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Foto: Federico Gambarini, dpa
Foto: Federico Gambarini, dpa

Dietmar Bär (rechts) ist "Tatort"-Kommissar, spielt aber auch andere Rollen. Jetzt ist er in einem Weihnachtsfilm zu sehen.

Interview
15.12.2022

Dietmar Bär: "Jeder von uns trägt sein eigenes Weihnachten in sich"

Von Josef Karg

"Tatort"-Kommissar Dietmar Bär ist in einem Weihnachtsfilm zu sehen. Ein Gespräch über die Schwierigkeit, Komödien zu spielen, über Prominenz und sein Verhältnis zu Heiligabend.

Herr Bär, Sie arbeiten nun seit 25 Jahren als Kölner „Tatort“-Kommissar Freddy Schenk. Mit dieser Figur werden Sie oft in der Öffentlichkeit verbunden. Gehen Ihnen die Fragen schon auf den Geist?

Dietmar Bär: Ich sage mal so, ich verspüre bei Fragen zum „Tatort“ inzwischen gerade im Jubiläumsjahr eine gewisse Ermüdung. Aber fragen Sie ruhig.

Na gut, eine habe ich noch. Der 1. FC Köln hat ein Stadion mit 50.000 Plätzen. Den „Tatort“ sehen manchmal so viele Leute an, die würden 200 Mal ins Kölner Stadion passen. Was ist das für ein Gefühl?

Bär: Das ist ein Beispiel des Kollegen Behrendt. Der hat das auf einen schönen, populären Punkt gebracht. Man könnte auch sagen: Ganz Schweden schaut da sonntags zu. Ich kann das so gar nicht einschätzen. Mich lässt das eher kalt, weil ich mir nicht vorstelle, dass ich auf einer Bühne stehe und vor acht Millionen Leute spiele. Denn der Film ist ja bei der Ausstrahlung für mich längst abgeschlossen. Da habe ich netto 23 Drehtage, und am Ende wird das alles geschnitten, gemischt, mit Musik unterlegt und zu einem Gesamtkunstwerk zusammengesetzt. Da weiß ich, das ist okay. Dafür bin ich umso aufgeregter, wenn ich beispielsweise mit dem Rilke-Projekt unterwegs bin. Das ist seit 20 Jahren die erfolgreichste deutsche Lyrik-Show. Wenn da 800 Leute im Saal sind, das macht was mit mir, dann ist da ein Kribbeln. Denn das ist live! Beim „Tatort“ ist eher die Prominenz, die man plötzlich bekommt, ein Faktor, mit dem man umzugehen lernen muss.

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Bär: Man wird auf der Schauspielschule auf alles vorbereitet, nur auf eines nicht: Wie das ist, wenn man prominent wird. Denn das kann ja auch mal fürchterlich in die Hose gehen, wenn Leute mit Ruhm und Ehre nicht umgehen können.

Viele Schauspieler klagen, wenn sie öffentlich an eine Rolle festgetackert sind, dass sie keine anderen Angebote mehr bekämen. Sie sind aber auch über die Krimiszene hinaus gut im Geschäft. Was machen Sie anders als andere?

Bär: Ich kann da nicht viel dazu gemacht haben. Ich kenne aber diese Sorgen und Nöte der Kolleginnen und Kollegen. Es ist aber bei manchen auch eine Menge Larmoyanz dabei. Ich sage denen dann: Mach doch eine Pommesbude auf, wenn du was dagegen hast, dass du prominent bist. Aber natürlich überwiegen diejenigen, die Probleme haben, neue Rollen zu bekommen. Für mich kann ich das tatsächlich nicht sagen. Ich darf und durfte mir das immer aussuchen. Und ich weiß, dass das ein Privileg ist.

Kann man sagen, das ist fast so schön wie Weihnachten, um an dieser Stelle eine Behelfsbrücke zu Ihrem neuen Film zu schlagen? An diesem Sonntag spielen Sie im ZDF in der Komödie „Ein Taxi zur Bescherung“ einen Taxifahrer, der einen erblindeten IT-Analysten zu seiner Internetbekanntschaft ins Erzgebirge chauffiert. Mögen Sie Komödien?

Bär: Da ich ja ein Schauspieler mit Theater-Hintergrund bin, habe ich zur Komödie ein sehr gesundes Verhältnis. Um ganz woanders zu landen, wovon Sie gar nichts wissen. Ich habe gerade in Köln etwas gemacht, was ich schon lange nicht mehr gemacht habe: ein Hörspiel. Und ich habe einfach drei Tage auf der Insel der Glückseligen verbracht. Das Tolle daran war, da trifft man dann morgens im Studio plötzlich auf Gisela Schneeberger oder Felix von Manteuffel. Und dann fängt man an, mit denen dieses skurrile Hörspiel herzustellen. Und das macht eine unbändige Freude. Und da sind wir beim Handwerk Komödie-Spielen. Das ist sauschwer, denn man darf die Pointen nicht einfach draufsetzen, sondern sie müssen aus dem Text heraus entstehen. Das Komische muss sich von selbst aus der Tragik der Figuren ergeben. Man darf nicht anfangen, komisch sein zu wollen. Und bei der aktuellen Komödie ist nur noch etwas Weihnachtszuckerguss obendrauf. Ich denke, das Ensemble hat das in diesem Fall ziemlich gut hingekriegt.

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu Weihnachten?

Bär: Ich habe natürlich wie alle Menschen ein Verhältnis dazu. Jeder von uns trägt ja sein eigenes Weihnachten in sich. Das gehört zu der in uns schlummernden Kindheit. Ich merke, bei mir wird allerdings die Ambivalenz immer größer. Einerseits habe ich gar kein Verhältnis mehr zum christlichen Fest, aber ich weiß auch, dass das Kind in mir vieles mag, was mit Weihnachten verbunden ist. Ob das die Gerüche auf dem Weihnachtsmarkt sind oder die Beleuchtung, die in diesem Jahr wohl infrage gestellt wird.

Glauben Sie an das „Wunder“ Weihnachten?

Bär: Nein, daran glaube ich tatsächlich gar nicht. Zumal ja selbst das Datum nicht stimmt. Aber ich bin immer noch überrascht, welche Kraft das Fest hat. Toll ist es, dass dahinter ja auch der Gedanke der Nächstenliebe steckt, der die Menschen immer noch verbindet. Es ist doch schrecklich zu sehen, wie sehr Glauben mit der Nächstenliebe zu tun hat, und auf der anderen Seite stehen dann die schrecklichen Verbrechen, die im Namen des Glaubens überall auf der Welt verübt werden. Es ist doch furchtbar, dass jemand sagt: Ich glaube das – du nicht, also muss ich dich köpfen oder in die Luft sprengen. Und all das, nur weil man etwas glaubt. Verrückt!

Zur Person: Dietmar Bär wurde 1961 in Dortmund geboren. Seit 1997 spielt er an der Seite von Klaus J. Behrendt den Kölner „Tatort“-Kommissar Freddy Schenk. Bär ist verheiratet. Sein neuer Film „Ein Taxi zur Bescherung“ läuft am Sonntag um 20.15 Uhr im ZDF.

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