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Hamburg: Schüsse in Alsterdorf in Kirche der Zeugen Jehovas - was bisher bekannt ist

Amoklauf in Hamburg

Schüsse in Hamburg: Was wir über die Tat wissen – und was nicht

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    Vor der Kirche der Zeugen Jehovas in Alsterdorf sind Polizisten und Rettungskräfte im Einsatz.
    Vor der Kirche der Zeugen Jehovas in Alsterdorf sind Polizisten und Rettungskräfte im Einsatz. Foto: Jonas Walzberg, dpa

    Zahlreiche Schüsse, Tote und Verletzte. Hubschrauber in der Luft, Polizeiboote auf der Alster und Spezialkräfte mit Maschinenpistolen auf den Straßen. In Hamburg herrschte am späten Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag nach Schüssen in einem Gemeindehaus Ausnahmezustand. "Wir verspüren ein Gefühl tiefer Trauer. Wir fühlen mit den Angehörigen der Opfer und denken an die Verletzten. Wir hoffen, dass sie alle überleben und es ihnen bald besser geht", sagte Andy Grote, Hamburger Senator für Inneres und Sport, am Freitag bei einer Pressekonferenz: "Es ist die schlimmste Straftat in der jüngeren Geschichte dieser Stadt."

    Am Tag nach der Tat kommen immer mehr Details ans Licht. Wir fassen zusammen, was bislang bekannt ist. Und was nicht.

    Schüsse in Hamburg: Was ist in Alsterdorf passiert?

    Kurz nach 21.00 Uhr fielen am Donnerstag im Hamburger Stadtteil Alsterdorf Schüsse. Mittlerweile ist klar, dass alle Schüsse von einer Person abgegeben wurden. Die Amoktat ereignete sich in einem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas. Genauer gesagt im "Königreichssaal" des unscheinbaren Gebäudes, in dem regelmäßig Gottesdienste abgehalten werden. Laut der Website der Gemeinde fand in diesem ab 19 Uhr eine von zwei wöchentlichen Zusammenkünften statt. Die Polizei erklärte, dass zum Zeitpunkt der Tat etwa 50 Personen anwesend waren.

    Bei der Amoktat kamen insgesamt acht Menschen ums Leben, darunter der mutmaßliche Schütze. "Bei den Todesopfern handelt es sich um vier Männer und zwei Frauen im Alter von 33 bis 60 Jahren und um einen weiblichen Fötus im Alter von 28 Wochen. Alle Todesopfer sind deutscher Staatsangehörigkeit. Sie starben jeweils durch Schusseinwirkung", erklärte Thomas Radszuweit, Leiter Staatsschutz: "Es wurden sechs Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 23 und 46 Jahren verletzt. Sechs sind deutscher Staatsangehörigkeit, je eine Frau ist ugandischer und ukrainischer Staatsangehörigkeit. Vier von ihnen wurden lebensbedrohlich verletzt, teilweise durch multiple Schussverletzungen."

    Amoktat in Gemeindehaus der Zeugen Jehovas: Wer ist der Täter?

    Ein Sprecher der Polizei gab zunächst bekannt, dass es keine Hinweise auf einen flüchtigen Täter gibt. Die Einsatzkräfte hatten im oberen Stockwerk einen weiteren Toten gefunden. Bei diesem handelte es sich um den mutmaßlichen Täter, der sich selbst richtete, als die Einsatzkräfte eintrafen.

    Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um den 35 Jahre alten Philipp F., der tot aufgefunden wurde. Er besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, stammt aus dem Allgäu. Nach eigenen Angaben ist er in Memmingen geboren und in Kempten aufgewachsen. "Er war ledig, lebte und arbeitete seit 2014 in Hamburg", erklärte Radszuweit: "Bei Philipp F. handelt es sich um ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde der Zeugen Jehovas, der die Gemeinde vor etwa eineinhalb Jahren freiwillig, aber offenbar nicht im Guten verlassen hat."

    Bei dem mutmaßlichen Amokschützen von Hamburg soll es sich um Philipp F. handeln, der aus dem Allgäu stammt.
    Bei dem mutmaßlichen Amokschützen von Hamburg soll es sich um Philipp F. handeln, der aus dem Allgäu stammt. Foto: AZ

    Der mutmaßliche Täter "verfügte über eine waffenrechtliche Erlaubnis als Sportschütze und war daher im legalen Besitz einer Schusswaffe des Typs Heckler & Koch E30", sagte Radszuweit. Bei der Schusswaffe handelt es sich um die Tatwaffe. Er hatte die waffenrechtliche Erlaubnis als Sportschütze erlangt. Mit dieser hatte F. zahlreiche Schüsse abgegeben, wie Radszuweit schildert: "Am Tatort wurden neun leere Magazine aufgefunden. Weitere 20 Magazine führte er in einem Rucksack bei sich, zwei führte er am Mann. In seiner Wohnung konnten weitere 15 gefüllte Magazine und weitere 200 Schuss Munition sichergestellt werden. Jedes der Magazine umfasst bis zu 15 Schuss."

    Der mutmaßliche Todesschütze war nicht als Extremist bekannt. Er hat keinen kriminellen Hintergrund, tauchte aber in der Datenbank der Sicherheitsbehörden auf. Das liegt daran, dass er seit Ende 2022 eine waffenrechtliche Erlaubnis besaß.

    Einsatzkräfte der Polizei vor der Kirche in Alsterdorf.
    Einsatzkräfte der Polizei vor der Kirche in Alsterdorf. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    Schüsse in Hamburg: Gibt es Hinweise auf ein Motiv für die Bluttat?

    Die Polizei ist sich sicher, dass es sich um eine Amoktat handelt. Am Mittag gaben Staatsschutz und Polizei in Hamburg bekannt, dass F. die Zeugen Jehovas vor eineinhalb Jahren offenbar nicht im Guten verließ. Es gab zudem im Januar einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung, die bei der Waffenbehörde einging. Intention des Schreibens war, F.s waffenrechtliche Eignung überprüfen zu lassen. Darin stand auch, dass F. wohl eine besondere Wut auf religiöse Anhänger hege, auch auf die Zeugen Jehovas. Bei einer unangekündigten Kontrolle bei F. gab es jedoch keine Beanstandungen. Er soll kooperiert haben.

    Nach Schüssen in Hamburg-Alsterdorf: Ist die Lage unter Kontrolle?

    "Um 21.04 Uhr hatten wir bei der Feuerwehr und in der Polizeizentrale insgesamt 47 Notrufe", sagte Matthias Tresp, Leiter Schutzpolizei: "Sie haben sehr klar auf ein Ereignis hingewiesen, dass Schüsse gefallen sind. Wir wussten zunächst nicht detailliert, um was es sich handelt."

    Das Polizeipräsidium liegt in der Nähe, außerdem war eine Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen (USE) zufällig in der Nähe. Dabei handelt es sich um eine noch recht junge Spezialeinheit, welche beispielsweise bei einem Amoklauf zum Einsatz kommen soll. Die Einsatzkräfte betraten kurz nach dem Eingang des Notrufes das Gebäude und fanden mehrere leblose Personen vor. Sie hatten offenbar alle Schussverletzungen. Während ihres Einsatzes hörten die Beamten wohl noch einen weiteren Schuss.

    Die Polizei sprach schnell von einer "Großlage". Über eine Katastrophen-Warn-App wurde für die Bevölkerung eine Warnung vor "extremer Gefahr" herausgegeben. Die Polizei rief dazu auf, das betroffene Gebiet zu meiden und "sofort Schutz in einem Gebäude" zu suchen: "Telefonieren Sie nur im äußersten Notfall, damit die Leitungen nicht zusammenbrechen."

    In der Nacht um kurz nach 3 Uhr wurde die Warnung wieder aufgehoben. Am Tatort waren am Freitagmorgen noch immer zahlreiche Einsatzkräfte. Die Lage war unter Kontrolle, was vor allem mit dem mutmaßlichen Täter zu tun hat.

    Hamburg: Schüsse bei Zeugen Jehovas – gibt es Zeugen der Tat?

    Das Blutbad ereignete sich in einem Gebäude, welches sich in einem Wohngebiet befindet. Es gibt viele Menschen, welche die Schüsse gehört und den Großeinsatz verfolgt hatten. Außerdem gibt es Überlebende, die während der Schießerei im "Königreichssaal" der Gemeinde waren. 17 Teilnehmer der Zusammenkunft wurden nach dem Vorfall in einem Großraumrettungswagen der Feuerwehr betreut.

    Die Bild zitiert eine Nachbarin wie folgt: "Es waren ungefähr vier Schussperioden. In diesen Perioden fielen immer mehrere Schüsse, etwa im Abstand von 20 Sekunden bis einer Minute. Ich habe dann weiter aus dem Fenster geschaut und bei den Zeugen Jehovas eine Person ganz hektisch vom Erdgeschoss ins erste Geschoss laufen sehen."

    Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schrieb auf Twitter von einer "erschütternden Meldung". Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) twitterte: "Mein tiefes Mitgefühl gilt den Familien & Freunden der Opfer. Dank an alle Einsatzkräfte, die mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter & der Aufklärung dieser grausamen Tat arbeiten." 

    Nach Blutbad in Gemeindehaus: Wer sind die Zeugen Jehovas?

    Bei den Zeugen Jehovas handelt es sich um eine christliche Gemeinschaft, welche mit einer eigenen Bibel-Auslegung auffällt. Sie glauben an Jehova als "allmächtigen Gott und Schöpfer" und unterwerfen sich teils strengen Vorschriften. Die Glaubensgemeinschaft ist davon überzeugt, dass es bald eine neue Welt geben wird, in welcher sie als auserwählte Gemeinde gerettet wird.

    Die Zeugen Jehovas haben weltweit rund acht Millionen Mitgliederinnen und Mitglieder. Als Zentrum gilt New York. In Deutschland zählt die Gemeinschaft etwa 175.000 Mitgliederinnen und Mitglieder, womit sie zu den größten Europas gehört.

    Die Gemeinde in Alsterdorf erfreute sich offenbar eines regen Zulaufs. Anwohner erinnerten sich nach der Bluttat, dass die Veranstaltung zumeist gut besucht gewesen seien. 

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