Am 48. Verhandlungstag im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess hat die Staatsanwaltschaft Ingolstadt im Plädoyer deutlich gemacht, was die Hauptverhandlung für sie ergeben hat: Dass die beiden Angeklagten Schahraban K. und Sheqir K. die 23-jährige Khadidja O. aus Eppingen am 16. August 2022 gemeinschaftlich mit mehr als 50 Messerstichen ermordet haben.
Wie die Staatsanwältin in ihrem knapp dreistündigen Schlussvortrag darlegte, sei für sie die Schuld der Angeklagten durch zahlreiche Beweise wie DNA-Spuren und Zeugenaussagen zweifelsfrei belegt. Die Tat selbst sei in „ihrer Verdorbenheit und Skrupellosigkeit nicht zu übertreffen und so noch nie dagewesen“. Die Staatsanwaltschaft sieht sowohl im Handeln von Schahraban K. als auch in dem von Sheqir K. jeweils zwei Mordmerkmale als erfüllt an: Die Tat sei heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen begangen worden. Heimtückisch seien die Angeklagten vorgegangen, weil das Opfer zur Tatzeit völlig arg- und wehrlos gewesen sei. Niedrig seien Schahraban K.s Beweggründe gewesen, weil sie den „perfiden“ Mordplan nur deshalb gefasst habe, um familiären Zwängen zu entfliehen und ihr eigenes Leben zu verbessern. Um, wie es schon in der Anklageschrift hieß, ihren eigenen Tod vorzutäuschen und unterzutauchen. Das Opfer sei rein zufällig, aber gezielt ausgesucht gewesen.
Doppelgängerinnen-Mordprozess: Besondere Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung stehen im Raum
Sheqir K. konnte die Staatsanwaltschaft bis zuletzt kein Motiv nachweisen. Doch gerade dies sei besonders verwerflich. Wer ohne konkreten Anlass willkürlich töte, sei gemeingefährlich, betonte die Staatsanwältin. Weil der Mord im Vergleich zu „gewöhnlichen Morden“ hervorsteche, sei neben einer lebenslangen Freiheitsstrafe außerdem die besondere Schwere der Schuld festzustellen, forderte sie. Und da zudem beide Angeklagten einen Hang zu weiteren schweren Straftaten aufwiesen, solle die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten werden.
Die Nebenklagevertreterin schloss sich in ihrem Plädoyer und in ihren Forderungen der Staatsanwaltschaft an, hob aber noch hervor, dass es in diesem Verfahren viel zu wenig um die Getötete gegangen sei. Khadidja O. sei ein bodenständiges Mädchen gewesen, das in anderen Menschen stets das Gute gesehen habe. Und „egal wie lange die Angeklagten inhaftiert sein werden, die Trauer und der Schmerz der Angehörigen wird nie enden“.
Landgericht Ingolstadt: Beweisaufnahme wieder eröffnet
Dann passierte im Gerichtssaal etwas Unerwartetes: Der Vorsitzende Richter trat - um einen rechtlichen Hinweis zu geben, dass die Sicherungsverwahrung in Betracht gezogen werde - wieder in die Beweisaufnahme ein. Damit haben die Verteidiger die Möglichkeit, erneut Anträge zu stellen. Ob am kommenden Dienstag, 19. November, tatsächlich die Schlussvorträge der Verteidiger folgen oder neue Beweisanträge gestellt werden, ist daher unklar.
Das wird den Angeklagten vorgeworfen: Am 16. August 2022 soll Schahraban K. gemeinsam mit Sheqir K. die 23-jährige Khadidja O. getötet haben, weil sie der Angeklagten ähnlich sah. Danach wollte Schahraban K. untertauchen und ein neues Leben beginnen. Um eine geeignete Doppelgängerin zu finden, soll die Deutsch-Irakerin gezielt junge Frauen auf Social Media kontaktiert haben. So lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Die Anklage hinsichtlich beider Beschuldigten lautet auf versuchte Anstiftung zum Mord und Mord. Schahraban K. hat sich bereits zur Tat geäußert. Ihren Schilderungen nach ist sie unschuldig. Ihren Mitangeklagten hat sie schwer belastet. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
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