Der gemeinsame Gesetzesentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) hat im Februar 2023 für Aufsehen gesorgt. Um Deutschlands Abhängigkeit von fossilen Energien im Gebäudebereich zu überwinden und klimafreundlicher zu werden, soll ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Die Ampel-Koalition hat sich dazu am 28. März 2023 auf ein "Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung" geeinigt. Da es am ursprünglichen Gesetzentwurf des GEG heftige Kritik gab, wurde viel diskutiert, um sich in der Ampel-Koalition auf Nachbesserungen zu einigen. Mit Hilfe von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kam es schließlich zur Einigung auf sogenannte "Leitlinien". Änderungen im Bezug auf Ölheizungen waren allerdings nicht Thema.
Künftig soll unter anderem eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung eingeführt werden, die als Bezugspunkt für verpflichtende Maßnahmen im Bestand mit Übergangsfristen herangezogen werden soll. Solange es diese allerdings noch nicht gibt, sollen die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes beim Heizungsaustausch noch nicht gelten.
Ölheizung jetzt noch einbauen - Experten raten: Das sollten Sie bedenken
Viele Menschen, deren Ölheizung in die Jahre gekommen ist und ohnehin kurz vor einem Austausch steht, fragen sich, ob es sinnig ist, vor der Gesetzesänderung noch schnell eine neue Ölheizung einzubauen. Die Antwort auf diese Frage wird von vielen Faktoren bestimmt. Wir haben mit Experten von Verbraucherzentrale und dem Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern gesprochen, um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern.
Vorweg: Angst, dass eine gut funktionierende Ölheizung, die vielleicht fünf oder zehn Jahre alt ist, wegen der geplanten Gesetzesänderung ausgebaut werden muss, muss niemand haben. "Die GEG-Änderung von der im Referentenentwurf die Rede ist, bezieht sich nicht auf bestehende Heizanlagen, sondern lediglich für Heizungen, die neu eingebaut werden", betont Gisela Kienzle, Diplom-Architektin und Fachberaterin bei der Verbraucherzentrale Bayern.
Unter Zugzwang befinden sich wegen des 1. Januar 2024 zunächst nur Hausbesitzer, deren Öl- oder Gasheizung in die Jahre gekommen ist und die sich in den nächsten Monaten ohnehin mit einem Austausch hätten befassen müssen. Für diese Besitzer gibt es nun drei Möglichkeiten: Sie können eine Hybrid-Lösung wählen, die Heizung komplett austauschen - beispielsweise gegen eine Wärmepumpe - oder noch schnell eine neue Ölheizung einbauen lassen.
Ölheizung noch vor 2024 einbauen: Das raten die Experten
Vielfach wird darauf hingewiesen, dass eine Ölheizung bis zu 30 Jahre betrieben werden kann. Dies bestätigt auch Jörg Schütz, Geschäftsführer des Referats Technik beim Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei Hausbesitzern allerdings angeraten, auf eine effizientere Ölheizung umzusteigen. Bei der Verbraucherzentrale setzt man die Lebensdauer einer Ölheizung etwas niedriger an. "Die durchschnittliche deutsche Heizung wird 17 Jahre alt. Wir gehen davon aus, dass neue Ölheizungen in etwa eine Lebensdauer von 20 Jahren haben werden", sagt Kienzle.
Laut Schütz könne eine klassische Ölheizung momentan durchaus noch beauftragt werden. Wie lange dies noch möglich ist, sei allerdings von den Übergangsfristen des zukünftigen GEG abhängig. "Bisher kannte man in der Gesetzgebung für den Fall der Heizungserneuerung als entscheidenden Zeitpunkt den des Beginns der Bauausführung. Wenn die Neufassung dieses Gesetzes erst mal verkündet worden ist, sind die Fakten hinsichtlich der dann noch zulässigen Standards geschaffen." In diesem Sinne gelte für den Erwerb einer klassischen Öl- und auch Gasheizung, je eher, desto besser - vor allem da die Lieferzeiten für einige der Materialien derzeit teilweise bei über einem Jahr lägen.
Die Entscheidung, jetzt noch schnell vor Januar 2024 eine Ölheizung einbauen zu lassen, sieht die Fachberaterin Kienzle kritisch. "Die Leute müssen sich bewusst machen, dass niemand weiß, was die Zukunft bringt. Wir wissen nicht, ob in zehn Jahren eine neue Gesetzesänderung kommt, die dann radikal sagt, dass alle Ölheizungen verboten sind. Sollte ein solcher Fall eintreten, hat derjenige, der sich jetzt noch für eine Ölheizung entscheidet, eine Fehlinvestition getätigt und zahlt drauf."
Schütz bringt zudem den Havariefall (Totalschaden) bei der Ölheizung ins Spiel. "Hauseigentümer müssen entscheiden, ob sie den Kesseltausch vorziehen, oder dann im Havariefall nach dem 1.1.2024 eine größere Investition auf Grundlage einer Wärmepumpenheizung tätigen."
Seitens der Verbraucherzentrale würde man derzeit nicht mehr zum Einbau einer neuen Ölheizung raten, wenn Alternativen in dem Haus möglich sind. "Öl wird in den nächsten Jahren teurer werden und Öl ist nicht sicher, da Deutschland jederzeit in eine Mangellage geraten kann", mahnt Kienzle.
Allerdings gibt es in ihren Augen auch Ausnahmen. Gerade bei älteren Menschen, die eventuell gerne auf eine Wärmepumpe umrüsten würden, aber kein Darlehen mehr von der Bank erhalten, würde Kienzle eher zum erneuten Einbau einer Ölheizung raten. Ähnliches gilt für Senioren, die nicht wüssten, was nach ihrem Tod mit ihrem Haus geschieht oder Menschen, die das nötige Kapital für einen Austausch momentan nicht zur Verfügung haben.
Gebrauchte Ölheizung anmieten - Chance oder verschleppte Kosten?
Denn der Architektin sind die deutlich höheren Kosten bei der Neuanschaffung im Vergleich Ölheizung und Wärmepumpe durchaus bewusst. Selbst mit der von der Regierung gewährten Förderung von 35 Prozent, legt man bei einer Wärmepumpe für etwa 40.000 Euro im Vergleich zu einer 15.000 Euro teuren Ölheizung noch 11.000 Euro drauf. "Diese Mehrinvestition holt man bei allen Einsparungen durch eine Wärmepumpe nicht mehr rein. Das muss man so ehrlich sagen", sagt Kienzle.
Läuft die derzeit verbaute Ölheizung noch und wird aller Voraussicht nach noch ein paar Jahre ihren Dienst tun, ist die Einschätzung der Fachberaterin klar: "Diesen Hausbesitzern rate ich, noch zwei oder drei Jahre abzuwarten und die Entwicklung auf dem Wärmepumpen-Markt zu beobachten." Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale werde sich der Markt in den kommenden Jahren entspannen, da mehr Hersteller und Firmen auf Wärmepumpen setzen würden. Die Preise würden dann nicht mehr bei 40.000 bis 50.000 Euro rangieren, wie es derzeit in Bayern der Fall ist.
Für finanzielle Engpässe beim Wechsel des Heizungssystems sieht das am 28. März 2023 vorgestellte Paket der Ampel im Übrigen vor, dass Bürger, die kein hohes Einkommen haben und für den Heizungsumbau einen Kredit aufnehmen müssten, finanziell durch Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds entlastet werden sollen.
Eine viel diskutierte Option ist auch, die alte Ölheizung durch eine gebrauchte zu ersetzen oder im Falle eines Totalschadens eine gebrauchte Ölheizung anzumieten. Laut Schütz könne diese Variante über eine begrenzte Zeit helfen. "Diese Möglichkeit soll es, wie durchgedrungen ist, für den Havariefall geben. Also, wenn nach dem 1. Januar 2024 eine Heizung einen Totalschaden erleidet und aufgrund von Liefer- oder Personalengpässen die Heizung nicht sofort erneuert werden kann." In diesem Fall dürfe man sich - nach derzeitigem Stand - wohl bis zu drei Jahre mit einer gebrauchten Anlage behelfen. Dies sei allerdings nur eine Notlösung. "Man sollte, auch hinsichtlich der Inflation, sein Geld am Besten zeitnah in eine Erneuerung der Heizungsanlage oder der Sanierung des Gebäudes stecken und diese nicht verschleppen."
Die Hybrid-Lösung: Ölheizung samt Wärmepumpe
Besitzer, in deren Häusern eine Ölheizung verbaut ist, haben die Möglichkeit, eine kleinere Wärmepumpe installieren zu lassen, um ihre Ölheizung zu unterstützen und die geforderten 65 Prozent Erneuerbare Energien in der Wärmeerzeugung zu erreichen. Laut Kienzle könnten mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe im Schnitt drei Kilowattstunden gewonnen werden, während für den Betrieb eine Kilowattstunde zu berechnen ist. "Durch die Außenluft und ihren Kältemittelkreislauf kann die Wärmepumpe deutlich mehr herausholen und verursacht nur ein Drittel der CO2-Emissionen", erklärt Kienzle die Vorzüge des Systems.
Die Hybridlösung mag sich für viele Verbraucher zunächst verlockend anhören, weil man sich nicht abrupt von der Ölheizung im eigenen Haus verabschieden muss und mit der Wärmepumpe ein Alternativsystem zur Verfügung hat. Jörg Schütz rät, die Entscheidung für eine Hybridlösung von Fall zu Fall zu betrachten. Insbesondere der Dämmstandard des Gebäudes, welche Heizung bereits vorhanden ist, welches Alter die Bewohner des Hauses haben, über welche finanziellen Möglichkeiten sie verfügen und was in Zukunft mit dem Haus geplant ist, spiele eine Rolle. "Es gibt auf jeden Fall viele Situation, in denen sich eine Hybridheizung gut anbietet."
Aus rein wirtschaftlicher Sicht rät Kienzle den Verbrauchern von der Hybridlösung eher ab. "Wir empfehlen Verbrauchern - da wo es geht und sich die Frage des Austausches jetzt stellt - komplett auf eine zentrale Wärmepumpe oder eine Holz-Pellet-Heizung zu wechseln."
Der Grund: Neben den Anschaffungskosten, den derzeitigen Wartezeiten für eine kleine Wärmepumpe und den Wartungs- und Betriebskosen für zwei parallel laufende Systeme kämen die in den nächsten Jahren die durch CO2-Aufschlag höheren Preise für Öl hinzu. Zudem müssten für eine Hybridlösung die technischen Voraussetzungen gegeben sein. "Die Systeme von Ölheizung und Wärmepumpe müssen hydraulisch miteinander kommunizieren können. Bei älteren Ölheizungen kann das problematisch werden oder ist gar nicht möglich", so Kienzle
Stimmen die technischen Voraussetzungen und ist das nötige Geld vorhanden, müsse die Zeit bis die Ölheizung außer Betrieb geht genutzt werden, um das Haus energetisch zu sanieren. "Hausbesitzer müssten sich dann die Fenster ansehen oder beispielsweise die Geschossdecke oder Kellerdecke auslegen. Die Idee ist dann: "Ich dämme das Gebäude in dieser Übergangszeit von ein paar Jahren und wenn die Ölheizung dann außer Betrieb geht, reicht mir die kleinere Wärmepumpe aus, um mein komplettes Haus zu beheizen."
Wer genau herausfinden will, ob sich der Einbau einer Pellet-Heizung oder einer Wärmepumpe bei ihm derzeit lohnt, kann jederzeit das 45-minütige kostenlose Beratungsangebot der Verbraucherzentrale in Anspruch nehmen.
Übrigens: Smarte Thermostate können beim Sparen von Heizkosten helfen - ein Einbau kann sich lohnen. Wer im Frühling die Heizung schon ausschalten will, sollte hingegen einiges bedenken.