Es ist die größte Evakuierungsaktion Griechenlands in Friedenszeiten: Rund 20.000 Einwohner und Touristen mussten seit Samstag ihre Wohnungen und Hotelzimmer im Südosten der Insel Rhodos verlassen. Dort breiteten sich die am vergangenen Mittwoch ausgebrochenen Waldbrände immer weiter aus. Die meisten Menschen wurden mit Reisebussen in den Norden der Insel gefahren. Dort verbrachten sie die Nacht auf Pritschen und Matten in Turnhallen und Schulen sowie in Hotels, die nicht gefährdet sind. Vielerorts im Süden waren die Straßen unpassierbar.
Brand auf Rhodos: Hunderte Feuerwehrleute im Einsatz, Boote evakuieren
Mehrere tausend Touristen wurden mit Booten der Küstenwache, Fischkuttern und Ausflugsbooten übers Meer evakuiert, so am Strand des Ferienorts Gennadi. Eine Reederei stellte ein Fährschiff für die Unterbringung Evakuierter zur Verfügung. Aber weil es nicht genug Unterkünfte gab, verbrachten viele Menschen die Nacht im Freien.
270 Feuerwehrleute kämpften mit dutzenden Fahrzeugen, zehn Löschflugzeugen und fünf Hubschraubern gegen die Flammen. Wegen des unwegsamen Geländes und der hohen Temperaturen von bis zu 40 Grad ist es jedoch äußerst schwierig, die Brände unter Kontrolle zu bringen. Die Feuer tobten am Sonntag an drei Fronten beim Ferienort Kiotari, dem Dorf Apollona und in der Gegend um den Stausee Gadoura.
Nach einer tagelangen Hitzewelle sind die griechischen Wälder ausgedörrt. Schon ein weggeworfener Zigarettenstummel oder der Funkenflug eines Traktors können eine Katastrophe auslösen. In weiten Teilen Griechenlands galt am Sonntag die höchste Waldbrandgefahrenstufe. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis machte sich am Sonntag im Krisenzentrum des Zivilschutzes ein Bild der Lage. Aus Athen wurden mit einem Transportflugzeug der griechischen Luftstreitkräfte zusätzliche Polizeikräfte nach Rhodos geflogen. Sie sollen bei den Evakuierungen helfen.
Nach Angaben der Behörden sind von den Evakuierungen bisher etwa zehn Prozent der Touristenunterkünfte auf Rhodos betroffen. Am späten Samstagabend ordneten die Behörden auch die Räumung von Hotels im beliebten Badeort Lindos an der Ostküste an. Einheimische und Urlauber der vorsorglich evakuierten Regionen wurden durch ein lautes Sirenensignal und eine SMS auf ihren Mobiltelefonen alarmiert. Dieses in Griechenland vor drei Jahren eingeführte Warnsystem für den Katastrophenfall funktioniert auch auf ausländischen Mobiltelefonen, sofern sie im griechischen Netz eingeloggt sind. Eine App muss man dafür nicht extra installieren.
Waldbrand in Griechenland: Faliraki, Ammoudes und Ialysos nicht gefährdet
Der Norden der Insel mit der Hauptstadt Rhodos sowie den beliebten Urlaubsorten Faliraki, Ammoudes und Ialysos gelten bisher als nicht gefährdet. Auch der Flughafen von Rhodos liegt außerhalb der Gefahrenzone. Dort landeten am Sonntag planmäßig zahlreiche Ferienflieger mit Neuankömmlingen. Zugleich suchten aber Urlauber, die ihre Hotels wegen der Brände verlassen mussten, nach Rückreisemöglichkeiten. Auf Rhodos halten sich derzeit etwa 200.000 ausländische Urlauber auf. Von den Evakuierungen sind bisher nach Schätzungen der Behörden etwa 10.000 Feriengäste betroffen. Viele von ihnen versuchen jetzt, vorzeitig abzureisen. Die Organisation der Rückflüge liegt bei den Reiseveranstaltern und den von ihnen beauftragten Fluggesellschaften. Das griechische Außenministerium hat jedoch einen eigenen Krisenstab eingerichtet, der ausländischen Urlaubern helfen soll. Dafür wurde in Athen eine Hotline geschaltet: +30 210-3681730. Außerdem richtete das Außenministerium am Flughafen von Rhodos einen Helpdesk ein. Hier sollen unter anderem Urlauber betreut werden, die während der Evakuierungen ihre Reisedokumente verloren haben.
In vielen Gebieten Griechenlands stöhnten die Menschen am Sonntag unter extremer Hitze. In Athen, Thessalien und auf der Halbinsel Peloponnes stieg das Thermometer auf 44 Grad. Das Land erlebt die größte Hitzewelle seit 50 Jahren. Sie dauert bereits seit zehn Tagen an, und ein Ende ist nicht in Sicht: Für den kommenden Mittwoch erwarten die Meteorologen erneut rekordverdächtige Temperaturen.