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Flugzeugabsturz: Seerettung birgt menschliche Körperteile nach Geisterflug einer Cessna 551

Flugzeugabsturz

Seerettung birgt menschliche Körperteile nach Geisterflug einer Cessna 551

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    Das von Flightradar24 zur Verfügung gestellte Bild zeigt die Flugbahn einer Cessna 551 vor ihrem Absturz in die Ostsee.
    Das von Flightradar24 zur Verfügung gestellte Bild zeigt die Flugbahn einer Cessna 551 vor ihrem Absturz in die Ostsee. Foto: Flightradar24, dpa

    Nach dem rätselhaften Absturz eines Privatjets mit vier Insassen in der Ostsee sind menschliche Körperteile nahe der Absturzstelle gefunden worden. Bei einer umfassenden Suchaktion auf See fanden lettische Einsatzkräfte zuvor mehrere Trümmerteile der Unglücksmaschine. An Bord der Maschine vom Typ Cessna 551 befanden sich der Kölner Karnevalsfunktionär Peter Griesemann, seine Frau, seine Tochter und deren Freund. „Wir suchen weiterhin nach Überlebenden“, sagte der Leiter des lettischen Seerettungskoordinationszentrums, Peteris Subbota. Man wolle alle Wrackteile aufspüren und sicherstellen, dass kein Öl ausgetreten sei.

    Das Privatflugzeug war am Sonntag auf dem Weg aus dem südspanischen Jerez nach Köln bis über die Ostsee geflogen und dort am Abend vor der Küste Lettlands ins Meer gestürzt. Abfangjäger aus mehreren Ländern verfolgten die Maschine während ihres mysteriösen Flugs über weite Teile des europäischen Kontinents, darunter auch deutsche. Ein Flugzeug der schwedischen Küstenwache entdeckte schließlich die Absturzstelle westlich der lettischen Hafenstadt Ventspils, ehe die Sucheinsätze eingeleitet wurden.

    Die Flugdaten der Cessna sind vorhanden

    Flugdaten geben Aufschluss über die letzten Minuten vor dem Absturz. Laut „flightradar24“ war  die Maschine zunächst planmäßig am Sonntag um 14.57 Uhr aus Jerez in Richtung Flughafen Köln/Bonn gestartet. Sie befand sich demnach auf Kurs, machte südwestlich von Paris gegen 17.10 Uhr eine starke Rechtskurve und flog Richtung Deutschland. Nach Angaben der spanischen Flugverkehrskontrolle habe der Pilot kurz nach dem Start in Jerez Druckprobleme in der Kabine gemeldet. Über Frankreich sei der Funkkontakt schließlich abgebrochen. Die Maschine war dann gegen 17.45 Uhr in den deutschen Luftraum rund 50 Kilometer südlich von Aachen eingetreten.

    Sieben Minuten später flog sie mit unverändertem Kurs in Richtung Nordosten über den Flughafen Köln/Bonn hinweg und in gerader Linie weiter. Ersten Hinweisen zufolge muss Peter Griesemann, der die Maschine flog, wohl bewusstlos geworden sein. Gegen 18 Uhr bemerkte ein Junge zufällig am Himmel über Köln, wie ein Eurofighter die Cessna über der Stadt in gerader Linie begleitete. Mit der Kamera des Vaters machte er eine Aufnahme, die die Familie dem Kölner Stadt-Anzeiger zur Verfügung stellte.

    Die Behörden gehen davon aus, dass die düsengetriebene Cessna auf Autopilot geschaltet war. Alarmrotten der Bundeswehr, bestehend aus je zwei Abfangjägern, hatten die führerlose Maschine begleitet, nachdem der ungewöhnliche Flugverlauf aufgefallen war. Durch Berechnungen über die verbleibende Treibstoffmenge an Bord des Fliegers soll die Bundeswehr nicht von einer akuten Bedrohung – sprich von einem Absturz im deutschen Luftraum – ausgegangen sein. Gegen 18.45 Uhr verließ das Privatflugzeug nordöstlich von Rügen den deutschen Luftraum und  passierte anschließend die dänische Ostseeinsel Bornholm. Es befand sich dauerhaft auf einer Flughöhe von knapp 10.950 Metern, bis gegen 19.30 Uhr über der Ostsee plötzlich der Sinkflug einsetzte und das Flugzeug rasch an Höhe verlor.

    Ab 19.40 Uhr kreiselte die Maschine in Richtung Meer, bis der Kontakt um 19.44 Uhr komplett abbrach. Sie war laut Aufzeichnung der automatischen Datenübertragung beim Aufprall mehr als 475 Stundenkilometer schnell. Bei einem Druckabfall in großer Höhe bleiben dem Piloten nur wenige Sekunden Reaktionszeit. In der Flughöhe von 10.950 Metern sind das etwa 20 Sekunden. In dieser Zeit müsste er sich eine Maske aufsetzen und den Jet so schnell wie möglich auf eine niedrigere Höhe bringen. Dieser Versuch unterblieb bei dem Flug am Sonntag. 

    Bergungsteam findet menschliche Körperteile nahe der abgestürzten Maschine

    Nach Angaben der lettischen Seerettung wurden bei den Suchaktionen Wrackteile der zerstörten Cessna entdeckt, die in die östlich gelegene Hafenstadt Ventspils gebracht werden sollen. Später fanden die Retter auch menschliche Körperteile nahe der Absturzstelle. Die Überreste seien der Kriminalpolizei zur weiteren Ermittlung übergeben worden, sagte die Sprecherin der lettischen Marine, Liva Veita, am Dienstag der Nachrichtenagentur Leta. Auch der Chef des lettischen Seerettungskoordinationszentrums, Peteris Subbota, bestätigte den Fund, der am Montagabend vor Einbruch der Dunkelheit erfolgt sei. 

    Es seien drei Schiffe in der Absturzregion im Einsatz, zwei der Marine und eines der Küstenwache. Ein Hubschrauber fliege regelmäßige Einsätze. Die Arbeiten sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden, sagte Subbota. Nach seinen Angaben verfügt das Flugzeug, das auf eine der Griesemann-Familie gehörende Luftfahrtfirma zugelassen war, möglicherweise nicht über eine Blackbox. Dies könnte die Ermittlung der bislang nicht geklärten Absturzursache erschweren. Die Ostsee ist an der Absturzstelle etwa 60 Meter tief.

    Die Cessna gehört der GG Rent GmbH, die in Bergisch Gladbach ansässig ist. Peter Griesemann war einer der Geschäftsführer des Unternehmens. Die Maschine war in Österreich registriert, Griesemann selbst flog sie wohl häufiger. Die Nachrichten vom möglichen Tod des auch als Karnevalist aktiven Griesemann löste in Köln Trauer und Entsetzen aus. Oberbürgermeisterin Henriette Reker zeigte sich in einer Mitteilung an die Familie bestürzt über das "tragische Unglück".

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