Vor der niederländischen Wattenmeerinsel Ameland ist in der Nacht auf Mittwoch ein Feuer auf einem Frachtschiff ausgebrochen. Noch immer ist der Brand nicht unter Kontrolle. Knapp 3000 Autos befinden sich auf dem Frachter. Eine Person ist nach Angaben der niederländischen Küstenwache bei dem Brand ums Leben gekommen. 23 Mitglieder der Besatzung konnten von Hubschraubern der Küstenwache gerettet werden, 22 seien leicht verletzt.
Die Lage sei aber stabil, sagte eine Sprecherin der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Der Brand habe nachgelassen, und die Temperatur sei gesunken. Die Eindämmung des Feuers verläuft jedoch mühsam. Die Küstenwache rechnet sogar damit, dass es noch Tage oder sogar Wochen brennen könnte. Die Angst vor einer Naturkatastrophe ist daher groß. Denn neben den zahlreichen Autos könnten Schweröl und Treibstoff in die Nordsee gelangen. Das wäre auch eine Bedrohung für die deutschen Wattenmeerinseln.
Schiff kann vorerst nicht an sicheren Ort geschleppt werden
Der seit Tagen brennende Autofrachter vor der niederländischen Küste kann vorerst doch nicht an einen sichereren Ort geschleppt werden. Das für dieses Wochenende geplante Manöver war am Samstagabend kurzfristig abgesagt worden. Die derzeitige Windrichtung und der noch immer starke Rauch im brennenden Schiff machten den Einsatz unmöglich, teilte die Wasserbehörde in Den Haag mit. Möglicherweise müssen die Bergungsspezialisten nun Tage auf einen günstigeren Wind warten. "Bis dahin bleibt das Schiff an seiner heutigen Position."
Ein Verlegen des Frachters war möglich geworden, weil das Feuer schwächer geworden war. Außerdem hatten Bergungsspezialisten an Bord der "Fremantle Highway" festgestellt, dass das Schiff stabil war. Trotz der ungeheuren Hitze durch den Brand tief im Bauch des Schiffes auf den Autodecks hatten die Stahlwände auch unter der Wasserlinie standgehalten, wie die Wasserbehörde mitteilte.
"Fremantle Highway" liegt aktuell zwischen zwei stark befahrenen Schifffahrtsrouten
Die niederländischen Einsatzkräfte hatten die Vorbereitungen zum Wegschleppen des Autofrachters am Samstag gestartet. Sie sollte Richtung Osten zur Wattenmeerinsel Schiermonnikoog verlegt werden, teilte ein Sprecher der Wasserbehörde in Den Haag mit. "Wir halten uns auf dem Laufenden und den Atem an", twitterte die Bürgermeisterin von Schiermonnikoog, Ineke van Gent, am Samstag.
Der neue Ankerplatz vor Schiermonnikoog soll sicherer sein. Das Schiff liegt derzeit genau zwischen zwei sehr stark befahrenen Schifffahrtsrouten nach Deutschland. Der neue Ort liegt dagegen fern der Routen und soll windgeschützter sein. Dort sollte der Frachter solange bleiben, bis er in einen Hafen geschleppt werden kann. Noch ist nicht bekannt, welcher Hafen das sein sollte.
Löschwasser könnte die "Fremantle Highway" zum Kentern bringen
Am Donnerstagnachmittag hatte sich das Havariekommando nach eigenen Angaben weiter auf einen möglichen Schadstoffaustritt vorbereitet. Es standen zwei Schiffe des Bundes und fünf Schiffe der Bundesländer bereit, wie ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven sagte. Dem Sprecher zufolge konnte das Havariekommando die Äußerungen des niederländischen Ministers für Infrastruktur und Wasserverwaltung, Mark Harbers, nachvollziehen. Dieser hatte gesagt, die Gefahr einer Ölpest sei für die niederländischen Wattenmeerinseln gering. Sollte Treibstoff ausströmen, würde sich dieser Richtung Norden in die offene See ausbreiten. Das zeigten auch Modelle des Havariekommandos.
"Wir tun alles, um das zu verhindern", sagte ein Sprecher der Wasserbehörde dem niederländischen Radiosender NOS. In der Nacht auf Mittwoch sei die Meldung über den Brand eingegangen. Bergungsspezialisten und die Wasserbehörde überlegen nun, wie man die "Fremantle Highway" bergen kann. Direkt Löschen ist nach Angaben der Küstenwache gefährlich. Denn das Löschwasser könnte das Schiff zum Kentern bringen.
Ein weiteres Problem laute, dass die Einsatzkräfte nicht direkt an den Brand herankommen. "Das ist ja eine große Hülle, in der es innen brennt. Ich kann nur von außen Wasser draufgeben, ich komme also nicht rein, ich habe keine Öffnung, wo ich irgendwo sinnvoll Löschmittel einsetzen kann", sagte Schiffssicherheitsexperte Lars Tober von der Gesellschaft für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit Ostsee am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin".
Lithium-Batterien der Elektroautos erschweren Löscharbeiten
Das Feuer auf dem Schiff war 27 Kilometer vor der Küste Amelands ausgebrochen. Inzwischen ist der Frachter leicht nach Westen abgedriftet. Er befinde sich nun etwa 16 Kilometer nördlich der Insel Terschelling, sagte ein Sprecher der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag.
Noch am Mittwochvormittag war es den Einsatzkräften gelungen, das Frachtschiff mit einem Kabel an einem Schlepper festzumachen. Damit solle laut der niederländischen Küstenwache verhindert werden, dass es abtreibt. Stabil sei das Kabel allerdings nicht. Die Bergung gestaltet sich als schwierig. Vor allem die Lithium-Batterien der Elektroautos an Bord erschwerten die Löscharbeiten, erklärte ein Sprecher der Küstenwache. Zwei Rettungsboote versuchen, den Rumpf des Frachters seitlich zu kühlen. Am Mittwoch wurde noch versucht, mithilfe zweier Rettungsbooten die Seiten des brennenden Schiffs zu kühlen. Die Kühlung wurde jedoch beendet, weil sonst laut Küstenwache die Gefahr bestehe, dass zu viel Meerwasser ins Schiff gelange.
Brand auf Frachtschiff vor Ameland: Elektroauto vermutlich Ursache
Am Mittwochabend stufte die Küstenwache die Lage als stabil ein. Spezialisten eines Bergungsunternehmens seien mit einem Hubschrauber über das brennende Schiff geflogen. Die Experten, auch von der zuständigen Wasserbehörde, würden nun gemeinsam ein Vorgehen absprechen.
Die Ursache des Feuers ist noch unklar. Es wird vermutet, dass Elektroautos an Bord der Brandherd waren. Davon zeugen Aufnahmen vom Funkverkehr der Rettungskräfte.
Insgesamt 2857 Autos seien an Bord des Schiffs – 500 davon Elektroautos. Das berichtete die niederländische Nachrichtenagentur ANP am Freitag. Zuvor war die Rede von nur 25 Stück. Ein Sprecher der japanischen Reederei Kawasaki teilte dagegen der Deutschen Presse-Agentur in Tokio mit, das Schiff habe 3783 Autos geladen. Die "Fremantle Highway" war unterwegs aus Bremerhaven nach Port Said in Ägypten. Das Schiff fährt unter der Flagge von Panama.
Schon in der Nacht auf Mittwoch soll die Besatzung versucht haben, dass Feuer auf dem rund 200 Meter langen Schiff löschen. Das sei allerdings fehlgeschlagen. Daraufhin starteten Sicherheitskräfte das Schiff zu evakuieren. Einige Besatzungsmitglieder seien rund 30 Meter in die Tiefe von Bord gesprungen.
Feuer auf Auto-Frachter: Deutschland will Niederlande unterstützen
Auch die Behörden in Deutschland sind alarmiert. Das deutsche Havariekommando in Cuxhaven bot der niederländischen Küstenwache Unterstützung an. "Wir beobachten die Situation", sagte ein Sprecher des Havariekommandos zunächst gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Gegen drei Uhr nachts habe das Havariekommando den Schlepper "Nord" von Helgoland aus zur Einsatzstelle entsandt.
Das Havariekommando in Cuxhaven ist in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig. Es ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der fünf norddeutschen Bundesländer. Bei Unfällen auf der Nord- und Ostsee plant und organisiert es Hilfe etwa für Verletzte, bei Verunreinigungen durch Schadstoffe und bei Bränden.
Die niederländische Umweltorganisation De Noordzee befürchtet, dass der brennende und sinkende Frachter große Umweltschäden zur Folge haben könnte. "Das könnte eine Umweltkatastrophe für die Nordsee und das Wattenmeer bedeuten", sagte ein Sprecher der Stiftung der niederländischen Nachrichtenagentur ANP. Auch der Bürgermeister der deutschen Nordseeinsel Borkum befürchtet schwere Folgen für die Umwelt. "Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und unkontrolliert Schadstoffe in das Meer gespült werden", erklärte er der Deutschen Presse-Agentur. (mit dpa)