Liebe Leserinnen und Leser. Der folgende Artikel ist im März 2023 entstanden und wurde zwischenzeitlich von uns mit neuen Informationen ergänzt. Inzwischen hat sich die Lage am Gardasee wieder entspannt.
Wieder ein Winter mit viel zu wenig Regen und Schnee – während sich manch einer in Deutschland über milden Witterungsverhältnisse freuen mag, hatten die klimatischen Bedingungen zum Jahresanfang erste Auswirkungen auf eines der liebsten Reiseziele von Touristen: Die Pegelstände des Gardasees waren zwischenzeitlich auf einem historischen Tiefstand angelangt.
Gardasee mit zuletzt deutlich weniger Wasser
Wie jedes Gewässer ist auch der Gardasee jahreszeitlichen Schwankungen unterlegen. Zuletzt hatten die Pegelstände von Italiens größtem See allerdings einen historischen Tiefstand erreicht. Wie den Daten der Agenzia Interregionale per il fiume PO (kurz AIPO) einer öffentlichen Körperschaft, die Pegelstände im Umfeld Flusses Po sammelt, um Flutkatastrophen zu verhindern, zu entnehmen ist, lag der Pegelstand im April zwischen 46 und 53 Zentimetern.
Zum Vergleich: Vor fünf Jahren, also im Jahr 2018, lag der Pegelstand laut der Datenbank im März bei durchschnittlich 90 Zentimetern. 2013 gar bei 130 Zentimetern. Während der Pegelstand in 2013 über die Wintermonate bis in den Mai konstant auf dieser Höhe lag, war er im Jahr 2018 zum Jahresanfang schon deutlich niedriger (67 Zentimeter), legte aber ab März mit einer Kurve nach oben bis in den Mai deutlich zu. In diesem Jahr bewegte sich der Pegelstand lange Zeit aber kaum vom Fleck.
"In der aktuellen Situation des Gardasees registrieren wir ein Wasservolumen, das in der Vergangenheit nie so niedrig gewesen ist", sagte Pierlucio Ceresa, der Generalsekretär des Verbands der Gardasee-Gemeinden im Februar 2023 gegenüber derTagesschau.
Regenfälle in Italien - Verschaffen sie dem Gardasee Linderung?
Glücklicherweise hielt die regenfreie Zeit nicht ewig an. In den vergangenen Wochen fielen in Italien endlich die ersehnten Niederschläge. Die Trockenperiode scheint damit erst einmal vorbei zu sein. Lange waren die Pegel der norditalienischen Flüsse und Seen auf Tiefstand, nun haben sie sich etwas erholt. Mit dem Regen kommen allerdings in einigen italienischen Gebieten neue Probleme, denn stellenweise kam es zu Unwettern und Überschwemmungen. Insbesondere war die Region Emilia-Romagna betroffen.
Die Pegel der Seen Lago Maggiore und Comer See stiegen durch den Regen deutlich. Zudem drosselten die Behörden die Abflüsse aus den Seen jedoch auch erheblich. Im Einzugsgebiet des Gardasees fiel allerdings weniger Regen, dennoch zeigt die Kurve der Pegelstände wieder nach oben. Der Pegelstand liegt am 17. Mai bei 74 Zentimetern.
Wie unser Korrespondent, Julius Müller-Meining herausfand, ist der Gardasee aber noch nicht gänzlich über dem Berg. "Der große Fluss, aus dem wir unsere Reserven für den Anbau schöpfen, ist der Po und sein Pegelstand ist nur um ein paar Meter gestiegen", zitiert Müller-Meining, Michele Solmi von der Agrarbehörde Bonifica Renana. "Der Pegel liegt immer noch unter dem Durchschnitt." Solmi sagte, er rechne mit einem nur vorübergehenden Anstieg des Pegels und erwarte in den kommenden Wochen erneut einen Rückgang.
Urlaub am Gardasee? Wenig Regen lässt Landwirte umdenken
Wie gravierend der Wasserrückgang am Gardasee in den ersten Monaten des Jahres war war, zeigt sich anhand der Tatsache, dass Touristen über die Landbrücke zur Insel San Biagio im März und April trockenen Fußes vom Ufer zu der Insel im Gardasee spazieren. Früher war dies nicht möglich.
Der leichte April-Regen habe die Folgen der Dürre aber "nur leicht gebremst, vor allem aber nicht aufgehoben, weil wir jetzt auf den Sommer zusteuern und die Temperaturen steigen werden", sagte Ermes Sagùla, Agronom und Manager des landwirtschaftlichen Hilfszentrums von Coldiretti Lombardia zur italienischen Zeitung La Stampa.
Dem Bericht zufolge, wurde bereits Wasser aus anderen Seen, wie beispielsweise dem Iseo-See, genutzt, um die Trockenphasen zu überstehen. Die Landwirte in der Region hätten sich allerdings schon auf einen sehr trockenen Sommer eingestellt und entsprechende Pflanzen für den Anbau ausgewählt, die weniger Wasser benötigen - wie Sojabohnen. Andere stellten bereits Anträge, um auf das Grundwasser zugreifen zu dürfen.
Übrigens: Wenn Sie bereits eine Italien-Reise planen, haben wir Ihnen zusammengefasst, wie Sie online die Maut bezahlen können.
Niedriger Wasserstand am Gardasee – Die Gründe liegen in den Alpen
Doch was hat diesen am Jahresanfang historisch tiefen Pegelstand verursacht? Meteorologe Mattia Gussoni vom italienischen Wetterportal ilmeteo.it sagte zuletzt gegenüber derTagesschau, nach dem extrem trockenen Winter des vergangenen Jahres, gebe es auch in diesem Jahr im mittleren und westlichen Teil der Alpen rund ein Drittel weniger Schnee als üblich.
Schnee und Regen, aber gerade auch das Schmelzwasser aus den Alpen, sind ein Garant für gut gefüllte Flüsse und Seen. Das insbesondere das Schmelzwasser in den vergangenen Monaten ausblieb, macht sich jetzt in einem Gardasee bemerkbar, der viel zu wenig Wasser führt und seine Wasserreserven nicht auffüllen konnte. Damit werde laut Gussoni auch Wasser in der Sommerzeit, wenn der Urlaub ansteht, fehlen.
Gardasee führte zuletzt wenig Wasser – Das bedeutet es für den Urlaub 2023
Bedeutet das jetzt, dass der Gardasee in der Urlaubssaison 2023 vielleicht für Touristen gesperrt wird oder andere Einschränkungen für Reisende gelten? Derzeit sieht es noch nicht so aus, wenngleich die Verantwortlichen am Gardasee erste Sparmaßnahmen beschlossen haben. Die Wasserzufuhr einiger Kanäle wurde gedrosselt und in den schiffbaren Fluss Mincio geht nur das vorgeschriebene Minimum an Wasser. Zudem hat die Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni im April ein Dekret verabschiedet, das weitreichende Maßnahmen im Kampf gegen die Trockenheit forcieren will.
Noch im vergangenen Jahr sollte Wasser aus dem Gardasee in den Fluss Po abgeleitet werden, um der Dürre Herr zu werden. Diese Maßnahmen sollen vor allem dafür sorgen, dass im Frühjahr die Landwirte in der Po-Ebene genügend Wasser zum Bewässern ihrer Felder haben und im Sommer die Versorgung der Gemeinden gesichert ist, wenn wieder etwa 27 Millionen Touristen ihren Urlaub dort verbringen.
Laut des Berichts von La Stampa soll trotz der Probleme für die Landwirtschaft der Tourismus im Sommer 2023 am Gardasee gesichert sein. "Die touristische Nutzung der Gewässer des Gardasees ist gewährleistet, das heißt, Schifffahrt und Baden", wird Pierlucio Ceresa zitiert.
Einem Urlaub am Gardasee dürfte also trotz aller Widrigkeiten nichts im Wege stehen.