Sie spielen in der ZDF-Miniserie "Die verlorene Tochter" den Sprössling einer Brauerei-Dynastie, der nach einem Schulfest spurlos verschwindet und nach zehn Jahren ohne Erinnerung plötzlich wieder auftaucht. Wie war das?
Henriette Confurius: Das war schon eine Herausforderung, so eine Rolle zu entwickeln. Ich stelle ja eine junge Frau dar, die einen großen Teil ihres Lebens verloren und ein Trauma durchlebt hat. Für mich am Interessantesten war zu erspüren: Was trieb diese Frau an? Sie will herausfinden, warum sie sich nicht erinnern kann. Das war spannend.
Die Serie erzählt von der Suche nach Erinnerung und Vergessen, von Wahrheit, Glück und Flucht – auch vor der eigenen Familie. Wollten Sie auch schon mal vor irgendjemandem oder irgendetwas flüchten?
Confurius: In diesem Maße auf keinen Fall. Ich hatte in meiner Familie auch als Jugendliche immer viele Freiheiten. Darum gab es auch keinen großen Drang nach Flucht. Im Gegenteil, ich mochte diese Sicherheit meines Zuhauses, von der ausgehend ich ausfliegen und die Welt erkunden konnte. Ich hatte nie die Angst, den Boden unter meinen Füßen zu verlieren.
Wissen Sie, dass "Die verlorene Tochter" ein beliebter Filmtitel ist? Auf Wikipedia findet er sich in 15 verschiedenen Produktionen.
Confurius: Wow! Wusste ich nicht.
Bereits mit acht stand Henriette Confurius vor der Kamera
Sie spielten bereits mit acht Jahren als Schauspielerin. Wie kam das?
Confurius: Ich bin da so reingerutscht, eher zufällig. Ich hatte nie den Wunsch, Schauspielerin zu werden. Aber ich wurde auch nicht dazu gezwungen. Meine ersten drei Filme habe ich mit einer Regisseurin gedreht, die inzwischen eine gute Freundin geworden ist. Im Grunde war es eine total schöne Zeit. Im ersten Film hat auch mein Cousin mitgespielt und meine Familie war dabei. Mir hat das dann richtig Spaß gemacht. Meine Tante, die Organistin ist, hat immer gesagt: Ich gehe jetzt mal spielen. Das ist bei mir als Perspektive für die Zukunft hängen geblieben.
Sie waren zwar nicht zehn Jahre, aber immerhin ein Jahr einfach auch mal weg. Mit 17 Jahren gingen Sie auf eine Farm nach Irland. Warum, wollten Sie Landwirtin werden?
Confurius: Apropos, die Frage nach Flucht. Der Beruf Schauspieler hat in mir schon öfter den Impuls zu fliehen ausgelöst. Dadurch, dass ich so früh in diesen Beruf gekommen bin, hatte ich immer wieder mal das Bedürfnis, mich auch zu entscheiden. Auf dieser Farm zu leben war dann auch eine sehr schöne Erfahrung. Denn ich mochte es schon immer, als Ausgleich zum Schauspiel handwerklich tätig zu sein und körperlich zu arbeiten. Das ist schon etwas komplett anderes, wenn man morgens in den Stall muss, weil die Kühe versorgt werden müssen.
Wäre das beruflich eine Alternative gewesen?
Confurius: Ich glaube zwar nicht, dass ich Bäuerin werden möchte, kann mir aber vorstellen, einmal auf dem Land zu leben. Nutztiere möchte ich allerdings keine haben.
Sie können angeblich nicht nur Traktor fahren, sondern malen auch gerne. Machen Sie das immer noch?
Confurius: Ja.
Welchen Stil bevorzugen Sie?
Confurius: Ich zeichne gerne mit Bleistift oder Filzstift. Und ansonsten male ich auch gerne in Öl. Oft male ich einfach aus dem Kopf. Ich kann aber nicht sagen, ob ich einen eigenen Stil habe.
Schriftsteller wie Ihr Vater Gerrit Confurius stand nie zur Debatte?
Confurius: Tatsächlich habe ich von meinem Vater eher das Malen. Das hat er uns als Kinder mitgegeben. Ich schreibe zwar gerne, aber nur für mich. Bei meinen Bildern könnte ich schon auf die Idee kommen, sie zu zeigen, meine Aufzeichnungen behalte ich für mich.
Leben Sie immer noch in Wien?
Confurius: Nein, schon seit fünf Jahren nicht mehr. Ich lebe inzwischen in Berlin.
Sie haben ja schon einige Preise bekommen: 2010 Grimme-Preis, 2009 und 2004 Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises. Was bedeuten Ihnen solche Auszeichnungen?
Confurius: Das ist natürlich eine schöne Wertschätzung. Aber ich musste erst lernen, dass die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit Teil des Berufs ist. Solche Preisverleihungen sind für mich als privater Mensch eher beängstigend.
Schon mal bereut, Schauspielerin geworden zu sein?
Confurius: Gute Frage. Müsste ich mit Ja oder Nein antworten, dann würde ich sagen: Nein! Aber es ist komplizierter.
Wir möchten wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.