Maurizio Fugatti ist Landeshauptmann der Provinz Trento. Der Politiker der rechtsnationalen Lega ist mit einem Thema befasst, dass die Geister im Trentino spaltet wie kaum ein anderes. Bis zu 120 Braunbären sind im Naturpark Adamello-Brenta nördlich des Gardasees unterwegs. Immer wieder kommt es zu gefährlichen Begegnungen zwischen jenen wilden Tieren mit Menschen. Fugatti, ein Mann der eher harten Manieren, hat nun schon seinen dritten Abschussbefehl gegen einen Braunbären im Trentino erteilt. Zum dritten Mal haben ihn die Gerichte gestoppt.
Erst vergangene Woche unterzeichnete der Lega-Politiker die Anordnung zur Tötung einer Braunbärin, die im Sommer zweimal auf gefährliche Weise mit Menschen in Kontakt gekommen war. Ihr Name ist F36. Am 30. Juli wurde die Bärin in Begleitung eines Jungtieres von zwei Jägern überrascht. Einer der beiden Männer soll vor dem Tier auf einen Tannenbaum geflohen sein, dort aber von der Bärin eingeholt und heruntergeworfen worden sein. Vom Sturz trug der Mann eine Brustverletzung davon, die Bärin ließ von ihm ab. Der zweite Mann konnte unverletzt entkommen.
Die Bärenjagd im Trento erinnert an Braunbär Brunos Schwester
Aktiv wurde Fugatti wenige Tage später, nachdem dieselbe Bärin sich zwei Wanderern gegenüber aggressiv benommen, diese aber nicht angegriffen hatte. Die meisten Bären im Trentino sind registriert, manche von ihnen durch GPS-Chips lokalisierbar, ihre Identität wird durch DNA-Proben festgestellt. Der Provinzhauptmann unterzeichnete die Anordnung zum Abschuss. Tierschützerinnen und Tierschützer, die in Fugatti den "wahren Schuldigen" der Probleme mit den Bären im Trentino sehen, gingen vor Gericht. Am Montag hob das Verwaltungsgericht Trento den Abschussbefehl auf. F36 solle gefangen und in ein Gehege bei Trento gebracht werden.
Die Dynamik erinnert an die Fälle der Bärin JJ4, Schwester des 2006 bei Bayrischzell getöteten Problembären Bruno (JJ1) und eines Tieres namens MJ5. JJ4 wird verantwortlich gemacht, Anfang April den Jogger Andrea Papi in der Nähe der Ortschaft Caldes tödlich verletzt zu haben. Einen Abschussbefehl Fugattis hob das Verwaltungsgericht Trento auf, die Berufungsinstanz bestätigte das Urteil. Der Fall sorgte über die Grenzen des Trentino hinaus für großes Aufsehen, da erstmals in jüngerer Zeit ein Mensch in Italien von einem Braunbären getötet worden war. Auch für den 18 Jahre alten männlichen Bären MJ5, der im März im Rabbi-Tal einen Wanderer angegriffen hatte, erließ Fugatti einen Abschussbefehl, den das Verwaltungsgericht aufhob.
Während JJ4 gefangen wurde und im Casteller Gehege bei Trento auf ihre Umsiedlung in ein Bärengehege in Rumänien wartet, ist MJ5 weiterhin in freier Wildbahn unterwegs. Vor allem seit dem Tod des Joggers im April verzichten viele Bewohner der Berggegend westlich von Trento auf ihre Waldspaziergänge. Fugatti hat mit seiner kompromisslosen Art auch zahlreiche Bürgermeister der Gegend auf seiner Seite, die um die Sicherheit der Bevölkerung und den abschreckenden Effekt auf den Tourismus fürchten. Tierschützer halten die Tiere grundsätzlich für nicht gefährlich, sie würden nur aggressiv, wenn sie sich oder ihre Jungtiere bedroht fühlten.
Ein Italiener erschoss Bärin Amarena in seinem Garten
Das Verwaltungsgericht Trento verwies in seinem Urteil vom Montag jedoch auf die "unkontrollierte Überpopulation von Bären in der Provinz", auf "ernste soziale Spannungen" infolge der Bärenproblematik und kritisierte die "Nachlässigkeit der Behörden in der Vergangenheit". Im Rahmen eines Projekts zur Wiederansiedelung wurden im Adamello-Brenta-Park um die Jahrtausendwende zehn Braunbären angesiedelt, die sich wesentlich stärker als geplant vermehrten. Kalkuliert wurde mit heute rund 50 Exemplaren, tatsächlich sind es mehr als doppelt so viele.
Auch in der zweiten italienischen Region mit Braunbären, den Abruzzen, scheiden sich die Geister am Umgang mit den Tieren, von denen sich einige häufiger bis in die Dörfer vorwagen. Ende August erschoss ein 56-Jähriger in San Benedetto dei Marsi die Bärin Amarena, weil sie in seinen Garten vorgedrungen war. Sie war mit zwei Jungtieren unterwegs. Der Mann, gegen den ermittelt wird und der erklärte, seine Tat zu bereuen, erhielt Morddrohungen. Am Sonntag demonstrierten 2000 Menschen auf einer Solidaritätsdemonstration für die Bärin in Pescina und forderten "Gerechtigkeit für Amarena".