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Italien: Albtraum an Silvester: Übergriffe in Mailand erinnern an Vorfälle von Köln

Italien

Albtraum an Silvester: Übergriffe in Mailand erinnern an Vorfälle von Köln

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    Auf dem Mailänder Domplatz soll es in der Silvesternacht zu sexuellen Übergriffen, unter anderem auf deutsche Frauen, gekommen sein. Die Polizei ermittelt gegen 18 Verdächtige.
    Auf dem Mailänder Domplatz soll es in der Silvesternacht zu sexuellen Übergriffen, unter anderem auf deutsche Frauen, gekommen sein. Die Polizei ermittelt gegen 18 Verdächtige. Foto: Ervin Shulku, dpa

    Es sollte ein kurzweiliger Silvesterabend in Mailand werden. Stattdessen geriet die Fahrt zum Albtraum. Zwei Studentinnen aus Deutschland wurden am 31. Dezember Opfer sexueller Übergriffe auf dem Domplatz von Mailand. Sie sind nicht die einzigen. Mindestens sieben weitere Frauen sollen in der Silvesternacht in der italienischen Metropole von einem Mob junger Männer bedrängt, beraubt und sexuell genötigt worden sein. „Ich kann immer noch nicht schlafen“, sagte eine der 20 Jahre alten Studentinnen aus Mannheim dem Corriere della Sera Tage nach den Vorfällen. „Ich wache mitten in der Nacht zitternd auf.“

    Sexuelle Übergriffe auf Domplatz von Mailand erinnern an Vorfälle in Köln

    Junge Frauen, die bedrängt, beklaut und sexuell misshandelt werden. Die Szenen erinnern an die Silvesternacht in Köln zwischen den Jahren 2015 und 2016. Hunderte Frauen wurden damals von in Gruppen organisierten jungen Männern bedrängt und begrapscht. Es gab 1210 Anzeigen, 36 Täter wurden verurteilt. Sechs Angeklagte wurden wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Die längste Haftstrafe betrug ein Jahr und zehn Monate wegen räuberischen Diebstahls. Zu ähnlichen Vorfällen war es auch in anderen Städten gekommen.

    Nun haben sich derartige Szenen in Italien abgespielt. Die Polizei steht noch am Anfang ihrer Ermittlungen. Am Dienstag durchsuchten Beamte Wohnungen in Mailand und Turin. 18 Tatverdächtige im Alter von 15 bis 21 Jahren wurden durch Zeugenaussagen und Videomitschnitte identifiziert, drei von ihnen sind minderjährig. Fünf der jungen Männer sind laut Polizeiangaben italienische Staatsbürger, fünf sind Italiener mit Migrationshintergrund und acht haben andere Nationalitäten. Auf Videos aus der Tatnacht sind italienische und arabische Wörter zu hören.

    Studentinnen in Mailand bedrängt - in Deutschland erstatten sie Anzeige

    Aus den Filmen wird auch ersichtlich, in welcher Lage sich die jungen Frauen befanden. In einem von der Polizei ausgewerteten Video ist zu sehen, wie die zwei Studentinnen aus Deutschland von einer Gruppe junger Männer gegen eine Absperrung gedrängt wird. Eine der beiden versucht einen Angreifer vergeblich wegzustoßen. Die Studentinnen wirken verzweifelt. Ihre Schreie gehen im Lärm der Böller und Menschen auf dem Domplatz unter. „Ich habe einen ins Gesicht geschlagen, aber er lachte nur“, berichtete eine der beiden. „Wir wollten weglaufen, aber da waren zuviele Männer, wir konnten nicht.“ Sie seien am Po, im Schritt sowie unter dem Kleid an den Brüsten angefasst worden.

    Sexuelle Übergriffe: Wie kann ich mich schützen?

    Schnell die Polizei informieren (110 wählen), dabei als erstes möglichst genau den Tatort melden.

    Nicht allein handeln, sondern Verbündete schaffen.

    Gezielt andere Leute ansprechen, zum Beispiel: „Sie im grauen Mantel, bitte helfen Sie mir!“

    Distanz zu den Tätern halten, so dass man nicht angegriffen werden kann.

    Den Täter siezen, damit anderen klar ist, dass man ihn nicht kennt.

    Klare Ansage an den oder die Täter, zum Beispiel: „Hören Sie auf! Wir haben die Polizei informiert.“

    Nicht provozieren.

    Wenn der Täter sich nähert: Klare Körpersprache, zum Beispiel Arm ausstrecken, „Stopp!“ rufen. Wenn das nicht funktioniert: beschwichtigen.

    Wenn der Täter einen bedroht, einen Schritt zu Seite gehen (dann kann man besser weglaufen), versuchen, den Täter zu verwirren, z. B. hüpfen und etwas Bizarres rufen wie „Wo kommen die weißen Mäuse her?“

    Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland erstatteten die beiden Anzeige bei der deutschen Polizei. Dort schilderten die Studentinnen den Hergang. Der Angriff habe etwa zehn Minuten gedauert, zwischen 30 und 50 Männer hätten sie bedrängt. „Ich wurde auf den Boden gedrückt“, berichtete eine der Studentinnen. „Die haben meinen Rock hochgeschoben und versucht, mit ihren Fingern in uns einzudringen. Wir dachten, dass wir vergewaltigt oder totgetrampelt werden.“ Unter ihren Kleidern trugen die Frauen lange Radlerhosen, das sei ihre Rettung gewesen. Später sei ihnen die Flucht in Richtung Polizei geglückt, die am Domplatz Wache stand, aber nichts unternommen hätte.

    Sexuelle Übergriffe an Silvester gab es an mindestens drei Tatorten in Mailand

    Ein weiteres Video zeigt eine 19-jährige Italienerin, die anscheinend ebenfalls misshandelt wurde. Die Studentin ging nach Mitternacht in der Nähe des Domplatzes, als eine Gruppe von etwa 30 jungen Männern sich ihr in den Weg stellte. Auf dem Video ist zu sehen, wie die junge Frau förmlich in der Gruppe untergeht. „Ich dachte, sie wollten mich ausrauben“, berichtete die Frau später. Ihr sei die Handtasche entrissen und sie sei sexuell genötigt worden. Als sie um Hilfe schrie, näherten sich zwei andere Frauen, die dann ihrerseits Opfer der Gruppe wurden. „Sie haben die Mädchen benutzt wie Stoffpuppen und sich abgewechselt“, zitiert der Corriere della Sera einen Ermittler. „Einer hielt das Mädchen, ein anderer missbrauchte sie, dann wechselten sie sich ab.“

    Bislang ist auch ein dritter Vorfall bekannt. Eine weitere junge Frau wurde von einer Gruppe in der Nähe der Galleria Vittorio Emanuele II. bedrängt. Die Männer stahlen ihr Handy und nötigten sie sexuell. Drei zu Hilfe geeilte Frauen wurden dann ebenfalls Opfer sexueller Übergriffe. Wie koordiniert die Männer vorgingen, ist derzeit Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen. Offenbar kannten sich einige der mutmaßlichen Täter, die aus Mailand und Turin stammen, zum Tatzeitpunkt nicht. Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala verurteilte die Vorfälle. „Ich entschuldige mich im Namen der Stadt“, sagte er. Es handelte sich um „schwerwiegende Taten“. Sala kündigte an, die Stadt werde sich in einem Strafprozess als Zivilklägerin beteiligen.

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