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Großbritannien: Pflegepersonal in Großbritannien will für mehr Gehalt streiken

Großbritannien

Pflegepersonal in Großbritannien will für mehr Gehalt streiken

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    Schon jetzt machen Briten bei Demonstrationen auf die Probleme des NHS aufmerksam. Bald streiken auch die Beschäftigten.
    Schon jetzt machen Briten bei Demonstrationen auf die Probleme des NHS aufmerksam. Bald streiken auch die Beschäftigten. Foto: Danny Lawson

    Ellie McNicol ist noch nicht lange in der Pflege tätig, hat aber bereits genug gesehen, um zu wissen, dass sich die Dinge ändern müssen. „Wegen des Personalmangels passieren viele unnötige Fehler“, sagt die 22-Jährige, die an der University of Bristol studiert. „Wenn es mir nicht so wichtig wäre, Menschen zu helfen, würde ich in Erwägung ziehen aufzuhören.“ Wie McNicol wollen viele Pflegerinnen und Pfleger auf die Zustände in britischen Krankenhäusern aufmerksam machen. Sie wollen deshalb zum ersten Mal in der Geschichte Großbritanniens in den Streik treten. „Die hart arbeitenden Helden des Krankenhauses haben beschlossen, dass sie für ihre Leistungen mehr wollen als nur Applaus“, titelte die Zeitung

    Metro

    zuletzt.

    „Aus Wut werden nun Taten. Unsere Mitglieder haben genug“, betonte Pat Cullen, Geschäftsführerin der zuständigen Gewerkschaft „Royal College of Nursing“ (RCN) mit rund 300.000 Mitgliedern. Mit den Arbeitsniederlegungen in vielen Krankenhäusern des Landes wird Ende des Jahres gerechnet. Die Angestellten fordern ein Gehaltsplus von fünf Prozentpunkten über der Inflationsrate. Diese liegt derzeit bei zwölf Prozent.

    Das Einstiegsgehalt für eine Krankenschwester beträgt umgerechnet rund 30.000 Euro pro Jahr. Es sei insbesondere die schlechte Bezahlung, die die Menschen veranlasse, den NHS zu verlassen, betont die Gewerkschaft. Im vergangenen Jahr kehrten nach Angaben der Institution für Pflege- und Hebammenberufe „Nursing and Midwifery Council“ 25.000 Pflegekräfte dem NHS den Rücken.

    Das britische Gesundheitssystem ist massiv unterfinanziert

    Das System sei seit Jahren unterfinanziert, erklären Experten. Hinzu kommen strukturelle Probleme im Management sowie die Auswirkungen des Brexit und der Pandemie. Beides habe dazu geführt hat, dass viele Europäer das Land verlassen haben und nicht zurückkamen – darunter auch viele Pfleger.

    Die Auswirkungen für Patientinnen und Patienten sind fatal. Die Zahl der Menschen, die allein in England auf eine Behandlung warten, hat im August mit sieben Millionen ein Rekordhoch erreicht, auch weil der NHS darum kämpft, den pandemiebedingten Versorgungsrückstand aufzuarbeiten.

    Im Durchschnitt müssen die Briten 41 Minuten auf einen Krankenwagen warten

    Statistiken zeigen, dass die durchschnittliche Wartezeit auf einen Krankenwagen bei einem Notruf im Fall von Verbrennungen, Epilepsie oder bei einem Schlaganfall 41 Minuten und 18 Sekunden beträgt. 2018 waren es im Schnitt noch rund 20 Minuten. Ähnlich angespannt ist die Lage in den Notaufnahmen. Rund ein Drittel der Patienten mussten zuletzt über vier Stunden ausharren, einige sogar bis zu zwölf Stunden.

    Eine Hauptursache dafür ist der Mangel an Betten für Patienten in den Krankenhäusern. Laut einer Analyse der Denkfabrik King’s Fund sank deren Zahl in den vergangenen zehn Jahren um elf Prozent. In Europa hat Experten zufolge nur Schweden weniger Betten pro Kopf. Zusätzlich erschwert wird die Lage dadurch, dass ältere Patientinnen und Patienten nicht entlassen werden können, weil nicht genug Plätze in Pflegeeinrichtungen vorhanden sind.

    Angesichts der enormen Herausforderungen steht der NHS auch für den neu gewählten Premierminister Rishi Sunak weit oben auf der Agenda. Auf die versprochenen umgerechnet 570 Millionen Euro, mit denen die konservative Regierung die Lage in den Kliniken fürs Erste verbessern wollte, warten viele Häuser, auch bedingt durch das anhaltende Chaos in Westminster, nach wie vor vergeblich.

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