Für viele Autofahrer ist es wahrscheinlich die Horrorvorstellung: Man fährt auf der Autobahn und plötzlich kommt einem ein Geisterfahrer auf der eigenen Spur entgegen. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat mehrere solcher Fälle untersucht. Das Erschreckende dabei: Viele werden bewusst zum Geisterfahrer.
Aktuelle Studie: Geisterfahrer sind oft Senioren
Für die Studie hat die UDV die Schadensakten der Versicherer, Unfallinformationen der Polizei und Medienberichte ausgewertet. Zu 80 Prozent stammen die etwa 220 Fälle auf deutschen Autobahnen, die nun untersucht wurden, aus dem Zeitraum ab 2015. Ob die Zahl der Geisterfahrer zu- oder abnimmt, ist demnach nicht bekannt. Amtliche Unfallstatistiken sagen laut dem Leiter der UDV Siegfried Brockmann praktisch nichts aus. Hier werden auch Unfälle innerorts und zum Beispiel mit Radfahrern als Falschfahrer ausgewiesen.
Etwa 220 Fälle wurden in der Studie untersucht. Bei rund einem Drittel haben die Fahrer im fließenden Verkehr gewendet. Bei über 40 Prozent der Falschfahrten waren die Geisterfahrer älter als 75 Jahre. Laut Brockmann spielt bei den Senioren oft Verwirrtheit und Demenz eine Rolle, während bei den jungen Geisterfahrern Selbsttötungsgedanken oder die Flucht vor der Polizei die Auslöser seien.
Die wichtigsten Erkenntnisse: Etwa die Hälfte der Falschfahrten ist nach zwei Kilometern beendet, Geisterfahrer sind fast ausschließlich in Autos unterwegs, oft sitzen ältere Autofahrer am Steuer, bei über der Hälfte fahren die Geisterfahrer falsch an Anschlussstellen (41 Prozent) oder Raststätten (elf) auf, und zwei Drittel der Geisterfahrer fahren auf der linken Spur aus Sicht des Verkehrs, der richtig unterwegs ist. Der Anteil der alkoholisierten Falschfahrer ist bei den jüngeren (42,1 Prozent) höher als bei den Senioren (sechs).
Geisterfahrer in Sicht: Wie verhält man sich richtig?
Wer einem Geisterfahrer begegnet sollte sofort per Notruf die Polizei verständigen, so der Auto Club Europa (ACE). Man sollte in keinem Fall auf eigene Faust versuchen, den Geisterfahrer zu stoppen. Wer aus dem Verkehrsfunk bereits von einem falsch fahrenden Fahrzeug auf dem eigenen Streckenabschnitt gehört hat, sollte laut dem ACE zufolge folgende sieben Punkte beherzigen:
- Radio und Verkehrsfunk einschalten oder eingeschaltet lassen.
- Ruhe bewahren, Geschwindigkeit kontrolliert verringern und Warnblinkanlage einschalten.
- Am Rand der äußersten rechten Spur fahren.
- Standstreifen zum Ausweichen im Notfall im Auge behalten.
- Keinesfalls andere Fahrzeuge überholen.
- Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten.
- Abfahren von der Autobahn am nächsten Parkplatz, an der nächsten Raststätte oder an der nächsten Ausfahrt.
Falsch abgebogen: Was tun?
Wer selbst nach einem Irrtum zum Geisterfahrer wird, sollte diese Verhaltenstipps befolgen:
- Warnblinkanlage und Licht einschalten, um besser gesehen zu werden.
- Tempo reduzieren.
- Möglichst auf den Standstreifen wechseln und dort anhalten.
- Aussteigen, Warnweste anlegen, hinter der Leitplanke Schutz suchen, dort den Notruf 110 wählen und dort auf das Eintreffen von Polizei und Rettungskräften warten.
- Keinesfalls versuchen, zu wenden oder gar im Rückwärtsgang die Autobahn zu verlassen. (mit dpa)