Im seit zwei Tagen von schweren Überschwemmungen heimgesuchten Slowenien ist es am Samstagabend zu neuen Notfällen gekommen. Im Osten des Landes brach ein Damm zum Schutz vor Hochwasser am Fluss Mur. Rund 500 Menschen mussten eilig aus dem Dorf Dolnja Bistrica in Sicherheit gebracht werden, berichtete das staatliche Fernsehen RTV Slovenija. Auch in Österreich und Kroatien werden weitere Überschwemmungen befürchtet.
Weitere neun Ortschaften seien wegen des Dammbruchs an der Mur gefährdet, sagte der Kommandant des Katastrophenschutzes, Srecko Sestan. Man versuche nun, per Hubschrauber das mehrere Meter breite Loch am Damm mit Betonblöcken abzudichten. Nach Angaben von Hydrologen steigt der Pegel der Mur an ihrem österreichischen Oberlauf bei Graz.
Slowenien kämpft gegen Wassermassen und Erdrutsche
Unterdessen dauerten in anderen Landesteilen Sloweniens die Rettungs- und Aufräumarbeiten an. Wegen eines befürchteten Erdrutschs in Crna na Koroskem nahe der österreichischen Grenze würden Bewohner in mehreren Orten am Fluss Meza vorsichtshalber in Sicherheit gebracht, berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA am Samstagabend.
Mehrere Dörfer waren seit Freitag von der Außenwelt abgeschnitten. Die Bewohner wurden teils per Hubschrauber mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgt, teils versuchten Soldaten, zu Fuß in diese Orte zu gelangen. In der Gemeinde Ljubno ob Savinji an der österreichischen Grenze rissen Erdrutsche vier Häuser weg. An anderen Orten stürzten Brücken ein, Straßen und Bahnschienen standen unter Wasser.
Der Katastrophenschutz meldete am Samstag innerhalb von 36 Stunden landesweit mehr als 3700 Einsätze. Menschen wurden gerettet, die sich auf Bäumen oder Hausdächern in Sicherheit gebracht hatten. Die Regierung schätze den Gesamtschaden auf voraussichtlich mehr als 500 Millionen Euro.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Slowenien Hilfe zu. Die Schäden in dem Adria-Land seien "herzzerreißend", twitterte sie. Der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, beriet am Samstag mit der Regierung in Ljubljana. Er nannte die drei wichtigsten EU-Fonds, bei denen Slowenien Hilfen beantragen könne: den europäischen Mechanismus zum Katastrophenschutz, den Europäischen Solidaritätsfonds sowie die europäische Krisenreserve für die Landwirtschaft.
Nach Angaben von Ministerpräsident Robert Golob sind zwei Drittel des Landes vom Hochwasser betroffen. Es seien die größten Schäden einer Naturkatastrophe seit mehr als drei Jahrzehnten im Adria-Land. Mindestens vier Menschen starben. Die Polizei prüfte, ob es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und dem Unwetter gab.
Österreich und Kroatien befürchten Überschwemmungen
Das südliche Nachbarland Kroatien blieb entgegen ersten Befürchtungen von größeren Überschwemmungen bewohnter Gebiete bis zum Samstagabend zunächst verschont. Eine klare Entwarnung gab es allerdings nicht. Wegen der erwarteten Flutwelle auf den Flüssen aus dem nördlichen Nachbarland Slowenien hatten Kroatiens Behörden mit Deichen aus Sandsäcken und stellenweiser Ableitung von Flusswasser vorgesorgt. Im nördlichen Nachbarland Österreich blieb die Lage angespannt.
In den südlichen österreichischen Bundesländern Kärnten und Steiermark hatten am Samstag nach neuen heftigen Regenfällen weitere Überschwemmungen gedroht. Mehr als 2500 Feuerwehrleute waren in jedem der Bundesländer im Einsatz, dazu Dutzende Soldaten. Weil Autobahnen und Ausweichstraßen teils wegen der Überschwemmungen gesperrt waren, kam es zu Staus auf den wichtigsten Transitrouten Richtung Kroatien. (dpa)