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Foto: Hans Klaus Techt, APA/dpa
Foto: Hans Klaus Techt, APA/dpa

Immer wieder für einen Aufreger gut: Volksmusiker Andreas Gabalier. Jetzt bringt der Österreicher ein neues Album auf den Markt.

Interview
12.06.2022

Volksmusiker Andreas Gabalier: "Ich habe mich da manchmal reingesteigert"

Von Josef Karg

Sänger Andreas Gabalier veröffentlicht ein neues Album und geht auf Tournee. Ein Gespräch über Ängste, umstrittene Äußerungen und hartnäckige Liebesgerüchte.

Sie steigen mit der neuen Single „Ein neuer Anfang“ und dem gleichnamigen Album nach dem Corona-Lockdown wieder ein. Bezieht sich das Motto nur auf Sie oder ist das weiter gefasst?

Andreas Gabalier: Ja, natürlich ist das Album auch eine Aufarbeitung der Pandemiezeit. Das erste Lied „Ein neuer Wind“ habe ich schon vor gut zwei Jahren geschrieben. Da geht es um den Lockdown und das Leben drumherum. Was die eine oder andere Zeile betrifft, würde ich sie heute nach zweieinhalb Jahren anders verfassen. Denn zum Schluss hieß es beispielsweise, ein gespaltenes Land findet zur Mitte zurück und hält wieder zusammen. Das ist leider anders gekommen.

In Ihrer Single heißt es: „Alles geht auf Anfang, i frog mi, wo i bin. Die Zeit ist nie verschwendet auf der Suche nach dem Sinn.“ Haben Sie ihn schon gefunden oder suchen Sie noch?

Gabalier: Ich glaube, ich habe den Sinn schon lange gefunden. Es geht im Leben darum, in der Gegenwart eine gute Zeit zu haben. Denn es ist alles schneller vergänglich, als man glaubt. Und es macht oft keinen Sinn, der Vergangenheit nachzutrauern. Es ist zwar total schön, sich auch an Positives aus der Vergangenheit zu erinnern und daraus Kraft zu ziehen. Am besten aber ist es, im Hier und Jetzt zu leben, und diese Zeit versuchen, so gut es geht zu genießen. Wir sorgen uns so oft um die Zukunft und versuchen alles abzufedern und zu versichern. Ich glaube, es kommt oft anders, als man denkt. Viele Ängste treten gar nicht ein.

Auf dem neuen Album nehmen Sie Anleihen bei vielen Genres. Sie lassen sich ungern auf einen Stil festlegen, oder?

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Gabalier: Nein. Ein Drittel des Albums sollte der alte, ursprüngliche Gabalier sein. Denn viele Leute in meinem Umfeld vermissten genau das. Das sind Lieder wie „I find koa Ruh’“ oder „Mariandl“, die mich an meine Anfangszeit erinnern. Auf der anderen Seite darf auch die Fröhlichkeit nicht fehlen wie beim „Ram Sam Song“, der einfach nach vorne abgeht. So ist es tatsächlich eine kunterbunte Mischung mit einer Farbvielfalt wie noch nie.

Sie gehen wieder auf Tournee. Wie läuft der Vorverkauf? Viele Künstler melden, dass weniger Besucher in Konzerte oder auch in Lesungen kommen? Geht das noch, große Stadien füllen?

Gabalier: Ich höre auch von vielen Kollegen, die teilweise sogar Tourneen absagen mussten. Ich glaube, die Corona-Zeit ist noch nicht ganz überstanden. Viele halten noch Abstand und trauen sich nicht in Konzerte. Ich darf mich selbst aber nicht beklagen. Wir haben für das Konzert in München inzwischen fast 100.000 Karten verkauft.

Tatsächlich?

Gabalier: Ja, wir sind auf die Messe München gegangen, um das Fantreffen noch größer gestalten zu können. Ich bin jedoch mit manch anderen Konzerten mit Bedacht umgegangen. Ich habe das Glück, einen treuen Fankreis zu haben.

Wie haben Sie persönlich die Pandemie überstanden?

Gabalier: Ich bin dreimal geimpft und hatte bisher kein Corona. Woran das liegt, weiß ich allerdings nicht. Aber das muss nichts heißen, vielleicht kriege ich es ja noch…

Waren das für einen Freiheitssänger wie Sie eher belastende Monate?

Gabalier: Nein, ich habe die Pandemiezeit anfangs sogar genossen, weil ich zuvor als Volks-Rock’n’Roller zehn Jahre permanent unterwegs war. Ich habe zwei schöne Plätze in den Bergen und am See, wo ich mit der größten Freude Hausmeister gespielt, Rasen gemäht und Hecken geschnitten habe. Ich habe liebevoll Sonnenplatzbänke geschaffen, neue Bäume gepflanzt und so weiter. Ich hatte auch wieder Zeit für die Brüder, meinen alten Freundeskreis und die Nachbarschaft. Das hat mir gut getan. Ich konnte in Ruhe texten und Demos aufnehmen, ohne schon im Kopf zu haben, am nächsten Tag wieder irgendwohin zu müssen. Allerdings ist es jetzt schon an der Zeit, dass es wieder weitergeht.

Sie sind kein Dauerchiller?

Gabalier: Ich bin eher ein arbeitsfroher Mensch, spüre einen großen Antrieb in mir. Ich muss etwas tun! Ich bin froh, wieder unterwegs sein zu können.

Sie waren in der Vergangenheit bisweilen im Fadenkreuz der Kritiker. Diese warfen Ihnen beispielsweise immer wieder mal Homophobie vor. Wollen Sie dieses Thema im neuen Song „Liebeleben“ klarstellen?

Gabalier: Das ist mir ein Riesenanliegen. Es bedrückt mich seit Jahren. Dieses Thema ist ja auch nur so groß geworden, weil ich solche Massen erreicht habe. Als kleiner Musikant, der in einem Jazzkeller spielt und das erzählt hätte, wäre man nie auf solche Interpretationen gekommen. Das waren ja Fetzen, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Und plötzlich geben alle ihren Senf dazu. Das hat mir weh getan. Mir ist es wirklich egal, wer wen liebt. Und das wollte ich mit diesem Song tatsächlich klarstellen.

Kollege Xavier Naidoo, mit dem Sie ja den Song „Eine Meinung haben“ aufgenommen haben, hat sich von seinen heftig umstrittenen politischen Meinungen vorsichtig distanziert. Was sagen Sie dazu?

Gabalier: Ich habe mit ihm bei der Sendung „Sing meinen Song“ eine schöne Zeit in Südafrika gehabt. Ich weiß auch nicht, was ihn zu manchen Äußerungen bewegt hat. Mir tut es leid für ihn, weil er die Nummer-1-Soulstimme in Deutschland war. Ich habe an seine Songs so viele Erinnerungen – die ersten Freundinnen, Lieder, die ich damals noch vom Radio auf Kassetten aufgenommen habe. Ich hoffe, dass sich das alles bereinigt und dass er die Kurve wieder kriegt. Man weiß oft nicht, wie es zu so etwas kommt. Und nicht jeder ist aus dem gleichen Holz geschnitzt. Mir wird heute generell zu schnell verurteilt. So wird das Miteinanderauskommen in Zukunft nicht leichter. Auch Medien stürzen sich gerne auf das Negative. Man sieht es an der Ukraine, dass der Frieden, in dem wir noch leben dürfen, nicht selbstverständlich ist.

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Foto: Jörg Carstensen, dpa
Foto: Jörg Carstensen, dpa

Und plötzlich landete ein Schmatzer von Kollegin Beatrice Egli auf der Wange von Andreas Gabalier. Ist da was?

Es gab ja auch bei Ihnen schon, sagen wir mal, einige Aufreger.

Gabalier: Natürlich, teils auch inszenierte. Und ich habe mich da auch manchmal reingesteigert und das Thema aufgegriffen. Aber im Grunde ist mir all das kein Anliegen. Meine Musik soll für Bodenständigkeit stehen, für gute Laune und etwas Abstand aus dem Alltag.

Sie sind 37, ein gutes Heiratsalter, wie man in Bayern sagt. Aber Sie sind seit der Trennung von Ihrer letzten Freundin vor zweieinhalb Jahren Single.

Gabalier: Das stimmt. Ich genieße mein Single-Dasein. Hoffentlich gewöhne ich mich nicht noch mehr daran.

Und wie ist das mit der Kollegin Beatrice Egli? Boulevardmedien schreiben schon von einem neuen Traumpaar.

Gabalier: Das ist vollkommener Blödsinn! Tatsache ist, sie hat mich gebeten, dass ich in ihre Fernsehsendung kommen soll, weil sie drei Corona-Ausfälle hatte. Sie hat mich angerufen, weil sie noch einen großen Namen brauchte. Ich hatte eigentlich gar keine Zeit, weil ich anderweitig verpflichtet war, aber sie hat mir leidgetan, sodass ich ihr den Gefallen getan habe. Darüber hat sie sich so gefreut, dass sie auf die Bühne gekommen ist und mir einen Schmatzer auf die Wange drückte. Ich kenne sie zwar schon recht lange, aber gar nicht so gut. Und das ist auch alles.

Zur Person: Andreas Gabalier, 37, selbst erklärter „Volks-Rock-’n’-Roller“, stammt aus Friesach in Kärnten. Er hat bislang mehr als zwei Millionen Tonträger verkauft. Gabalier verlor sowohl seinen Vater als auch seine jüngere Schwester durch Suizid.

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