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Interview: Schauspielerin Tanja Wedhorn: "Ich habe im Leben ein Scheißglück"

Interview

Schauspielerin Tanja Wedhorn: "Ich habe im Leben ein Scheißglück"

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    Tanja Wedhorn spielt in der ARD-Reihe "Praxis mit Meerblick" die Ärztin Nora Kaminski.
    Tanja Wedhorn spielt in der ARD-Reihe "Praxis mit Meerblick" die Ärztin Nora Kaminski. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Frau Wedhorn, in den neuen Folgen von "Praxis mit Meerblick" droht Ihre Hauptperson Nora Kaminski vom Stress überwältigt zu werden…

    Tanja Wedhorn: Wenn sie einfach immer nur die aufgeräumte, kompetente Ärztin wäre, die immer Lösungen parat hat, würde sich das ja schnell leerlaufen. 

    Gibt es Phasen, in denen Sie selbst sich mal überfordert fühlen?

    Wedhorn: Logisch habe ich solche Momente. Nach drei Monaten Dreh für die Serie "Fritzie – Der Himmel muss warten" hatte ich mich auf einen freien Februar gefreut. Und natürlich kam es anders: Ich wollte Zeit mit meinen Kindern verbringen, es galt aber den nächsten Film, einen Krimi, vorzubereiten, dann Termine auf der Berlinale wahrnehmen, Pressearbeit … Die vielen unterschiedlichen Stränge sind dann einen Moment lang auch mal anstrengend. Da entsteht Gefusel in meinem Kopf.

    Was ist, wenn der Stress mal übermächtig wird?

    Wedhorn: Sport tut mir wahnsinnig gut! Eine Stunde Joggen oder Schwimmen, um den Kopf frei zu kriegen und dann Sauna. Wenn es mal eine Nacht gibt, wo ich wach bin und der Kopf rattert, nehme ich Stift und Zettel und schreibe die Dinge einfach auf. Danach kann ich weiterschlafen.

    Tanja Wedhorn in ihrem neuesten Film "Klima retten für Anfänger".
    Tanja Wedhorn in ihrem neuesten Film "Klima retten für Anfänger". Foto: Michael Handelmann, ARD Degeto/ dpa

    Sie wirken bei diesem Gespräch auch sehr positiv aufgeladen. Sind Sie immer so?

    Wedhorn: Ich bin grundoptimistisch und fröhlich. Ich hadere selten und wenn es mich doch mal ein bisschen erwischt, ist mein Mann da, der sehr positiv durchs Leben geht und mich wieder einfängt.

    Ihr Mann ist Politologe. Dieser Beruf scheint nicht gerade ideal für eine Glücksstimmung.

    Wedhorn: Es gibt auch tolle Aspekte. Politische Bildungsarbeit ist wahnsinnig spannend. Der Beruf macht ihn sehr glücklich.

    Überlassen Sie die Auseinandersetzung mit Politik Ihrem Mann?

    Wedhorn: Absolut. Ich mache meinen Job und er seinen. Unsere Arbeit kommt zu Hause wenig vor. Es gibt viele Beziehungen, wo beide Partner in der Filmbranche beschäftigt sind, und ich weiß nicht, ob ich mit dieser Kombination glücklich werden könnte. Ich mag es sehr, dass es bei uns so wahnsinnig bodenständig ist. Es ist mein Traumberuf, aber im Kreis meiner Familie spielt er überhaupt keine Rolle! Das Einzige, was zu Hause eine Rolle spielt, das sind Borussia Dortmund und Bayern München.

    Wie passen diese beiden Erz-Konkurrenten unter einen Hut?

    Wedhorn: Das ist ganz abgefahren. Theo, unser 15-Jähriger, ist praktisch seit seiner Geburt Dortmund-Fan. Ich komme aus Dortmund beziehungsweise Witten, mein Papa hatte eine Saisonkarte, die inzwischen von meiner Schwester übernommen wurde. Mein zwölfjähriger Sohn war ganz klein, als Dortmund zur Winterpause Tabellenletzter war. Als Joschka, damals ungefähr drei Jahre alt, mitbekam, dass sein großer Bruder an jedem Samstag wie ein Schlosshund heulte, hat der kleine Hase beschlossen: Ich nehme die anderen, die auf Platz eins stehen. So wurde er Bayern-Fan. Das meint er immer noch ernst. Zu seinem zwölften Geburtstag bekam er von seinem Onkel eine Reise ins Stadion nach München geschenkt. Aber auch sonst ist Fußball ganz wichtig. Beide Jungs spielen viermal die Woche, am Wochenende haben sie ein Punktspiel.

    Der FC Bayern sorgt in der Familie Wedhorn für Kontroversen.
    Der FC Bayern sorgt in der Familie Wedhorn für Kontroversen. Foto: Sven Hoppe, dpa (Symbolbild)

    Gibt es in Sachen Fußballklubs auch einen gemeinsamen Nenner?

    Wedhorn: Ja, wir treffen uns alle bei Union Berlin. 

    Sie sind mit 51 in Ihrem Beruf sehr erfolgreich. Nun gibt es die Initiative "Let's Change the Picture" (Lasst und den Film verändern), mit der sich Kolleginnen von Ihnen dafür einsetzen, dass Frauen über 50 in Film und Fernsehen präsenter werden. Wie sehen Sie das?

    Wedhorn: Die Initiative ist toll und richtig. Ich bin sehr dankbar, dass ich so gut zu tun habe. Es ist absolut richtig, dass man das Augenmerk auf Frauen jenseits der 45 lenkt. Es gibt tolle Geschichten zu erzählen, über jedes Alter, für jedes Alter. 

    Sind Sie froh, dass Sie die Lebenserfahrung von 51 Jahren haben?

    Wedhorn: Natürlich. Ich bin gelassener und weiß Dinge anders einzuschätzen. Ich nehme vieles, über das ich mich früher aufgeregt hätte, jetzt häufig leichter. Das ist eine schöne Entwicklung.

    Allerdings beschäftigen Sie sich in "Praxis mit Meerblick" und in Ihrer Rolle der vom Krebs gezeichneten "Fritzie" mit Themen wie Medizin, Krankheit und Sterben. Dunkelt das nicht die eigene Weltsicht in diesem Alter ein?

    Wedhorn: Bei Nora Kaminski geht es mir nicht so, denn sie weiß, was zu tun ist. Und es ist eine totale Freude, sie zu spielen. Sie ist schlagfertiger und robuster als ich. Fritzie trage ich anders mit mir herum. Da steckt mir die Endlichkeit immer noch ein bisschen in den Knochen, zumal wir immer im grauen Winter drehen. Natürlich bin ich für die Rolle "Fritzie" total dankbar. Dieses existenzielle Auf und Ab der Gefühle ist für mich als Schauspielerin einfach eine tolle Aufgabe.

    Woher nehmen Sie die grundoptimistische Haltung, die Sie vorhin angesprochen haben?

    Wedhorn: Ich habe im Leben ein Scheißglück. Ich habe einen wunderbaren Mann an meiner Seite, den ich schon zu Schulzeiten kennengelernt habe. Wir haben zwei gesunde Kinder. Ich habe Freunde. Ich darf den Beruf ausüben, den ich früher als Hobby hatte, bin selbst gesund. 

    Tanja Wedhorn spielt die an Brustkrebs erkrankte Lehrerin Fritzie.
    Tanja Wedhorn spielt die an Brustkrebs erkrankte Lehrerin Fritzie. Foto: Gordon Mühle, ZDF

    Wer oder was hat Sie in letzter Zeit zum Strahlen gebracht?

    Wedhorn: Ich hatte in den letzten Wochen das Glück, dass ich mittags, wenn die Kinder aus der Schule kamen, zu Hause sein konnte. Für meinen Großen spielt das keine so große Rolle mehr. Der sagt einfach nur "Hi Mama". Der Kleine findet das aber wirklich toll. Mit dem habe ich die Nachmittage verbracht, wir haben zusammen Kuchen gegessen und auf Netflix "Wednesday" geschaut.

    Teenager können ja etwas schwierig sein.

    Wedhorn: Ich klopfe auf Holz. Bisher ist es total easy. Meine Theorie ist, dass der Fußball, diese körperliche Auseinandersetzung in Kombination mit Mannschaftsgeist, die beiden vielleicht gut durch die Pubertät bringt.

    Zur Person: Tanja Wedhorn, geboren im Dezember 1971, wurde 2004 bekannt mit der Telenovela "Bianca – Wege zum Glück". Seit 2017 spielt sie die Ärztin in "Praxis mit Meerblick" (ARD), seit 2020 in "Fritzie" (ZDF). 

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