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G7-Gipfel: Merkel-Berater Röller über die Organisation eines Gipfels wie G7

G7-Gipfel

Merkel-Berater Röller über die Organisation eines Gipfels wie G7

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    Als wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel und Sherpa war Lars-Hendrik Röller für den G7-Gipfel zuständig. Die Vorbereitungen haben schon vor etwa einem Jahr begonnen.
    Als wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel und Sherpa war Lars-Hendrik Röller für den G7-Gipfel zuständig. Die Vorbereitungen haben schon vor etwa einem Jahr begonnen. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archivbild)

    Gipfeltreffen wie das der G7-Nationen sind einem Wanderzirkus nicht unähnlich. Es entsteht eine eigene kleine Welt, es gibt vielleicht ein paar Sensationen, oft Proteste. Dazu immer ein Abschlusskommuniqué und mit Sicherheit viele Bilder. So wie das vom G7-Gipfel auf Schloss Elmau im Jahr 2015 etwa, als Kanzlerin Angela Merkel US-Präsident Barack Obama vor der Alpenkulisse mit einer weit auslandenden Handbewegung die Welt erklärte. Nach ein paar Tagen zerstreuen sich die Akrobatinnen und Akrobaten aus der Politik wieder und der Spuk ist vorbei.

    Den Blicken der Öffentlichkeit entzogen sind die monatelangen Vorbereitungen, die solch ein Gipfel erfordert. Lars-Hendrik Röller war von 2011 an Merkels wirtschaftspolitischer Berater, der Ökonom leitete die Abteilung Wirtschafts- und Finanzpolitik im Kanzleramt und war als sogenannter Sherpa für die G7- und G20-Gipfel verantwortlich. Es gibt wenige, die sich hinter den Gipfel-Kulissen so gut auskennen wie der renommierte Wirtschaftsprofessor.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach 2015 im Rahmen der G7 Konferenz mit US-Präsident Barack Obama auf einer Wiese bei Schloss Elmau vor der Wettersteinspitze.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach 2015 im Rahmen der G7 Konferenz mit US-Präsident Barack Obama auf einer Wiese bei Schloss Elmau vor der Wettersteinspitze. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archivbild)

    Den diesjährigen G7-Gipfel wird Röller von der Seitenlinie verfolgen, unbeteiligt ist er an dem Geschehen nicht. Denn die Vorbereitung beginnt normalerweise ein gutes Jahr vorher, Röller war also bereits vor dem Regierungswechsel mit dem G7-Gipfel befasst, der am Sonntag beginnt und am Dienstag endet. „Wir haben schon damals angefangen, bestimmte Dinge vorzubereiten“, erzählt der Wirtschaftswissenschaftler, dessen Karriere 1983 als Forschungsassistent am Department of Economics der University of Pennsylvania begann.

    Allein ist das natürlich nicht zu bewerkstelligen, im Kanzleramt arbeitet ein Sherpa-Stab, der als zuständiges Team für G7- und G20-Gipfel durch mehrere Präsidentschaften sehr erfahren ist und deshalb „für eine gewisse Kontinuität in den operativen Fragen“ steht. Wobei die inhaltlichen Schwerpunkte durch die neue Bundesregierung gesetzt wurden, insbesondere natürlich im Kanzleramt. Jede Präsidentschaft, erklärt der 63-Jährige, könne über die Setzung der Themenschwerpunkte selbst entscheiden, es gebe da keine zwingende thematische Kontinuität. „Das ist auch die Stärke dieses Formats.“

    Vorbereitungen auf G7: Das Treffen ist nur die Spitze des Eisbergs

    Die Präsidentschaft beim G7 rotiert, Deutschland hatte sie zuletzt 2015 inne. Dass der Gipfel diesmal wieder in Elmau stattfindet, ist nach Röllers Einschätzung „zumindest aus organisatorischer Sicht bestimmt ein Vorteil.“ Es gibt im Vorfeld solcher Gipfel mehrere Stränge, beispielsweise den sogenannten Chef-Prozess auf höchster Ebene. Viele Ministerinnen oder Minister haben noch ihre eigenen G7-Gipfel. Hinzu kommen die zivilgesellschaftlichen Prozesse, wie etwa der B7, also die „Business7“, für den in diesem Jahr der BDI die Präsidentschaft übernommen hat. „Es ist insgesamt ein großer Prozess, der in Elmau seinen Höhepunkt erreicht“, sagt Röller, hält einen Augenblick inne und ergänzt: „Bei den G20-Gipfeln ist er übrigens noch um ein Vielfaches größer.“

    Für die Beteiligten bedeutet das lange Arbeitstage mit sehr wenig Schlaf, die Gipfeltage fordern noch einmal alles von den Sherpas. Röller zog mit dem Regierungswechsel aus dem Kanzleramt aus und kehrte als Professor of Economics an die in Berlin beheimatete Wirtschaftsuniversität ESMT, die European School of Management and Technology, zurück. Neben der Lehrtätigkeit hat sich der Ökonom einer Vielzahl weiterer Tätigkeiten angenommen. Die Arbeit ist nicht weniger geworden, aber planbarer.

    Wie Donald Trump fast den G7-Gipfel zerschlagen hätte

    In den Räumen der ESMT, die einst das Staatsratsgebäude der DDR beherbergten, hat Röller ohne großes Nachdenken ein Beispiel für die unberechenbare Gipfelarbeit parat: Beim G7-Gipfel 2018 in Kanada debattierten die Staatschef- und Regierungschefs stundenlang, die Situation war angespannt. Die Amerikaner hatten damals Strafzölle auf europäische Aluminium- und Stahlexporte erhoben. Der offizielle Grund: Die nationale Sicherheit und der Schutz der eigenen Industrie. Auch Kanada war betroffen. An den Handelsthemen, erinnert sich Röller, sei das Gipfel-Kommuniqué fast gescheitert. „Es war in Kanada wahrscheinlich das zeitlich knappste Kommuniqué, das ich jemals in meiner Zeit als Sherpa verhandelt habe.“ Wie es zur zumindest vorläufigen Einigung kam, zeigt ein Foto, das der damalige Regierungssprecher Steffen Seibert über Twitter verbreitete. Es gelangte zu einiger Berühmtheit und zeigt im Mittelpunkt Angela Merkel, beide Hände auf den Tisch gestützt, nach vorne gebeugt. Ihr Gegenüber, als einziger sitzend und die Arme verschränkt: US-Präsident Donald Trump, der Merkel mit angespannter Miene zuhört.

    Angespannte Diskussionen beim G20-Gipfel 2018 in Kanada. Lars-Hendrik Röller konnte sie als wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel und Sherpa live verfolgen.
    Angespannte Diskussionen beim G20-Gipfel 2018 in Kanada. Lars-Hendrik Röller konnte sie als wirtschaftspolitischer Berater von Angela Merkel und Sherpa live verfolgen. Foto: Jesco Denzel, dpa (Archivbild)

    Trump stimmte der Abschlusserklärung nach Merkels Intervention zu, hatte aber einen dringenden Termin, stand ziemlich bald nach der Szene auf und verabschiedete sich, erzählt Röller. Der Präsident verfolgte dann offenbar in der Air Force One die Abschluss-Pressekonferenz von Kanadas Premierminister Justin Trudeau - und entschied sich um. „Auf dem Rückflug bekam ich auf einmal eine Nachricht, dass Herr Trump aus dem Flugzeug heraus seine Zustimmung zum Kommuniqué zurückgezogen habe. Und ich habe damals nur gedacht: Oje, oje.“ Gedanken über ein mögliches Ende des G7-Formats seien da durch den Raum geflogen. Die stresserprobten Sherpas telefonierten sich zusammen und fanden eine verblüffend pragmatische Lösung: „Wir hatten ja ein Kommuniqué und beschlossen dann, einfach mal so zu tun, als ob das gültig ist.“

    G7-Gipfel als Diskussionsplattform demokratischer Staatsoberhäupter

    Die Frage, ob sich dieser ganze Aufwand lohnt, kennt Röller und bejaht sie. „Der entscheidende Punkt beim G7-Gipfel ist, dass er klein ist“, sagt er. Es treffe sich eine Wertegemeinschaft aus offenen Demokratien. „Darin besteht meines Erachtens auch in diesem Jahr für Deutschland die Chance. Der Gipfel wird im Zeichen des Ukraine-Krieges stehen und hier kann das Format entscheidende Signale senden.“ Es müsse da, sagt Röller, gar nicht immer nur um Beschlüsse gehen. „Wichtig ist, dass die Staaten vieles offen miteinander besprechen können. In aller Ruhe, und dann auch ohne vorbereitete Skripte.“

    Vor der Annexion der Krim war Russland seit 1998 Teil der Runde und wurde 2014 ausgeschlossen. Seitdem wird ab und an darüber diskutiert, ob Russland wieder in den Staatenclub aufgenommen werden sollte. „Nach meiner Wahrnehmung ist das vom Tisch“, sagt Röller. Zuletzt sei das ein Thema gewesen, als der damalige Präsident Donald Trump öffentlich bekundete, er wolle den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Gipfel einladen. Die Aufnahme eines Mitglieds sei jedoch ein informeller Prozess, die Zustimmung aller sei grundsätzlich erforderlich. „Das steht zwar nirgendwo so geschrieben, aber das ist so. Und im Moment, denke ich, ist wohl eine Wiederaufnahme Russlands ausgeschlossen.“

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