahmen den 42-Jährigen aus Este erkannt haben. Die Ermittlungen ergaben, dass M. nicht bloß eine Radarfalle am 3. Januar in der Provinz Rovigo abgesägt haben soll, sondern wahrscheinlich auch vier weitere Anlagen beschädigte. In mindestens einem Fall sollen ihm zwei Komplizen geholfen haben, deren Identität bislang nicht feststeht. Weil nach Bekanntwerden seines Namens etliche Journalisten vor M.s Wohnung lauerten, zog der Verdächtige vorübergehend in eine Pension um.

    Die Carabinieri sind sich sicher, dass sie den richtigen Täter gefunden haben

    Im Interview mit Libero berichtete er davon, wie sich sein Leben seit Bekanntwerden der Ermittlungen gegen ihn verändert habe. "Viele Menschen erkennen mich in Bars und auf der Straße, sie fotografieren mich und bitten mich um ein Selfie." Er sei sogar für Auftritte in TV-Sendungen und Radio-Interviews angefragt worden. "Sie jagen mich, um mich zu interviewen." Seine Rechtsanwältin sagte, Fans hätten eine Spendensammlung für M. initiiert, um seine Anwaltskosten zu tragen.

    M., der von seiner Zeit bei der Freiwilligen Feuerwehr schwärmte, hat dabei nicht allein eine rechtsradikale Vergangenheit. Er verbreitete in sozialen Netzwerken auch die Verschwörungstheorien eines "Nationalen Rettungsverbandes", denen zufolge die politische Klasse eine "neue Weltordnung" anstrebe – zuungunsten der "einfachen Leute". Die verhassten Radarfallen scheinen offenbar Ausdruck dieser Vorstellungen zu sein. Am ersten Januar schrieb M. auf Facebook: "Möge es ein explosives 2024 werden. Wenn es Rosen sind, werden sie blühen. Wenn es Radarfallen sind, werden sie fallen." Zwei Tage später wurde bei Rovigo eine abgesägte Radarfalle gefunden. Die Carabinieri sind sich sicher, dass der Täter Enrico M. ist.

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