Frau Wackernagel, welche Einstellung haben Sie denn so zum Landleben?
Katharina Wackernagel: Ich habe eine sehr positive Einstellung zum Landleben - solange ich da nicht leben muss! Ich bin definitiv eine Städterin!
Sie wohnen seit vielen Jahren in Berlin. Nie daran gedacht, privat mal ins Grüne zu ziehen
Wackernagel: Nein, ich mag das Stadtleben, schätze auf eine gewisse Art die Anonymität der Stadt. Auch auf das kulturelle Angebot da mag ich nicht verzichten. Diese Rastlosigkeit, dieses Chaos in Berlin - ich mag das gerne. Denn ansonsten wird es mir schnell zu still.
Könnte aber auch interessant sein, was dann passiert: In der Stille, heißt es, entsteht Kraft und Kreativität
Wackernagel: Das stimmt schon. Darum gehe ich auch immer wieder gerne in die Stille, um dort Kraft zu schöpfen. Mein Lebensraum aber muss anders aussehen.
Beruflich sieht es so aus: Ihr neuer Nabel der Welt ist tiefste Provinz - Hengasch, Landkreis Liebernich. Hat Ihnen dieser fiktive Ort vor Ihrem Engagement bei der beliebten humoristischen Krimi-Serie "Mord mit Aussicht" etwas gesagt?
Wackernagel: Ich kannte natürlich "Mord mit Aussicht" schon vorher. Aber ich habe mich nicht so intensiv damit beschäftigt, bis ich dann die Rolle als Polizeikommissarin bekam. Danach habe ich alle bisherigen Folgen und den Spielfilm angeschaut und bin eingetaucht in das Leben in Hengasch. Das ist ja nicht einfach nur ein Dorf.
Was ist es dann?
Wackernagel: Das ist ein ganz spezieller Kosmos. Die Geschichte ist ja ganz ähnlich wie in den ersten drei Staffeln: Eine Städterin wird strafversetzt nach Hengasch und soll dort die Kontrolle über die Polizeiwache übernehmen. Sie sieht sich erst einmal sehr überraschten Kollegen und ablehnenden Dörflern gegenüber. Das Fax, das ihre Ankunft hätte ankündigen sollen, wurde verbummelt.
Die Dörfler akzeptieren die Neue zunächst überhaupt nicht und versuchen, sie auf Teufel komm raus auszugrenzen. Haben Sie selbst schon die Erfahrung gemacht, ausgegrenzt zu werden?
Wackernagel: Glücklicherweise bin ich in meinem Leben noch nie so schlecht willkommen geheißen worden wie in Hengasch. Nein, ausgegrenzt worden bin ich noch nie.
Wo ist eigentlich der Ort Hengasch wirklich? Laut Drehbuch soll er ja in der Eifel liegen?
Wackernagel: Tatsächlich liegt er in der Eifel und im Bergischen Land. Den Ort gibt es aber so in Gänze gar nicht. Aber einige unserer Hauptmotive - das Gasthaus, die Kirche und die Feuerwache - sind in Kürten-Olpe.
Nach dem "Stralsund"-Krimi ist es Ihre zweite Rolle als Kommissarin. Welche Rolle macht mehr Spaß
Wackernagel: Das kann man gar nicht miteinander vergleichen, denn auch die Krimis sind ja ganz unterschiedliche Genres. Es ist auch nicht so, dass ich mir Kommissar-Figuren ausgesucht habe, weil sie Kommissare sind. Nein, viel mehr bin ich über die Figur und das Genre dazu gekommen. Ich hatte einfach Lust, einmal etwas Komödiantisches zu spielen, das mache ich ja nicht so häufig. Das war ein sehr schöner Ausflug. Aber ich möchte mich nie zwischen Drama, Thriller oder eben einem komödiantischen Krimiformat entscheiden müssen. Das hat alles seinen Reiz.
Was reizte Sie an dieser neuen Rolle
Wackernagel: Es ist ein Abtauchen in eine skurrile Welt mit Fragen wie: Was treibt Menschen an? Welche Ängste, welche Sorgen treiben sie um? Wo sehen Menschen Bedrohungen, sodass sie jemanden umbringen? Und all das ist eingebettet in diese spezielle Dorfgemeinschaft von Hengasch. Es wurde sich auch Zeit genommen, unsere Figuren inhaltlich gut zu beleuchten. Mir gefällt diese Kommissarin Marie Gabler in ihrer Klarheit und Zielstrebigkeit und mit ihrem trockenen Humor.
Haben Sie selbst auch eine Art Ermittler-Gen und wollen den Dingen gerne auf den Grund gehen?
Wackernagel: Ich habe mit Polizei im Grunde privat gar nichts am Hut. Mein Neffe möchte immer mit mir Polizei spielen und mich in Handschellen legen und festnehmen. Etwas auf den Grund zu gehen hingegen liegt mir schon. Das würde ich aber nicht auf das Genre Krimi reduzieren, sondern auf die menschliche Psyche. Das reizt mich auch an meinem Beruf am meisten - herauszufinden: Warum liebt man? Warum dreht man durch? Als ich in einem anderen Projekt die Verlegerin Aenne Burda darstellen durfte, war das für mich eine Charakterstudie.
Wenn man so tief in eine Rolle eintaucht, denkt man da manchmal, man ist eine gespaltene Persönlichkeit, also ein bisschen gaga?
Wackernagel: Ja klar hat das mit der Intensität von Dreharbeiten zu tun. Verrückt wird man nicht. Aber es ist mir schon so gegangen, dass mir eine Figur fehlte, nachdem ein Film abgedreht war.
Zurück nach Hengasch. Was ist das Humorgeheimnis von "Mord mit Aussicht"?
Wackernagel: Skurrilität, Slapstick und gute Dialoge! Und "Mord mit Aussicht" hat einen großen Wiedererkennungswert.
Wie meinen Sie das?
Wackernagel: Es ist eben ein großer Spaß, dass man in diesem fiktiven Dorfkosmos Strukturen wiedererkennt, die durchaus etwas mit dem realen Dorfleben zu tun haben. Es wird mit den Klischees der Deutschen gespielt und sie werden liebevoll auf die Spitze getrieben.
Lachen soll ja bekanntlich die beste Medizin sein.
Wackernagel: Das glaube ich auch. Manchmal, wenn es mir richtig schlecht geht und ich jemandem davon erzähle, kann ich beim Erzählen schon wieder drüber lachen. Bei mir geht das manchmal direkt ineinander über. Deswegen laufen mir beim Lachen auch die Tränen über die Wangen, dann geht’s mir besser.
Sie sind eine gut gebuchte Schauspielerin. Kennen Sie trotzdem manchmal so etwas wie Angst, dass Rollenangebote ausbleiben könnten?
Wackernagel: Natürlich wäre man als Schauspieler besser dran, wenn man ein zweites Standbein hätte. Man hat das ja in den vergangenen beiden Jahren gesehen, wie viel in der Kulturszene auf einen Schlag weggebrochen ist. Auch das Rollenangebot für Frauen mit Anfang 40 ist nicht mehr so wie mit Anfang 30. Aber es ist so hundertprozentig mein Beruf, dass ich nicht weiß, was ich anderes machen könnte.
Katharina Wackernagel, 1978 in Freiburg im Breisgau geboren, stammt aus einer Schauspielerfamilie. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem für ihre Rolle in dem Film „Contergan“.