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Ist ein Ausbruch aus dem Gefängnis strafbar? Erklärung & Definition im Grundgesetz

Strafrecht

Nach Flucht in Regensburg: Ist ein Gefängnisausbruch strafbar?

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    Es kommt immer wieder vor, dass einem Gefängnisinsassen die Flucht gelingt.
    Es kommt immer wieder vor, dass einem Gefängnisinsassen die Flucht gelingt. Foto: Daniel Naupold, dpa (Archivbild)

    Es war ein brisanter Fall, der sich Anfang des Jahres 2023 in Bayern ereignete. Rachid Chouakri, ein verurteilter Mörder, floh bei einem Termin im Regensburger Amtsgericht. Erst einige Tage später konnte der 40 Jahre alte Mann in Frankreich gefasst werden. Es handelt sich dabei keineswegs um einen Einzelfall. Immer wieder finden Straftäter, die eigentlich eine Strafe in einer Justizvollzugsanstalt absitzen müssten, den Weg in die Freiheit. Es stellen sich die Fragen: Ist der Ausbruch aus dem Gefängnis strafbar? Und ist die Flucht aus der Haft strafbar? 

    Ist ein Gefängnisausbruch strafbar? Erklärung und Artikel im Grundgesetz

    Wer aus dem Gefängnis ausbricht, macht sich grundsätzlich nicht strafbar. Das mag für viele überraschend sein, hat allerdings einen guten Grund, der gesetzlich verankert ist. "Die Frei­heit der Person ist unverletz­lich." So lautet Artikel 2 im Grundgesetz. Der Artikel ist dem Drang nach Freiheit geschuldet, der jedem Menschen zugeschrieben wird. 

    Dieser natürliche Drang nach Freiheit wird in Deutschland schon seit dem 19. Jahrhundert vom Gesetzgeber respektiert. Ein Häftling begeht also keine erneute Straftat, wenn er aus einer Justizvollzugsanstalt flieht. Auch eine Flucht aus der Haft unter anderen Umständen, wie das Entfernen bei einem Freigang, ist nicht strafbar. Es gibt allerdings mehrere Gegebenheiten, durch welche eine Flucht aus dem Gefängnis doch strafrechtlich belangt werden kann. 

    Flucht aus dem Gefängnis: Strafbare Begleittaten können einen Gefängnisausbruch indirekt strafbar machen

    Die Flucht aus dem Gefängnis ist in der Regel alles andere als einfach. Daher gelang es bislang nur wenigen Insassen, eine Flucht ganz ohne kriminelle Energie durchzuführen. Die Regel ist hingegen, dass es bei einem Gefängnisausbruch zu strafbaren Handlungen durch den Flüchtigen kommt. Die Rede ist dann im juristischen Sinne von strafbaren Begleittaten. Also Straftaten, welche der Flüchtende bei seinem eigentlichen Ziel, der Flucht, begeht. 

    Ein Beispiel für eine strafbare Begleittat wäre eine Körperverletzung, welche ein Straftäter bei dem Weg in die Freiheit begeht. Es gibt auch noch andere Beispiele für klassische strafbare Begleittaten rund um eine Flucht aus dem Gefängnis: 

    • Diebstahl (§ 242 StGB)
    • Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
    • Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB)
    • schwere Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB)
    • Bestechung (§ 334 StGB)
    • Bedrohung (§ 239 StGB)
    • Geiselnahme (§ 239b StGB)

    Ist die Fluchthilfe bei einem Gefängnisausbruch strafbar?

    Da die Flucht aus dem Gefängnis nicht strafbar ist, könnte man annehmen, dass auch die Fluchthilfe für Dritte ohne Folgen bleibt. Das ist aber nicht der Fall. Der Gesetzgeber will lediglich den Freiheitsdrang einer Person nicht unter Strafe stellen. Für die Hilfe bei der Flucht wurde der Straftatbestand der Gefangenenbefreiung (§ 120 StGB) geschaffen. 

    Dieser besagt, dass die Hilfe bei einer Flucht aus der Haft mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden kann. Auch eine Geldstrafe ist möglich. Diese Regelungen gelten auch für das Verleiten zu einer Flucht. Der Straftatbestand kann in unterschiedlichen Konstellationen angewendet werden: 

    • bei der Hilfe zu einer Flucht eines Strafgefangenen
    • bei der Hilfe zu einer Flucht eines Untersuchungsgefangenen
    • bei der Hilfe zu einer Flucht eines vorläufig Festgenommenen

    Ist eine Gefangenenmeuterei strafbar?

    Es ist immer wieder vorgekommen, dass Straftäter im Zuge einer Gefangenenmeuterei (§ 121 StGB) den Weg in die Freiheit gefunden haben. Der Ausbruch aus dem Gefängnis ist grundsätzlich auch in diesem Fall straffrei. Allerdings muss für eine Meuterei mindestens eine strafbare Begleittat vorliegen, damit diese überhaupt vorliegt. Zumeist liegt entweder eine Nötigung, eine Tätlichkeit oder eine Sachbeschädigung vor. Eine Gefangenenmeuterei ist damit strafbar. 

    Muss der aus Regensburg geflüchtete Mörder strafrechtliche Konsequenzen fürchten?

    Der verurteilte Mörder Rachid Chouakri muss nach seiner Flucht aus dem Regensburger Amtsgericht wohl keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten. Die Flucht an sich ist definitiv straffrei, wie es das Grundgesetz vorsieht. Eine strafbare Begleittat hat der Straftäter wohl auch nicht begangen. Er sprang während einer Besprechung mit seinem Anwalt aus einem Fenster des Amtsgerichts. Er beging keine Körperverletzung, keine Sachbeschädigung und auch keine anderen Straftaten. 

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