Herr Knaup, der neue Film der ZDF-Reihe „Sarah Kohr – Irrlichter“ über Querdenker und Verschwörungstheoretiker hat einen geradezu beängstigenden Bezug zur Gegenwart.
Herbert Knaup: Ja, der Autor hat sich dieses Themas sehr aktuell angenommen. Und es gibt diese Schwurbler, die infrage stellen, dass das Virus existiert und auch Millionen Menschen bereits das Leben gekostet hat, ja wirklich noch immer. Ich selbst habe in meinem Bekanntenkreis einige, die schwer unter den Folgen von Corona gelitten haben. Einige sind sogar gestorben. Das infrage zu stellen, das ist natürlich Blödsinn!
Trotzdem behaupten noch viele, Corona sei von denen, die davon profitieren würden, in die Welt gesetzt worden – und überhaupt nur eine Grippe.
Knaup: Ich kann mir das im Grunde nicht vorstellen, wie Leute dazu kommen, Politikern und Lobbys ohne wirkliche Fakten zu unterstellen, sie hätten das Virus aus Profitgier oder, um die Menschheit zu dezimieren, in die Welt gesetzt. Es irritiert mich, dass es nach wie vor solche Menschen gibt. Aber schon in meiner Zeit an der Schauspielschule hatte ich einen Mitschüler, der behauptete, die Millionen Toten in Auschwitz gebe es nicht, das sei alles nur Lüge. Der vertrat tatsächlich die Ansicht, dass Auschwitz Fake sei und es keinen einzigen Juden gab, der dort vergast wurde. Ich wollte mit dem Mitschüler dann nach Dachau fahren, aber das war dem scheißegal. Der wollte sich weder über Hintergründe informieren noch das alles sehen. Solche Menschen wollen erkennbare Tatsachen gar nicht zulassen. Alle Nachweise tun sie als Fake ab. Dieser Ignoranz steht man fast hilflos gegenüber, so wie wir in diesem Film den gewaltsamen Querdenkern.
Im Film sind die Wellen der Virusinfektion abgeflacht und die guten Taten der Ärzte oder Impfstoffentwickler gewissermaßen vergessen. Eine Gruppe militanter Verschwörungstheoretiker versucht, ein Ärzteehepaar „zur Rechenschaft“ zu ziehen und bereitet so eine Art Staatsstreich vor.
Knaup: Der Autor zeigt auf, was passieren kann, wenn Menschen blind irgendwo ihrem Glauben oder ihrer Ideologie vertrauen. Die gibt es, wie gesagt, auch bei uns noch immer. Es ist jederzeit möglich, dass sich eine Gruppe von Extremisten zusammentun kann und militärisch loslegt, um ihrer Wut freien Lauf zu lassen.
Haben Sie in dieser Hinsicht in Deutschland ein sicheres Gefühl?
Knaup: Ja. Eine Umsturzgefahr kann ich in Deutschland aktuell nicht erkennen.
Sie spielen in der Kriminalfilmreihe den Staatsanwalt Anton Mehringer, der seine beste Ermittlerin, eben Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff), an die Verschwörungsjünger zu verlieren droht.
Knaup: Der Mehringer steht für Recht und Ordnung. Er vertraut auf die Regeln der Demokratie. Und er arbeitet mit der verdeckten Ermittlerin Kohr zusammen, sein ausführendes Organ, eine Frau, der er vertraut. Diesmal ist er aber tatsächlich irritiert von ihr und fragt sich, ob sie noch auf der richtigen Seite ist. Das ist das Spannende an diesem Film. Mehr wird nicht gespoilert.
Müssen Sie sich für so eine Rolle speziell vorbereiten?
Knaup: Ich war im Vorfeld nicht mit dem Autor im Gespräch. Aber mit den Ideen der Schwurbler und Verschwörungsgläubigen habe ich mich schon beschäftigt. Es gab dazu ja auch in der Presse viele Informationen.
Wie sind Sie eigentlich bisher durch die Pandemie gekommen?
Knaup: Gut. Ich habe und hatte bisher kein Corona, obwohl ich auch ohne Maske unterwegs war. Ich hatte wohl Glück, aber habe schon durchaus aufgepasst, weil eine Erkrankung in meiner Situation eine Produktion richtig Geld kosten könnte. In meinem Umfeld waren übrigens fast alle erkrankt, nur ich nicht. Vielleicht, weil ich vor zweieinhalb Jahren die härteste Grippe meines Lebens hatte. Könnte sein, dass dadurch mein Immunsystem hochgefahren ist.
Wenn man mit Ihnen spricht, muss man natürlich auch fragen: Steht eine neue Folge von Kommissar Kluftinger an?
Knaup: Also für mich ist der Kluftinger im Grunde abgeschlossen. Ich hätte den zwar gerne noch weiter gespielt, aber den Verantwortlichen der Produktion wurde das offenbar zu skurril am Ende. Ich kenne allerdings den Hintergrund nicht genau. Soweit ich weiß, wird gerade wieder an etwas gestrickt. Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn der Kluftinger auferstehen würde, selbst mit einem anderen Darsteller. Der müsste vielleicht jünger sein als ich, keine Ahnung. Ich halte den Kluftinger für eine besondere Figur, gerade mit dem speziellen Allgäuer Dialekt. Der stand übrigens so gar nicht in den Drehbüchern, den habe ich da reingebracht.
Sie wollen definitiv nicht mehr?
Knaup: Definitiv ist gar nichts. Wenn die auf mich zukämen, würde ich die Rolle natürlich spielen. Das Problem ist, dass ich trotz meiner 90 Kilo ziemlich schlank bin, und der Kluftinger ist eine runde Christbaumkugel, die den Berg nabtrollet, wie man im Allgäu sagt. Das war schon immer die Schwierigkeit. Anfangs habe ich mir das Gewicht noch angefressen, aber da würde heute meine Frau ausflippen.
Gibt es nicht die Möglichkeit, sich künstlich aufzupolstern?
Knaup: Das ginge schon. Aber im Gesicht sieht man das natürlich. Ich habe ja ein schmales Gesicht. Andererseits könnte Kluftinger auch abnehmen.
Sie spielen auch den Rechtsanwalt Markus Gellert in der erfolgreichen Serie „Die Kanzlei“. Haben Sie eine schauspielerische Affinität zu rechtsbehördlichen Rollen?
Knaup: Nein, überhaupt keine. Die Themen haben mich angesprungen. Aber das liegt vielleicht daran, dass ich immer Krawattenmänner spielen muss, obwohl ich privat überhaupt keine Krawatten trage.
Vielleicht liegt’s an Ihrer seriösen Aura?
Knaup (lacht): Ja natürlich, das ist es – meine seriöse Aura!
Zur Person Herbert Knaup wurde 1956 in Sonthofen als jüngstes von vier Geschwistern geboren. Der Vater zweier Söhne ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler.
TV-Tipp „Sarah Kohr – Irrlichter“ ist ab Dienstagvormittag in der ZDFmediathek im Internet abrufbar, im Fernsehen läuft die Folge am 27. Dezember um 20.15 Uhr.