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Hans Rosenthal zum 100. Geburtstag: So entstand der „Dalli Dalli“-Spruch „Das ist spitze!“

Interview

Rosenthal-Tochter: „Ich fand ,Dalli Dalli‘ ein wenig albern“

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    Entertainer Hans Rosenthal während einer „Dalli Dalli“-Sendung im Jahr 1978. Er ist noch heute überaus beliebt.
    Entertainer Hans Rosenthal während einer „Dalli Dalli“-Sendung im Jahr 1978. Er ist noch heute überaus beliebt. Foto: Istvan Bajzat, dpa

    Frau Hofmann, Herr Rosenthal, am 2. April wäre Ihr Vater Hans 100 Jahre alt geworden. Wenn Sie die Möglichkeit hätten, ihm noch eine Frage zu stellen: Wie würde diese lauten?
    GERT ROSENTHAL: Hast du ’ne Idee?
    BIRGIT HOFMANN: Nein, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Das kann man nicht so aus der Pistole geschossen beantworten…

    Wie haben Sie ihn in Erinnerung?
    ROSENTHAL: Man muss da unterscheiden: Einerseits war er für uns ja der Vater und andererseits die Person, die im Fernsehen aktiv war. Ich habe es geliebt, bei Sendungen dabei zu sein. Da war eine sehr positive Atmosphäre, und er machte einen lockeren Eindruck, obwohl er sich schon sehr akribisch auf seine Arbeit vorbereitet hat. Meine Schwester kann dazu noch mehr sagen, denn sie hat für ihn als Assistentin in verschiedenen Sendungen gearbeitet.
    HOFMANN: Ja, vor allem für eine Radiosendung habe ich ihn über mehrere Jahre regelmäßig getroffen. Da wohnte ich selbst schon nicht mehr in Berlin und habe ihm bei einer Live-Sendung zugearbeitet, indem ich immer zur rechten Zeit die richtigen Papiere rüberschieben musste. Auch sonst hat es mich schon beeindruckt, was mein Vater alles hinter den Kulissen gemacht hat. Das kam bei einer Sendung wie „Dalli Dalli“ gar nicht zum Tragen. Ich glaube, er hatte große Fähigkeiten als Regisseur. Er erkundigte sich immer genau, ob Bild und Ton stimmen. Wenn er älter geworden wäre, hätte er am Ende meiner Meinung nach eher hinter der Kamera gearbeitet. Ich war sowieso nicht der größte Fan von „Dalli Dalli“, weil ich die Sendung ein wenig albern fand. Aber mein Vater stand dahinter, obwohl seine Fähigkeiten weit darüber hinausgingen, als auf der Bühne zu stehen und zu hüpfen.

    Wie kam es zu dem berühmten Sprung und dem legendären Satz „Das war spitze!“ in „Dalli Dalli“?
    HOFMANN: Mein damaliger Ehemann hat immer gesagt: „Das ist spitze.“ Mein Vater hat sich erst darüber lustig gemacht. Am Ende hat er ihm die Idee für fünf Pfennig abgekauft. Wie es zu dem Sprung kam und zum Einfrieren des Bildes, weiß ich nicht.
    ROSENTHAL: Dass man jemanden so „einfrieren“ konnte, war damals noch sehr ungewöhnlich. Das war auch technisch gar nicht so einfach, dass man den richtigen Moment erwischt hat. Ich glaube, ihm hat das damals gut gefallen.

    Darf ich nochmals kurz zur familiären Seite Ihres Vaters kommen?
    ROSENTHAL: Gerne. Mein Vater hat früh seine eigene Familie verloren und legte selbst sehr viel Wert darauf, dass die Familie zusammen ist. Er ist gerne mit uns verreist. Aber obwohl er es liebte, mit uns zusammen zu sein, hatte er gar nicht so viel Zeit dazu. Denn er war viel unterwegs. Wenn er aber da war, hatte er auch Zeit und hat mit uns teilweise bis in die Nacht hinein diskutiert.

    Florian Lukas als Hans Rosenthal in der „Dalli Dalli“-Kulisse. Der Film spielt im Jahr 1978.
    Florian Lukas als Hans Rosenthal in der „Dalli Dalli“-Kulisse. Der Film spielt im Jahr 1978. Foto: ZDF/Ella Knorz

    Das ZDF widmet ihm nun einen „Fernsehfilm der Woche“. Darin wird Hans Rosenthal von einer bisher unbekannten Seite gezeigt – und zwar im Zwiespalt zwischen Showgeschäft und seiner Biografie als Holocaust-Überlebender. Wie fanden Sie als seine Kinder diese Idee?
    HOFMANN: Wir haben uns wirklich sehr gefreut, dass auch nach so langer Zeit noch Leute an unseren Vater denken und einen Film darüber drehen. Das ist eine tolle Sache. Und das in Zeiten, in denen der Antisemitismus wieder aufkommt.
    ROSENTHAL: Ich glaube, auch er hätte sich darüber gefreut. Dabei hat er selbst nie geglaubt, dass er so lange im Gedächtnis bleibt. Als er vor seinem Tod schon im Krankenhaus war, hat er einmal zu mir gesagt: „Gert, man wird mich schnell vergessen, denn Quizsendungen werden, anders als bei einem Schauspieler die Filme, ja nicht wiederholt.“ Dass so lange nach seinem Tod noch einmal auf ihn hingewiesen wird, hätte er nie geglaubt. Ich meine aber trotzdem: Er hat es verdient.

    Ihr Vater hat den Holocaust nur knapp überlebt. Haben Sie zu Hause darüber gesprochen?
    HOFMANN: Oh, das spielte im Alltag gar keine Rolle. Er hat mit uns darüber nicht gesprochen. Wir wussten zwar um die Hintergründe, haben diese aber zu Hause nie diskutiert.

    Wie war Ihr Vater daheim, wenn die Studioscheinwerfer aus waren? War er da auch so ein heiterer Mensch oder hatte er eine melancholische Seite? Und: Hatten Sie eine glückliche Kindheit?
    HOFMANN: Unbedingt. Wir hatten eine sehr glückliche Kindheit. Melancholisch habe ich meinen Vater eigentlich kaum erlebt. An und für sich war ein lustiger, schlagfertiger und freundlicher Mensch.
    ROSENTHAL: Und er hat gerne gespielt. Ob Fußball, Tischtennis, Kickern, Kartenspielen, Schach – er hat das alles sehr gemocht. Für uns Kinder war das perfekt.
    HOFMANN: Bei Kindergeburtstagen hat er alle unterhalten und hat den Zampano gegeben.

    Können Sie sich seine ungeheure Popularität erklären? Heute kommen und gehen die TV-Moderatoren, Ihr Vater hat nach 50 Jahren noch jede Menge Fans.
    HOFMANN: Ich vermute, die jungen Leute wissen gar nichts mehr von ihm. Aber die ältere Generation erinnert sich tatsächlich noch.

    Ihr Vater war zu seiner Zeit bekannter als Helmut Kohl. Wie wirkte sich das auf Sie aus?
    ROSENTHAL: Wir haben davon eigentlich nicht viel gemerkt. Nur ab und zu wurde ich veralbert wegen des „Spitze“-Sprunges. Darum habe ich ihn auch gebeten, ob er den sein lassen könnte. Aber er stand dazu.
    HOFMANN: Ich habe schon versucht, mich davon abzugrenzen. Denn es ist nicht unbedingt schön, wenn man immer nur als „Tochter von“ wahrgenommen wird. Das ist bis heute leider so. Aber ich habe inzwischen meinen Frieden damit gemacht. Als ich jung war, wollte ich allerdings ich selbst sein und eben nicht „die Tochter von“. Auch darum habe ich relativ früh geheiratet, um diesen Namen ablegen zu können. Andererseits war ich stolz auf meinen Vater. Ich habe ihn beobachtet und fand schon toll, was er gemacht hat.

    Frau Hofmann, Sie haben später Mathematik studiert und nach einem Zweitstudium Volkswirtschaft einige Jahre in Griechenland gelebt. Haben Sie es bereut, nicht beim Fernsehen geblieben zu sein?
    HOFMANN: Es war nie meine Absicht, in die Medienbranche zu gehen, obwohl mir die Arbeit Spaß gemacht hat. Ich wollte aus den gerade beschriebenen Gründen nicht in seinen Schuhen laufen, und ein Mathematikstudium war dazu sehr gut. Vielleicht wäre ich zu den Medien gegangen, wenn mein Vater dort nicht gearbeitet hätte.

    Sie sind in Berlin aufgewachsen, Herr Rosenthal, und arbeiten nach Abitur, Banklehre und Studium der Rechtswissenschaften als Rechtsanwalt und Notar. Sie hatten aber früher auch Kontakt zur Showbranche, waren beim RIAS und wirkten bei Hörspielen mit. Warum sind Sie diesen Weg nicht weitergegangen?
    ROSENTHAL: Mir hat das tatsächlich viel Spaß gemacht, und ich bewege mich heute noch gerne in diesen Kreisen am Set. Früher hätte ich mir das auch vorstellen können, aber es war am Ende nicht mein Weg. Und irgendwie wäre es auch ein Hinterherlaufen gewesen. Ich wäre sofort von den Medien kommentiert worden, und wenn ich anfangs nicht gut gewesen wäre, wäre ich wohl ziemlich zerrissen worden. Das wollte ich mir ersparen. Ich bewundere aber die Kinder, die den gleichen Weg wie ihre Eltern gehen – gerade in öffentlichkeitsrelevanten Berufen.

    Wenn Sie heute die politische Entwicklung in Deutschland und anderen Ländern und ein Wiedererstarken des Faschismus beobachten: Was empfinden Sie dabei?
    ROSENTHAL: Wir beide finden die Art der Diskussion um Migranten furchtbar. Es wäre schön, wenn mehr an der Sache gearbeitet würde, als sich gegenseitig zu beschimpfen. Wir beide sind auch der Meinung, dass die AfD furchtbar ist und mit ihr nicht zusammengearbeitet werden darf.

    Was würde Ihr Vater dazu sagen?
    HOFMANN: Er hätte es schrecklich gefunden. Und wenn er ein Forum hätte, würde er es nutzen, um dagegen auf seine Weise etwas dazu zu sagen. Wenn auch selten, so hat er sich ja sogar in seinen „Dalli Dalli“-Sendungen zu solchen Themen geäußert. Er war immer ein politischer Mensch und hätte an solchen Themen großen Anteil genommen. Bestimmt hätte er jetzt etwas gesagt.

    Würden Sie sich wünschen, dass „Dalli Dalli“ noch eine Renaissance erlebt?
    HOFMANN: Nein, eigentlich nicht. Ich fand gut, was war und dabei könnte es auch bleiben. Ich glaube, mein Bruder sieht das etwas anders als Vorsitzender der Hans-Rosenthal-Stiftung, die nach wie vor im Gedächtnis an meinen Vater Menschen unterstützt.
    ROSENTHAL: Vater hat einmal gesagt, eine Sendung muss so sein, dass in dem Moment, in dem sie zu Ende ist, die Zuschauer sagen: „Schade, schon vorbei!“ Heute sind diese Sendungen teilweise bis zu 180 Minuten, da geht es für mich vorm Fernseher eher ums Überleben. Daher finde ich Revival-Sendungen schön. Jede Woche eine Show, das wäre, glaube ich, nicht gut.

    Familie war Hans Rosenthal, hier mit seinen Enkelkindern, sehr wichtig. Auch, weil er selbst die Judenverfolgung als einziger aus seiner Familie überlebt hatte.
    Familie war Hans Rosenthal, hier mit seinen Enkelkindern, sehr wichtig. Auch, weil er selbst die Judenverfolgung als einziger aus seiner Familie überlebt hatte. Foto: ZDF/privat

    Zur Person

    Hans Rosenthals Tochter Birgit wurde 1950, sein Sohn Gert 1958 geboren. Der jüdische Quizmaster starb 1987 mit 61 Jahren an den Folgen von Magenkrebs. Das ZDF zeigt den Film „Rosenthal“ – ein Drama nach wahren Begebenheiten mit Florian Lukas in der Hauptrolle – am 7. April um 20.15 Uhr. Im Anschluss ist das Porträt „Hans Rosenthal – Zwei Leben in Deutschland“ zu sehen.

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