Eigentlich sollte der Musiker Gil Ofarim in der kommenden Woche vor Gericht stehen. Doch jetzt ist der Prozess wegen Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Leipziger Hotel vorerst geplatzt. Die geplanten Termine zur Hauptverhandlung vom 24. Oktober bis Ende November seien aufgehoben worden, teilte das Landgericht Leipzig am Montag mit. Der Schritt wird mit einer Fürsorgepflicht für den Angeklagten begründet. Es benötige noch Zeit, über die offenen Rechtsmittel der Verteidiger zu entscheiden.
Die Zeit soll zudem genutzt werden, um über eine weitere Anklageerhebung gegen den 40-Jährigen zu entscheiden. Es geht dabei um falsche eidesstattliche Versicherung sowie Betrug und versuchten Betrug. Das Gericht regte zudem an, einen Versuch für einen Täter-Opfer-Ausgleich und damit eine außergerichtliche Einigung zu unternehmen. Sollte es nicht dazu kommen, ist unklar, wann es einen neuen Gerichtstermin geben wird. Weil die zuständige Strafkammer mit Haftsachen derzeit ausgelastet ist, sei mit einer Neuterminierung frühestens in einem halben Jahr zu rechnen, hieß es.
Video von Gil Ofarim ging viral
Vor einem Jahr hatte Ofarim in einem viralen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Vorfall aber nicht so zugetragen. Der betroffene Mitarbeiter hatte Anzeige erstattet.
Gil Ofarims Anwälte erhoben Vorwürfe gegen Leipziger Justiz
Es solle ein öffentlichkeitswirksamer Schauprozess durchgeführt werden, beschwerten sich Ofarims Anwälte Alexander Stevens aus München und Markus Hennig aus Berlin im September. Dazu passe, dass der Eröffnungsbeschluss des Leipziger Landgerichts bislang nicht allen Verteidigern zugegangen sei. Ein weiteres Argument der Anwälte ist auch die Besetzung der Strafkammer mit so vielen Richtern, wie sie sonst nur bei außergewöhnlich schweren Straftaten wie Mord und Totschlag vorgesehen seien.
Die Anwälte des 40-Jährigen werfen dem Gericht zudem vor, nicht die rechtsstaatliche Wahrheitsfindung, sondern eine "Fortsetzung der bereits erfolgten medialen und politischen Vorverurteilung" in den Vordergrund zu stellen, um "die Stadt Leipzig und damit auch Sachsen von der Bestätigung eines gängigen Vorurteils reinzuwaschen". (mit dpa)