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Fünfzehn neue Geschichten: Margaret Atwood widmet sich der Trauer und dem Abschied

Fünfzehn neue Geschichten

Margaret Atwood widmet sich der Trauer und dem Abschied

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    Die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood widmet sich dem Abschied und der Trauer. (Archivbild)
    Die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood widmet sich dem Abschied und der Trauer. (Archivbild) Foto: Monika Skolimowska/dpa

    Fans der Bestseller-Autorin Margaret Atwood müssen sich in ihrem neuen Kurzgeschichten-Band auf ein etwas schleimiges Gedankenspiel einlassen: Was wäre, wenn eine Schnecke im Körper einer Bankangestellten weiterlebt?

    Aus Schneckensicht sind die Menschen den Überlegungen zufolge etwas verwunderlich. «Wenn Menschen "Entschuldigung" sagen, wollen sie nicht entschuldigt werden. Sie wollen dir klarmachen, dass du ihnen auf den Schlips getreten bist», schreibt Atwood aus Perspektive des Tieres in seiner nun menschlichen Hülle.

    «Frauenförmige Schneckenzuflucht» nennt die Kanadierin dies und macht damit nicht nur an dieser Stelle ihr Talent, ihre Kreativität und ihre Wortgewalt deutlich, wegen derer sie schon seit Jahren zu den Favoriten für den Literaturnobelpreis gezählt wird.

    «Hier kommen wir nicht lebend raus»

    Die Schnecken-Episode ist eine von 15 neuen Kurzgeschichten, die in dem Band «Hier kommen wir nicht lebend raus» gesammelt sind. Schwerpunkt bildet das Paar Tig und Nell, um das es sowohl im ersten als auch im dritten und letzten Kapitel geht. In der Zwischenzeit aber ist der Ehemann gestorben. Es bleiben der Witwe die Erinnerungen.

    Tod, Abschied, Trauer sind wiederkehrende Motive in den Geschichten. Mal stirbt eine Katze, mal schreibt die heute 84 Jahre alte Atwood aus der Sicht einer Toten. Dann wieder führt sie ein Interview mit dem Schriftsteller George Orwell (1903-1950). Und stellt an anderer Stelle relativ nüchtern fest: «Etwas, das immer öfter vorkommt: Die Leute sterben.»

    Auch wenn keiner der Texte erkennbar autobiografische Züge hat, scheint ein Zusammenhang zu ihrem Leben nicht völlig fern. Schon in dem im vergangenen Jahr erschienenen Essayband «Brennende Fragen» hatte sich Atwood hier und da dem Thema Vergänglichkeit gewidmet. Unter anderem ging es dabei um die Demenz-Diagnose ihres mittlerweile gestorbenen Lebensgefährten Graeme Gibson.

    So kommt es vielleicht nicht von ungefähr, dass es im neuen Buch nun an einer Stelle heißt: «Früher habe ich immer geglaubt, ein gutes Gedächtnis sei ein Segen, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Vielleicht ist das Vergessen der wahre Segen.»

    Blick für Details

    Die unter anderem mit dem Booker Prize, dem Nelly-Sachs-Preis und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnete Autorin beweist auch in den neuen Kurzgeschichten ihre literarische Expertise und ihr schriftstellerisches Können. Sei es der Stilwechsel vom Interview über die Briefform bis hin zur klassischen Erzählung, seien es die Perspektivwechsel von der Schnecke bis zur Toten.

    Pointierte Anmerkungen verpackt Atwood schonmal nahezu unscheinbar in Klammern. Und sie legt Wert auf die Details: Hier löst eine Mohrrübe voller Blut ein Kopfkino aus. Da heißt es über eine Frau nach allzu ausgiebigem Sonnenbaden anschaulich: «Die Haut leicht knittrig.»

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