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Großbritannien: Die Polizei in London stürzt von einem Skandal in den nächsten

Großbritannien

Die Polizei in London stürzt von einem Skandal in den nächsten

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    Nichts als Probleme bei der Metropolitan Police in London. Aber die Führung bekommt sie nicht in den Griff.
    Nichts als Probleme bei der Metropolitan Police in London. Aber die Führung bekommt sie nicht in den Griff. Foto: Alastair Grant, AP/dpa

    Im Juli 2021 betrat eine Frau eine Polizeiwache in Sussex im Süden Englands – nur einen Tag, nachdem ein Polizist zugegeben hatte, die 33-jährige Londonerin Sarah Everard entführt, vergewaltigt und ermordet zu haben. Ein Fall, der in Großbritannien für viel Aufsehen und Proteste sorgte. Die Frau sagte den Beamten auf der Wache, dass auch sie missbraucht worden sei, ebenfalls von einem Polizeibeamten und wie der Kollege Mitglied einer Eliteeinheit zum Schutz von Abgeordneten und Diplomaten in London.

    Die Metropolitan Police schränkte seine Aufgaben zunächst ein, schickte ihn dann aber wieder in den regulären Dienst, nachdem die traumatisierte Frau ihre Anzeige zurückgezogen hatte, aus Angst, dass man ihr keinen Glauben schenken würde. Ein genauerer Blick in seine Akte hätte die Beamten jedoch alarmieren müssen. Schließlich hatten Frauen in den Jahren zuvor immer wieder schwerwiegende Anschuldigungen gegen den Polizisten erhoben: wegen häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und Belästigung. Gestoppt wurde der heute 48-Jährige jedoch erst im Oktober 2021, nach einer weiteren Anzeige.

    Die Polizei in London hätte viel früher eingreifen müssen

    Nun wurde nicht nur das erschreckende Ausmaß seiner Taten bekannt, sondern auch, dass die „Met Police“ viel früher hätte einschreiten können, womöglich sogar müssen. Diese Woche bekannte sich der Mann vor einem Londoner Gericht zu insgesamt 49 Straftaten, darunter 24 Vergewaltigungen, über einen Zeitraum von insgesamt 18 Jahren. Der Polizist wäre damit einer der schlimmsten Serien-Vergewaltiger in der Geschichte des Landes. 

    Die stellvertretende Präsidentin der Metropolitan Police, Barbara Gray, entschuldigte sich bei den betroffenen Frauen: „Wir hätten das Muster missbräuchlichen Verhaltens erkennen müssen“, räumte sie ein. Schließlich ist das Problem nicht neu – im Gegenteil. Schon die Vergewaltigung und Ermordung von Sarah Everard im März 2021 durch einen Polizisten in London löste eine landesweite Debatte über die Sicherheit von Frauen aus. Das Vertrauen in die Staatsgewalt wurde schwer erschüttert. 

    Die Spitze der „Met Police“ versprach damals Besserung, schnelle Maßnahmen. Doch in den Griff hat sie ihre mehr als 30.000 Beamten seitdem offenbar nicht bekommen, wie der jetzige belegt. Er sorgt für Entsetzen. „Wie viele Monster in Uniform gibt es?“, will die Boulevardzeitung Daily Mail wissen. „Eine Schande für die Met“, titelt der Independent. „Das ist der Tiefpunkt“, kommentiert die Tageszeitung Evening Standard die Lage.

    Die britische Innenministerin Suella Braverman erhöht den Druck

    Dass diese höchst bedenklich ist, bestätigt auch ein im Oktober veröffentlichter Bericht der Aufsichtsbehörde HMICFRS, für den hunderte Akten ausgewertet wurden. „Es sind einfach die falschen Leute, die der Polizei beitreten“, betonte HMICFRS-Inspektor Matt Parr damals. Vorstrafen seien bei der Einstellung ignoriert worden, Beamte wurden trotz Beschwerden wegen Fehlverhaltens befördert. Zudem seien Rassismus und Frauenfeindlichkeit in der Londoner Polizei tief verwurzelt.

    Die britische Innenministerin Suella Braverman forderte den „Met Police“-Chef Mark Rowley diese Woche dazu auf, die Situation endlich in den Griff zu bekommen. „Veränderungen sind erforderlich, und zwar jetzt.“ Dieser gab zu, dass es „nicht vertretbar“ sei, dass der Beamte weiter im Dienst blieb, auch nachdem er der Vergewaltigung beschuldigt worden sei. In einer Erklärung verwies er auf die Maßnahmen, die die Londoner Polizei seitdem ergriffen habe. So sei unter anderem eine neue Einheit zur Bekämpfung von Korruption und Missbrauch innerhalb der „Met Police“ eingerichtet worden. 

    Rowley hatte sich seit seinem Amtsantritt im Sommer vergangenen Jahres 100 Tage Zeit gegeben, um die Lage zu verbessern, stößt dabei jedoch an seine Grenzen. So berichtete er, dass er auffällige Polizisten beschäftigen müsse, weil er sie aufgrund rechtlicher Hürden nicht von ihrem Amt entbinden könne. Experten sehen deshalb die Polizeiführung in der Pflicht, fordern jedoch auch, dass die Politik den Weg für Verbesserungen ebnet.

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