Soll es ein wirklich französisches Mahl sein, so wie es viele Generationen kennen und die Unesco sogar auf die Liste der Kulturerbe gesetzt hat, dürfen sie nicht fehlen zwischen Hauptgang und Dessert: Käsespezialitäten wie Cantal und Comté, Morbier und Munster, Roquefort und Rocamadour. Doch akuter Wassermangel stellt nun eine Bedrohung für die französische Esskultur dar.
46 Sorten tragen in Frankreich das vom Nationalinstitut für Herkunft und Qualität INAO vergebene Siegel AOP (Appellation d’origine protégée), also eine geschützte Ursprungsbezeichnung. Um es verwenden zu dürfen, müssen die Produkte mehrere Kriterien erfüllen: vom geografischen Ursprung über bestimmte Merkmale wie Größe, Konsistenz und Aroma bis zu den traditionellen Herstellungsbedingungen, die in einem Pflichtenkatalog genau festgelegt sind. Aber sie setzen die Produzenten mancher AOP-Käsesorten unter Druck. Nicht nur leiden sie an steigenden Kosten, einem Nachwuchsproblem und dem zunehmenden Fachkräftemangel auch in Frankreich – hinzu kommen die Auswirkungen des Sommers, der besonders heiß und trocken war.
Die französischen Käseproduzenten müssen sich an die neuen Bedingungen anpassen
Aufgrund des Wassermangels war es den Landwirten in vielen Regionen nicht möglich oder schlichtweg verboten, ihre Weideflächen zu bewässern. Dabei sehen die AOP-Kriterien vor, dass die Schafe, Kühe und Ziegen überwiegend frisches Futter von den Wiesen verzehren sollten. Da diese ausgetrocknet waren, gaben die Tiere oft weniger Milch – die Folge war ein geringerer Ertrag.
Anfang August entschieden die 79 Hersteller des Rohmilchkäses Salers, die Produktion ganz einzustellen. „Ende Juli, Anfang August waren alle Weideflächen gelb“, begründete der AOP-Präsident Laurent Lour den Schritt. So kam die Frage auf, ob der Pflichtenkatalog an die heutige Zeit mit extremeren Wetterschwankungen angepasst werden muss. „Im Moment haben wir elf Anfragen nach Ausnahmebefugnissen“, sagte Hubert Dubien, Präsident des Nationalrats der kontrollierten Herkunftsbezeichnungen im Milchbereich (CNAOL), Ende September. So bemühen sich die Produzenten beispielsweise um die Erlaubnis, einen größeren Anteil an Strohfutter auch aus Regionen außerhalb der definierten Zonen verfüttern oder die Zahl der vorgeschriebenen Weidetage reduzieren zu dürfen.
Werden die Kriterien jetzt an den Klimawandel angepasst?
Längst gibt es beim CNAOL Arbeitsgruppen, die damit beauftragt sind, die Vorschriften anzupassen – streng sollen sie bleiben, um die jeweiligen Branchen zu schützen und die Verbraucher zu versichern, dass sie sich auf die gewohnte Qualität verlassen können.
Nicht nur die französischen Käseproduzenten müssen sich an neue Wetterbedingungen anpassen, sondern auch die Weinbauern. Seit einigen Jahren gibt es Überlegungen, die Pflichtenkataloge für die 363 verschiedenen Weine, die mit einem AOP-Siegel geschützt sind, an die Klimaveränderungen anzupassen. Dass diese „wahrscheinlich neu überdacht werden müssen“, bestätigte Landwirtschaftsminister Marc Fesneau. Denn die Käseplatte als Vorspiel zum Dessert braucht einen würdigen Begleiter, um das Mahl rund zu machen.