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Fußball-EM 2024: Feste feiern auf der Fanmeile: Das erleben Fans in Berlin

Fußball-EM 2024

Feste feiern auf der Fanmeile: Das erleben Fans in Berlin

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    Klaus hat sich auf die EM vorbereitet. Auf wen er tippt, verrät der 57-Jährige nicht.
    Klaus hat sich auf die EM vorbereitet. Auf wen er tippt, verrät der 57-Jährige nicht. Foto: Anna Mohl

    Am Berliner Hauptbahnhof sind sie alle am Freitag unterwegs – hippe Berliner mit Piercings und Tattoos ebenso wie Geschäftsreisende mit Bügelfalte in den schicken Anzügen. Die beiden wandelnden Deutschlandflaggen, die mit vereinten Kräften einen halb leeren Bierkasten zwischen sich tragen, stechen trotzdem aus der Menge heraus. Unter den bunten Verkleidungen stecken zwei 20-Jährige, die aus Nürnberg kommen. 

    Sie seien extra für die Fanmeile am Brandenburger Tor angereist, erklärt Luis, ihre Nachnamen möchten er und sein Kumpel lieber nicht nennen. Wegen der guten Stimmung, fügt der Kumpel, Alejandro, hinzu. Was sie über die Fanzone gelesen hätten, habe sie beeindruckt, erzählt Luis. Also ab nach Berlin – für einen Tag. Ihr Zug fährt um Mitternacht wieder zurück.

    Alejandro (links) und Luis (rechts) sind aus Nürnberg für einen Tag angereist, um das Public-Viewing in der Fanzone am Brandenburger Tor mitzuerleben.
    Alejandro (links) und Luis (rechts) sind aus Nürnberg für einen Tag angereist, um das Public-Viewing in der Fanzone am Brandenburger Tor mitzuerleben. Foto: Anna Mohl

    Die Fanmeile am Brandenburger Tor lockt Menschen aus dem ganzen Land und darüber hinaus an. Sie ist in vielfacher Hinsicht ein Rekord-Brecher: 24.000 Quadratmeter verlegter Kunstrasen wurden verwendet, um das gesamte Areal in ein überdimensionales Spielfeld zu verwandeln. Viel Zeit und Geld sind investiert worden – knapp zweieinhalb Jahre Planung stecken dahinter, mehr als 23 Millionen Euro hat die Fanmeile zusammen mit dem entsprechenden Bereich vor dem Reichstag gekostet. Bis zu 60.000 Zuschauer werden auf das Gelände gelassen, um sich die Fußballspiele anzuschauen, Konzerte von namhaften Künstlern wie Ski Aggu oder der schottischen Folk-Band Talisk zu sehen oder an weiteren kulturellen Angeboten teilzunehmen.

    Eine Sommermärchen-Stimmung wie 2006 herrscht noch nicht

    Viele sind für die EM-Fanzone einen weiten Weg gekommen. Wie 2006 bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland sei die Stimmung noch nicht, sagt Thomas Friedrich, der aus den USA extra in seine Heimatstadt gereist ist. "Ich hoffe, das kommt noch", sagt er, sieht aber zuversichtlich aus. Vielleicht mit zunehmendem Erfolg des deutschen Teams. Sein Tipp fürs Auftaktspiel des deutschen gegen das schottische Team: 3:1. Für Deutschland, versteht sich. Ein anderer Besucher, Klaus, tippt dagegen auf ein 2:1, verrät aber nicht, für wen. "Dann kann ich im Nachhinein immer noch sagen: Hab' ich doch gesagt", sagt der 57-Jährige und grinst. Er sei insgesamt optimistisch gestimmt, auch wenn er stimmungsmäßig mehr erwartet habe. Die Fanzone finde er okay, aber alles ein bisschen teuer.

    Viele hoffen auf ein zweites Sommermärchen. Nicht alle glauben, dass es so kommen wird. Ein Rikscha-Fahrer, der missmutig auf der anderen Seite des Brandenburger Tors die Absperrungen anstarrt, meint, dass die Zeit sich gewandelt habe. Seit 30 Jahren fahre er Rikscha, habe schon im Jahr 2006 Menschen umhergefahren. "Aber damals hat sich das mehr gemischt, die Stimmung war eine andere", erzählt der 71-Jährige, der einst Germanistik studierte und beim Warten auf Kundschaft gerne Gedichte schreibt.

    Der 29-jährige Simeon Drechsel, der mit ein paar anderen an diesem Tag am Poststadion noch Fußballspielen trainiert, ist etwas positiver gestimmt. "2006 ging die Euphorie auch erst im Eröffnungsspiel los", erklärt der Berliner. Mit einem guten Spiel – das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest – komme auch die Vorfreude auf eine tolle Zeit. 

    Simeon Drechsel freut sich auf guten Fußball und spannende Spiele.
    Simeon Drechsel freut sich auf guten Fußball und spannende Spiele. Foto: Anna Mohl

    Die Fußball-Freunde hier sehen darin gerade in den aktuellen Krisenzeiten eine wichtige Veranstaltung für Deutschland. "Man braucht einfach mal wieder ein Erfolgserlebnis", sagt Drechsels Mitspieler. In die Fanzone gehen sie nicht. "Viel zu kaputt" seien sie, erklärt Drechsels Kollege. Sie würden an diesem Tag noch zwei Mal trainieren. "Dann schauen wir, wo uns die Beine noch hintragen." Die beiden 20-Jährigen aus Nürnberg wollen dagegen jetzt feiern. Zumindest bis ihr Zug um Mitternacht fährt.

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