Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Frieden in der Ukraine: Mögliche Szenarien

Krieg

Frieden in der Ukraine – Welche möglichen Szenarien gibt es?

    • |
    Auf der ganzen Welt hoffen Menschen auf Frieden in der Ukraine. "Stop Putin - Stop War", steht auf dem Plakat einer Demonstrantin in Chile.
    Auf der ganzen Welt hoffen Menschen auf Frieden in der Ukraine. "Stop Putin - Stop War", steht auf dem Plakat einer Demonstrantin in Chile. Foto: Marcos Zegers, dpa (Symbolbild)

    Der schnelle Sieg Russlands über die Ukraine, wie ihn sich Wladimir Putin gewünscht haben mag, ist auch nach drei Monaten Krieg nicht eingetreten. Auch wenn die Folgen für die

    1. Szenario: Die Ukraine verteidigt sich erfolgreich

    In diesem Szenario schaffen es die ukrainischen Streitkräfte, mit Hilfe der logistischen Unterstützung und Waffenlieferungen der westlichen Länder, die russische Armee zurückzudrängen. Unter dem Druck der weltweiten Sanktionen und nach fehlendem militärischem Erfolg könnte Wladimir Putin auch die Unterstützung seiner russischen Bevölkerung verlieren. Nach dem Krieg nehmen sich die Länder der EU, NATO und der USA gemeinschaftlich des Weideraufbaus der Ukraine an, der überstandene Angriff Russlands hätte die westlichen Staatengemeinschaften in ihrem Zusammenhalt gestärkt. Was nach einem solchen Machtverlust Putins mit Russland geschieht, steht dann in den Sternen.

    Laut Experten ist das ein denkbarer, wenn auch nicht naheliegender Ausgang. Unklar wäre etwa, wie weit die Ukraine den Invasor überhaupt zurückdrängen könnte. Würde sie dann an der Grenze zu Luhansk und Donezk, den separatistischen Regionen, stoppen? Oder würde Selenskij nicht aufgeben, bis die russischen Streitkräfte aus den gesamten festgeschriebenen Grenzen der Ukraine gedrängt sind?

    2. Szenario – Putin wird gestürzt

    Der Putsch durch das eigene Volk oder innere Eliten Russlands. Die Idee dahinter lautet „Ohne Putin, kein Krieg.“ So könnten sich etwa Angehörige des russischen Sicherheits- und Verteidigungsapparats gegen den Präsidenten wenden. Doch auch aus dem eigenen Volk könnte mit zunehmenden Verlusten und Folgen der Sanktionen der Rückhalt für den Staatschef schwinden. Experten erteilen diesem Szenario jedoch eine klare Absage. „Im Großen und Ganzen können wir nicht damit rechnen, dass Putin so schnell gestürzt wird – weder durch eine Revolte aus seinem inneren Machtkreis noch durch eine breite Protestbewegung aus der Bevölkerung“, sagte etwa Marina Henke, Professorin für Internationale Beziehungen an der Hertie School Berlin, in einem Interview mit FOCUS Online. Egal, wie der Krieg ausgehe, Putin werde Präsident Russlands bleiben.

    Das Problem: Putin hat schon lange eine Hierarchie in seinem Staat aufgebaut, in der ihm niemand aus den eigenen Reihen etwas anhaben kann. Zudem sei Russlands Militär- und Staatsapparat weitaus weniger eine Einheit, wie das im Westen den Anschein erweckt. Und: Putin hat in der Bevölkerung mehrheitlich Rückhalt. Die Propaganda ist erfolgreich, sie steigert den Rückhalt in letzter Zeit sogar. Von Putins Gegnern im eigenen Land ist auch wenig zu erwarten: Wichtige Anführer der russischen Opposition sind entweder im Gefängnis, im Straflager, sind in den Westen geflüchtet oder schweigen zum eigenen Schutz.

    3. Szenario: Ein Friedensvertrag

    Dieses Szenario spielt mit einem kompromissorientierten Friedensvertrag zwischen der Ukraine und Russland. Wladimir Putin könnte sich damit zufriedengeben, dass die prorussischen "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk auch von Kiew als solche anerkannt werden. Möglicherweise könnte Putin – je nach Kriegsverlauf – auch noch die Hafenstadt Mariupol zugesprochen werden.

    Dafür müsste es Friedensverhandlungen geben. Dann müssten sich beide Parteien für einen dauerhaften Waffenstillstand einigen. Doch solche Gespräche können erst stattfinden, "wenn beide Parteien erschöpft sind", so die Meinung von Andreas Heinemann-Grüder von der Universität Bonn.

    Dieses Szenario ist deshalb zumindest in naher Zukunft unwahrscheinlich, weil die Kämpfer der Ukraine entschlossen sind, für die Einheit ihres Landes zu kämpfen. Zu den oben beschriebenen Zugeständnissen wären sie vermutlich nur in einer durchweg aussichtslosen Situation bereit. Der ukrainische Präsident hat mehrfach betont, dass sein Land sich so lange wie nötig wehren wird. Aber auch aus Putins Sicht ist eine solche Lösung unwahrscheinlich. Ein Kompromiss wäre gegen seine Ziele. Wenn er die

    4. Szenario: Die Ukraine gibt nach, Russland siegt

    Was wenn die Ukraine unter den andauernden zivilen Opfern, infrastrukturellen Schäden und dem militärischen Druck kapituliert? In diesem Fall wäre es offen, ob die Ukraine dann noch Forderungen stellen könnte.  Russland könnte einen Vasallenstaat mit Marionettenregierung auf ukrainischem Boden errichten. Oder die Ukraine wird an Russland angeschlossen. Selenskij wird gestürzt oder flüchtet ins Exil. Die ukrainische Bevölkerung nimmt das Schicksal hin.

    In diesem Szenario würde es zu einer Wiederbelebung des Ost-West-Konfliktes in Europa kommen. Die westlichen Bündnisse würden erstarken, sich jedoch auch in einem lang andauernden Wirtschaftskrieg mit Russland befinden. Sanktionen gegen Moskau würden zur Normalität, deutlich verschärfter als sie bisher zum Einsatz kamen. Russland würde wahrscheinlich mit wirtschaftlichen Erpressung mittels Öl- und Gaslieferungen oder aber mit Cyberattacken reagieren.

    Unter dem Druck der Strafmaßnahmen könnte sich Moskau noch deutlicher China zuwenden. Dann wäre die Position Pekings entscheidend: Hält China zu Moskau und unterstützt Russland wirtschaftlich und militärisch, um den westlichen Mächten Einhalt zu gebieten? Dann wäre das Geschäft auf dem westlichen Exportmarkt, von dem China profitiert, vorbei. Oder aber Peking entscheidet sich für die wirtschaftliche Stärke und hält zu seinen Verbindungen nach Europa und USA. Klar ist in diesem Szenario: Zwar wäre der Krieg in der Ukraine beendet, doch wirklicher Frieden würde nicht einkehren.

    5. Szenario: Festgefahrener Krieg, hinausschleichendes Ende

    In diesem Szenario kommt es zu einer Patt-Situation, die für keine der Seiten eine Niederlage ist. Nach einigen weiteren Angriffen des russischen Militärs auf ukrainische Städte – Hauptziel Kiew – und Gegenangriffe vonseiten der Ukraine, um Gebiete wieder einzunehmen, fährt sich der gesamte Krieg fest. Doch zu einem Friedensvertrag kommt es nicht. Verhandlungen beginnen, werden immer wieder abgebrochen. Es kommt zu kurzzeitigen Gewaltexzessen, aber die Eskalation bleibt aus. Irgendwann sind die Parteien in diesem Gleichgewicht so eingependelt, dass niemand mehr Kraft für oder Interesse an Veränderung hat. Andere Länder und Organisationen etablieren allmählich sogenannte "safe zones" in der Ukraine. Dort kann die Bevölkerung überleben, während der Krieg offiziell immer weiter läuft. Das Ende des krieges schleicht sich so hinein. Am Ende kommt es mithilfe mühsamer Verhandlungen zu einem Agreement mit russischem Teil-Rückzug, Aufteilung der Ukraine und eine Neutralitäts-Lösung entwickelt. Beide Seiten verbuchen das als Sieg – zumindest muss keine Niederlage eingestanden werden. Doch ob an einem solchen Ausgang überhaupt eine der Parteien interessiert ist, ist zu bezweifeln. Dennoch ist ein Patt eine mögliche Ausgangssituation für einen späteren Friedensvertrag.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden