Herr Blanco, Sie werden 85 und starten noch einmal voll durch. Sie spielen im Mai in Berlin Theater, bringen ein neues Album heraus. Erzählen Sie.
Roberto Blanco: Wo sollen wir anfangen? Beim Theater?
Warum nicht? Schauspieler ist schließlich nicht Ihre Kernbeschäftigung.
Blanco: Doch! Ich bin ein Entertainer. Schauen Sie, ein Entertainer ist Schauspieler, Sänger und auch Moderator. Ich habe die Schule von Dean Martin, Frank Sinatra oder Sammy Davis jun. genossen. Ich habe viel Theater gespielt, zehn Filme gedreht und hatte auch meine eigene Show, „Ein Abend mit Roberto Blanco“ mit 49,9 Prozent Marktanteil. Und ich bin 66 Jahre im Showbusiness!
Sie sind eine Showlegende.
Blanco: Ich habe jedenfalls die beste Zeit des deutschsprachigen Showbusiness erlebt. Das war von den 50er bis Anfang der 90er Jahre. Leider ist es nicht mehr so wie es war.
Was sind die Gründe für den Niedergang?
Blanco: Das war einfach eine andere Zeit. Denken Sie daran, wie viele Fernsehsender es damals gab. Die Familie saß daheim komplett um den Tisch und schaute fern. Es war die Zeit der großen Entertainer. Ob das Hans-Joachim Kulenkampff war oder Vico Torriani oder Hans Rosenthal – so etwas gibt es nicht mehr.
Bedauern Sie das?
Blanco: Hören Sie, ich war dabei! Und natürlich hätte ich das gerne noch. Aber leid tun mir diejenigen, die sich heute im Showbusiness abstrampeln müssen.
Was waren denn aus Ihrer Sicht Ihre größten Erfolge?
Blanco: Das ist schwer zu sagen. Tatsache ist, dass 99 Prozent der Deutschen Roberto Blanco kennen. Das sagt doch alles, oder? Ich hatte eine Show, die wahnsinnig populär war und ich bin immer noch da!
Und Sie haben auch eine neue Single und ein Doppelalbum herausgebracht.
Blanco: Die Single ist schon auf dem Markt, das Doppelalbum kommt zu meinem Geburtstag am 7. Juni raus.
Die Single „Ich glaub, ich träume“ wurde unter der Leitung von Grammy-Gewinner Al Walser aufgenommen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Blanco: Er kommt aus Liechtenstein und ich lebe in der Schweiz. In Zürich hat man uns einander vorgestellt. Er hat mich eingeladen und mir gezeigt, was er schon gemacht hat. Er produzierte ja auch die Tochter von Jürgen Drews. Dann habe ich den Jürgen angerufen und mich erkundigt. Am Ende kamen wir klar - und ich bin nach Los Angeles. Dort haben wir den Titel ausgesucht und aufgenommen.
Was erwarten Sie vom Doppelalbum „Jetzt erst recht“?
Blanco: Na Erfolg, was denn sonst? Jeder Künstler hofft darauf!
Was ist Erfolg für Sie? Die Nummer 100 in den Charts, die Nummer 10 oder die Nummer 1?
Blanco: Mein Gott! Ich will jedenfalls nicht nur in die Top 500. Ich will Platz 1, wenn es möglich ist.
Sie haben noch immer viel Energie und Lust, Ihr Publikum zu unterhalten - und das mit 85. Ist es die Musik, die Sie aktiv hält?
Blanco: Ja, die Gene und die Musik. Glücklicherweise habe ich von meinen Eltern gute Gene mitgekriegt. Ich fühle mich wohl und passe auf meinem Körper auf. Wissen Sie, wenn man im Auto fährt und ein verdächtiges Geräusch hört, fährt man sofort in die Werkstatt. Und bei mir ist es so, wenn mir mein Körper ein Signal gibt, dann gehe ich zum Arzt. Ich will immer wissen, warum ich etwas habe. Außerdem passt meine Frau, die eine Superfrau ist, gut auf mich auf.
Sie singen auch seit 50 Jahren „Ein bisschen Spaß muss sein“. Wie oft haben Sie den Titel inzwischen gesungen?
Blanco: (lacht) Glauben Sie, ich habe da mitgezählt?
Keine Ahnung. Aber eine Schätzung könnten Sie doch abgeben, oder?
Blanco: (lacht) Wenn ich für jedes Mal „Ein bisschen Spaß“-Singen einen Euro bekommen hätte, hätte ich heute die besten Autos, zwei Flugzeuge, drei Yachten und 17 Villen auf der ganzen Welt.
Wird das nicht langweilig, diesen Titel immer und immer wieder zu singen?
Blanco: Nö, überhaupt nicht. Was meinen Sie, was passiert, wenn ich auf die Straße gehe?
Sagen Sie es.
Blanco: Da rufen die Leute: "Hey Roberto: ,Ein bisschen Spaß muss sein!’" Oder sie pfeifen die Melodie. Dieser Song geht nie zu Ende. Wenn ich ein Konzert spiele, fängt das Publikum schon nach drei Liedern an, "Ein bisschen Spaß muss sein" zu singen. Das ist halt so, wenn man einen Superhit hat. Ich bin jedenfalls nie müde ihn zu singen.
Sie gelten als „Gute-Laune-Mann“. Ist das für Sie schwer, immer ein Lächeln zu zeigen, auch wenn Sie sich mal ganz anders fühlen?
Blanco: Ich sag Ihnen ehrlich: Ich bin von Natur aus ein froher und glücklicher Mensch. Denn ich war in Internaten im Libanon und in Spanien. Da habe ich Respekt und positives Denken gelernt. Meine Philosophie ist: Wir sind auf diesem Planeten zu Besuch. Keiner weiß, wie lange wir da sind. Und darum danke ich Gott für jeden Tag, den ich erleben darf. Meine Devise lautet: Leben und leben lassen! Ich respektiere jeden Menschen. Und das ist alles nicht gespielt.
Was ist aber, wenn Sie sich über etwas ärgern?
Blanco: An meinem 50. Geburtstag habe ich gesagt: "Ab jetzt bestimme ich, wer mich ärgern darf." Und danach lebe ich auch. Wenn mir beispielsweise beim Autofahren einer den Vogel zeigt, lache ich ihn an. Dann ärgert der sich darüber doppelt.
Gibt es sonst noch ein Gesundheitsgeheimnis des Roberto Blanco? Hängt es mit dieser positiven Einstellung zum Leben zusammen?
Blanco: Das Positive kommt auch von oben, von Gott. Dann strahlt man innerlich. Ich glaube auch, dass das gut für die Gesundheit ist. Aber natürlich ärgere auch ich mich…
Also doch?
Blanco: Aber wenn ich mich ärgere, ziehe ich mich sofort zurück. Nach zehn Minuten ist das dann wieder vorbei. Denn es lohnt sich nicht, sich länger zu ärgern. Und das Positive am Ärgern ist ja, dass man Erfahrung gewinnt. Denn Erfahrung kommt von Erlebnissen. Ich ziehe also auch aus dem Ärger das Positive.
Anderes Thema. Sie waren früher dem Ballsport zugeneigt. Sie spielten ja früher Tennis?
Blanco: Was heißt spielte? Ich spiele immer noch - wenn ich darf. Nur gerade darf ich wegen des Theater-Engagements nicht. Aber ansonsten liebe ich Tennis. Ich habe mit den größten Tennisspielern der Welt gespielt.
Was sagen Sie zu Boris Becker?
Blanco: Ich kenne ihn und seine Familie sehr gut. Er tut mir leid. Wir haben früher Doppel gespielt. Für mich ist das ein toller Sportler und großartiger Tennisspieler, den ich sehr bewundere. Aber was er privat macht, ist seine Sache. Ich hoffe, dass er bald aus dem Gefängnis entlassen wird. Ich habe ihm jedenfalls einen Brief geschrieben und ihn zum Essen eingeladen. Immer wenn wir uns gesehen haben, haben wir zusammen „Ein bisschen Spaß muss sein“ gesungen und haben uns zum Abschied umarmt. Ich schrieb ihm, dass wir bald wieder zusammen singen können. Ich glaube übrigens nicht, dass er an der Haft zerbricht.
Sie leben inzwischen in der Schweiz…
Blanco: Als ich nach Deutschland kam, lebte ich in Wiesbaden, später in München und dann bin ich in die Nähe von Salzburg an den Mondsee gezogen. Jetzt leben wir, meine Frau und ich, am Bodensee in der Schweiz.
Letztendlich war Ihre Scheidung der Grund, ins Nachbarland zu ziehen, oder?
Blanco: Ja schon, denn in München wurden wir die ganze Zeit von Fotografen und Reportern verfolgt. Ich habe in München eine wunderschöne Penthouse-Wohnung, aber im Gebüsch gegenüber wartete schon der Fotograf. Freunde habe dann gesagt: Warum kommt ihr nicht nach Österreich? Das haben wir dann auch gemacht. Von dort sind wir weiter in die Schweiz.
Man sagt Ihnen ja ein sehr sonniges Leben nach. Jüngst haben Sie in einem Interview aber auch über den Tod gesprochen. Wie setzen Sie sich mit diesem schwierigen Thema auseinander, das so gar nichts mit Spaß zu tun hat?
Blanco: Dem Tod entgeht keiner. Jeder ist mal dran. Ich respektiere den Tod, aber ich sinniere da nicht dauernd drüber. Wenn jemand stirbt, soll er ohne Leiden einschlafen. Das wünsche ich jedem.
Sie sagten auch: „Wir sind auf dieser Welt nur zu Besuch, und ich glaube nicht, dass wir in hundert Jahren noch einmal wiedergeboren werden.“ Glauben Sie nicht an Gott?
Blanco: Ja, ich glaube an Gott, aber nicht an sein Bodenpersonal.
Gesund alt zu werden ist ja wahrscheinlich das größte Geschenk. Wie und wo werden Sie Ihren 85. Geburtstag feiern?
Blanco: Hier am Schlosspark-Theater in Berlin, wo ich in der Komödie "Monsieur Claude und seine Töchter" spiele. Nach der Vorstellung habe ich einen Saal am Theater reserviert. Da kommen auch Dieter Hallervorden, ein paar Berliner Freunde und alle vom Theater. Ich habe Catering und einen DJ bestellt. Da feiern wir dann bis ein oder zwei Uhr spätestens, weil wir am nächsten Tag wieder Vorstellung haben.
Was wünschen Sie sich, mal abgesehen von Gesundheit?
Blanco: Wenn der liebe Gott auf mich hören sollte, wünsche ich mir Frieden, Frieden, Frieden! Der Mensch muss lernen ohne Kriege und Hass zu leben! Nur der Mensch macht die Welt kaputt.
Zur Person Roberto Blanco ist am 7. Juni 1937 geboren im tunesischen Tunis als Sohn kubanischer Eltern. In Madrid studierte er zwei Semester Medizin, ehe er 1956 nach Deutschland kam und bei einem Talentwettbewerb entdeckt wurde. Es folgte eine der größten Schlagerkarrieren der Nachkriegszeit.