Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Interview: Heino Ferch: "Die Zeit erfordert, dass wir uns alle ändern müssen"

Interview

Heino Ferch: "Die Zeit erfordert, dass wir uns alle ändern müssen"

    • |
    Der Schauspieler Heino Ferch spricht darüber, wie es ist, als "harter Kerl" älter zu werden.
    Der Schauspieler Heino Ferch spricht darüber, wie es ist, als "harter Kerl" älter zu werden. Foto: Felix Hörhager, dpa (Archivbild)

    Herr Ferch, Sie sind ein Schauspieler, der früher über sich sagte, er definiere gerade bei Thrillern seine Rolle über Kraft und Dynamik. Hat sich das bei Ihnen im Laufe der Jahre verändert?
    HEINO FERCH: Ich versuche nach wie vor so fit zu sein, wie es nur geht. Egal ob zu Hause oder im Hotelzimmer, ich absolviere täglich ein Trainingsprogramm. Aber es ist schon richtig, man kommt in ein Alter, in dem man ab und an schon das eine oder andere Zipperlein spürt. Man muss also hinterhersein und zum Beispiel Sachen, die man besser nicht trinken soll, auslassen. Ich trinke beispielsweise kein Bier. Bei 85 Prozent meiner Nahrungsaufnahme mache ich außerdem seit 20 Jahren Trennkost und komme gut damit zurecht. Durch meine Sozialisation – ich war 20 Jahre Kunstturner und habe viele Jahre Polo gespielt – besitze ich ein Körpergefühl, das zu meinem Wohlbefinden beiträgt. Das alles versuche ich zu halten. Dazu ist eine Menge Disziplin erforderlich. Aber ich will mich, solange es geht, körperlich und geistig fit halten.

    In der neuen ARD-Serie „Die Saat – Tödliche Macht“ spielen Sie einen Kommissar, der einer Verschwörung auf die Spur kommt. Sie sind ja bekannt dafür, dass Sie nicht alle Rollenangebote annehmen. Warum aber dieses?
    FERCH: Weil das ein besonderes Geschenk war. Ich bin leidenschaftlicher Liebhaber von Filmen, die mit investigativen Themen zu tun haben.

    Gibt es für dieses Drehbuch um die Übernahme eines Saatgutkonzerns eine tatsächliche Begebenheit als Vorlage oder entspringt der Stoff allein der Fantasie der Drehbuchschreiber?
    FERCH: Ich denke, da gibt es schon Vorbilder. Vor allem aber werden die komplexen Mechanismen in dem Geflecht zwischen politischem und wirtschaftlichem Interesse beschrieben, die man auch auf die Pharma- oder Autoindustrie übertragen kann. Es geht um Macht, um Geld und auch um Intrigen, damit man seine Interessen durchsetzen kann.

    Einer der Schauplätze ist Norwegen und dort der weltgrößte Saatgut-Speicher auf Spitzbergen. Er dient dazu, Saatgut aus aller Welt als Sicherung für den Katastrophenfall aufzubewahren. Wussten Sie vorher schon von diesem Projekt?
    FERCH: Ich habe tatsächlich erst mit der Lektüre des Drehbuchs erfahren, dass es in Norwegen so einen Speicher im Permafrostgebiet gibt. Da liegen 800.000 verschiedene Saatgutproben – Reis, Getreide, alles im nicht genmanipulierten Urzustand. Finanziert wird das Ganze von mehreren Ländern, aber auch Unternehmen, die Interesse daran haben, dass das Saatgut so sorgfältig aufbewahrt wird. Dieses bunkerartige Bauwerk sieht sehr simpel aus, fast wie der Eingang zur Kanalisation. Aber was es birgt, hat einen unglaublichen Wert.

    Die Kulisse wirkt sensationell. Wie waren die Dreharbeiten in Norwegen?
    FERCH: Also Spitzbergen ist schon eine andere Welt. Das sind von München zwei Flugstunden nach Oslo und dann noch mal vier hoch Richtung Nordpol. Die Landschaft dort ist mit das Atemberaubendste, was ich je bei Dreharbeiten kennenlernen durfte. Ich bin kein Freund von langen Trennungen von der Familie. Aber das war eine Zeit, die besonders war. Da waren nur wenige Menschen, ansonsten hatten wir ein Stelldichein mit Walen, Eisbären oder Polarfüchsen. Einmal kamen Belugawale, ich war nur 20 Meter entfernt von denen.

    Spürt und sieht man da schon etwas vom Klimawandel?
    FERCH: Definitiv. Wir waren in den Sommermonaten dort, da sind ja die Nächte absolut hell. In den Tagen, in denen wir freihatten, haben wir an zwei Sonntagen Expeditionstouren gemacht. Da sieht man dann schon die Gletscherlinien, also wie das Eis zurückgegangen ist in den vergangenen Jahrzehnten. Das so unmittelbar zu erleben, das beunruhigt.

    Auch wenn es eine alte Schublade ist: Sie gelten als der deutsche Bruce Willis. Nehmen Sie am krankheitsbedingten Schicksal des US-Kollegen teil?
    FERCH: Na ja, ich habe natürlich auch davon gelesen. Die Krankheit ist bekannt und alles, was mit Demenz und Alzheimer zu tun hat, ist schwierig. Willis ist jetzt 68 und mittlerweile ein betreuter Pflegefall. Dieses Schicksal bedrückt einen natürlich, das ist erschütternd!

    Heino Ferch rechts in einer Szene aus der neuen ARD-Serie "Die Saat – Tödliche Macht".
    Heino Ferch rechts in einer Szene aus der neuen ARD-Serie "Die Saat – Tödliche Macht". Foto: Dusan Martincek, ARD Degeto/Odeon Fiction GmbH/NRK/dpa

    Haben Sie vor so einem Schicksal Angst, bei dem man als kerngesunder Mensch aus seinem bisherigen Leben gesogen wird und plötzlich alles anders ist?
    FERCH: Natürlich denke ich da auch darüber nach. Es ist wichtig, dass man das macht, denn es zu verdrängen, macht alles nur schlimmer. Und ja, es kann jedem jeden Tag etwas passieren, das sich nicht angekündigt hat. Dem müssen wir ins Auge schauen.

    Abschließend noch zum Männertyp, den auch Willis verkörpert hat. Können Sie mit der in jungen Milieus gerne verwendeten Kategorie „Alter weißer Mann“ etwas anfangen?
    FERCH: Ja, denn die Zeiten haben sich geändert. Das traditionelle Selbstverständnis des Mannes, das auch mit einer Form von Alltagsmachismus einhergeht, ist bis vor ein paar Jahren nie richtig infrage gestellt worden. Das ist heute anders. Die Zeit erfordert, dass wir uns alle ändern müssen, unsere Essensgewohnheiten, unser Verhalten und unsere Rollen. Die Zeit, in der wir in Saus und Braus gelebt haben, ist vorbei. Der Klimawandel ist ein Zeichen, das wir nicht ignorieren können. Das beeinflusst unser ganzes Leben.

    Zur Person

    Heino Ferch, 60, lebt am Ammersee. Er wurde unter anderem durch Kinofilme wie "Comedian Harmonists", "Der Untergang" oder "Der Baader Meinhof Komplex" bekannt. Er ist verheiratet, hat aus der Ehe drei Kinder sowie eine Tochter aus einer früheren Beziehung. Die ersten vier Folgen von „Die Saat – Tödliche Macht“ sind an diesem Samstag ab 20.15 Uhr in der ARD zu sehen. Die Folgen fünf und sechs laufen einen Tag später ab 21.45 Uhr.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden