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Frankreich: Nach Messer-Attacke auf Kleinkinder: Annecy ist im Schockzustand

Frankreich

Nach Messer-Attacke auf Kleinkinder: Annecy ist im Schockzustand

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    Nach dem Messerangriff eines Mannes auf vier Kinder und zwei Erwachsene auf einem Spielplatz legen Menschen Blumen nieder.
    Nach dem Messerangriff eines Mannes auf vier Kinder und zwei Erwachsene auf einem Spielplatz legen Menschen Blumen nieder. Foto: Peter Byrne, PA Wire/dpa

    Dort, wo sonst Kinder lachen, spielen und herumtollen, herrscht an diesem sonnigen Freitag bedrückende Stille. Menschen legen Blumen und Plüschtiere am Rand des Spielplatzes in der ostfranzösischen Stadt Annecy ab, auf dem sich am Tag zuvor Unfassbares abgespielt hat. Mit einem Messer war ein 31 oder 32 Jahre alter Syrer (die Angaben gehen auseinander) auf kleine Kinder losgegangen. Vier von ihnen verletzte er schwer. Bei den Opfern handelt es sich um einen Zweijährigen und seine zweieinhalb Jahre alte Cousine, die in einem Doppelkinderwagen saßen, ein dreijähriges britisches Mädchen sowie einen Jungen aus den Niederlanden im Alter von 22 Monaten. Der idyllische Park am Alpenrandsee Lac d‘Annecy, unweit der Brücke Pont des Amours, ist auch bei Touristen beliebt.

    "Alle verletzten Kinder konnten operiert werden", sagt Premierministerin Élisabeth Borne am Freitag. "Ihr Zustand ist stabil." Regierungssprecher Olivier Véran hat zuvor mitgeteilt, dass sich zwei der Kinder noch in einem lebensbedrohlichen Zustand befanden. Auch zwei ältere Männer verletzte der Attentäter. Eines der beiden erwachsenen Opfer wurde überdies von einer Kugel eines Polizisten getroffen. Innerhalb weniger Minuten konnten Sicherheitskräfte den Angreifer, der nur leicht verletzt war, festnehmen.

    Angeblich rief der Täter von Annecy mehrmals "Im Namen von Jesus Christus"

    Zeugen zufolge rief dieser mehrmals "Im Namen von Jesus Christus" auf Englisch und hielt dabei ein Kreuz, das er um den Hals trug, in die Höhe. Bei ihm wurden ein Christusbild und eine Darstellung der Jungfrau Maria gefunden. Ermittlerkreisen zufolge hatte der Mann in der Haft einen Zusammenbruch, rollte sich auf dem Boden und schrie: "Tötet mich!". Zu seinen Motiven sagte er nichts. Am Freitag sollte ein psychiatrisches Gutachten durchgeführt werden. Als Terrorangriff stufen die Behörden die Tat bislang nicht ein.

    Seit vergangenen Herbst hatte Abdelmasih H. auf der Straße in Annecy gelebt. Nachts schlief er auf einem Karton. Anwohner, die ihn regelmäßig sahen, beschrieben ihn gegenüber Medien als sehr ruhig und diskret, niemals aggressiv. Wenige Tage vor der Tat erhielt er eine Abmahnung, weil er sich nackt im Lac d‘Annecy gewaschen hatte. Im Jahr 1991 in Syrien geboren, verließ Abdelmasih H. das Land mit Beginn des Bürgerkriegs 2011 über die Türkei, wo er seine spätere Frau kennenlernte. 2013 zog das Paar nach Schweden. Sein Asylantrag wurde dort bewilligt, nicht aber sein Antrag auf die schwedische Staatsbürgerschaft. Im vergangenen Herbst verließ H.

    So reagierte die Ehefrau des mutmaßlichen Täters

    Französische Medien nahmen Kontakt zur Ex-Frau des Täters auf, die von einem Journalisten des Fernsehsenders BFMTV von den Ereignissen erfuhr. Dieser veröffentlichte das Gespräch, in dem sie immer wieder nachfragte, um zu begreifen, was passiert war – sie schien völlig entgeistert. H. sei ein guter Mann und Vater der gemeinsamen dreijährigen Tochter, sagte sie. Allerdings hatten beide seit Monaten keinen Kontakt mehr. BFMTV veröffentlichte auch ein Interview mit einem 24-jährigen Mann namens Henri. Neben anderen Anwesenden, darunter zwei Stadt-Angestellten, hatte sich dieser dem Angreifer entgegengestellt, um ihn von dem Kinderspielplatz zu vertreiben. Videos zeigen Henri, wie er den Täter verfolgte und mit seinem Rucksack nach ihm schlug. "Ich habe gehandelt, wie es jeder andere Franzose auch getan hätte", sagte der junge Mann, der gerade auf einer "Tour der Kathedralen" durch Frankreich pilgert.

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