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Flugzeugabsturz: Prozess in Paris: Hätte der Absturz von AF 447 verhindert werden können?

Flugzeugabsturz

Prozess in Paris: Hätte der Absturz von AF 447 verhindert werden können?

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    Juni 2009: Ein Wrackteil der abgestürzten Air-France-Maschine AF 447 wird aus dem Atlantik geborgen.
    Juni 2009: Ein Wrackteil der abgestürzten Air-France-Maschine AF 447 wird aus dem Atlantik geborgen. Foto: Brazilian Air Force, dpa (Archivbild)

    Es waren vier fatale Minuten im Cockpit des Flugs AF 447 von Rio de Janeiro nach Paris in der Nacht des 31. Mai 2009, in denen das Todesurteil aller Insassen besiegelt wurde. Durch eine Vereisung der sogenannten Pitot-Sonden lieferten diese plötzlich keine Informationen mehr über die aktuelle Geschwindigkeit des Airbus, der eine Gewitterzone durchflog. Weil einer der Co-Piloten – fälschlicherweise, wie man heute weiß – davon ausging, dass die Maschine absank, versuchte er, sie nach oben zu ziehen. Daraufhin setzten schrille Warnmeldungen ein. „Stall – stall – stall“ hallte es in der Pilotenkabine, um auf den Strömungsabriss hinzuweisen. „Ich habe keine Kontrolle mehr über das Flugzeug“, rief der Co-Pilot.

    Aus 11.000 Metern Höhe stürzte die Maschine vor der Küste Brasiliens in den Atlantik. Alle 216 Passagiere, unter ihnen 28 Deutsche, und die zwölf Crewmitglieder starben. Es folgten jahrelange Ermittlungen und ein juristisches Tauziehen um die mögliche Schuld des Flugzeugbauers Airbus sowie der Luftfahrtgesellschaft Air France. Nach einer Einstellung des Verfahrens 2019 revidierte ein Berufungsgericht diese Entscheidung und machte den Weg für einen Prozess gegen die Unternehmen frei. Dieser hat nun begonnen.

    Schon vor dem Absturz von AF 447 waren Probleme mit den Sonden bekannt

    Bis zum geplanten Urteil am 8. Dezember wird es in Paris viel um technische Details gehen, aber auch um allgemeine Fragen der Verantwortlichkeit. Denn Probleme mit den Pitot-Sonden waren längst bekannt gewesen. Schon 2004 warnte der Hersteller Thales vor der frühzeitigen Abnutzung, die zu Eisbildung mit möglicherweise „katastrophalen“ Folgen führen könne. In den 15 Monaten vor dem Unglück gab es 16 Berichte über so ausgelöste gefährliche Situationen bei anderen Flügen.

    Doch im Gegensatz zu den Luftfahrtgesellschaften Air Caraïbes und XL Airways verzichtete Air France auf den Austausch der fehlerhaften Sonden. Dem Unternehmen wird darüber hinaus vorgeworfen, die Piloten nicht auf eine entsprechende Extremsituation ausgebildet und vorbereitet zu haben. Airbus wiederum wird beschuldigt, die Störungen unterschätzt und die Luftfahrtgesellschaften nicht ausreichend informiert zu haben.

    Anne Rigail (weiße Bluse), CEO von Air France, kommt am Montag zum Prozess in Paris.
    Anne Rigail (weiße Bluse), CEO von Air France, kommt am Montag zum Prozess in Paris. Foto: Michel Euler, AP/dpa

    Beiden Konzernen drohen Strafen in Höhe von 225.000 Euro. Um die Entschädigungen der Opferfamilien wird es nicht gehen, die laut französischen Medienberichten weitgehend abgeschlossen sind.

    Es geht auch um den guten Ruf von Airbus und Air France

    Vor allem steht das Image von Air France und Airbus als eine der sichersten Fluggesellschaften beziehungsweise als verlässlicher Flugzeugbauer auf dem Spiel. Beide weisen die Verantwortung von sich. Ihre Anwälte sehen die Schuld bei den Piloten und den Flugbehörden, die es angeblich an Vorgaben mangeln ließen. Tatsächlich hatte der damalige Generaldirektor von Air Caraïbes im September 2008 die französische Generaldirektion für zivile Luftfahrt auf die „Schwere der Vorfälle“ durch die Sonden hingewiesen. Ein Monat später kam die Antwort, man habe das Problem an die Europäische Agentur für Luftsicherheit EASA weitergeleitet. Diese ist juristisch immun.

    „Es scheint, dass jeder versucht, den Schwarzen Peter von sich wegzuschieben“, sagte Sébastien Busy, Anwalt mehrerer Hinterbliebenen, im Vorfeld des Prozesses. 411 Parteien treten als Nebenkläger auf. Die Vorsitzende der Hinterbliebenen-Vereinigung „AF 447 – gegenseitiger Beistand und Solidarität“, Danièle Lamy, die ihren Sohn Eric bei dem Unfall verloren hatte, sagte, der Prozess werde schwer, sei aber unverzichtbar für die Familien: „Es ist extrem wichtig, dass ein Urteil die Verantwortlichen bestraft.“

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