Wer in diesen Tagen im Internet surft, kommt am Fall der verschwundenen Rebecca nicht vorbei. Nicht an den Fotos, auf denen sie einmal eine Rose in der Hand hält und einmal ernst in die Kamera schaut. Seit neun Tagen wird die 15-Jährige aus Berlin vermisst. Bis Mittwoch gingen dutzende Hinweise bei der Polizei ein – doch noch immer ist ihr Verbleib ungeklärt. Eine Mordkommission ermittelt, weil die Polizisten nicht ausschließen, dass das Mädchen einer Straftat zum Opfer gefallen ist.
#findbecci: Suche nach vermisster Rebecca im Netz
Neben der Polizei versuchen auch Familie und Freunde von Rebecca, irgendeinen Hinweis zu finden. Seit Tagen bittet ihre Schwester auf Facebook und Instagram um Hilfe. „Becci, wir finden dich. Egal, wo du jetzt bist“, schreibt sie unter dem Stichwort #findbecci. Und weiter: „Wir lieben dich. Gott ist bei dir und behütet dich.“ Fast täglich organisiert die junge Frau Suchaktionen und verteilt Flugblätter, um Rebecca zu finden. In kurzen Videos auf Instagram macht sie darauf aufmerksam und bittet um Unterstützung. Die Anteilnahme ist groß. Hunderte Nutzer zeigen in Kommentaren ihr Mitgefühl, fast ebenso viele teilen den Suchaufruf auf ihrem eigenen Profil. Viele wollen helfen.
Zuletzt kam es mehrfach vor, dass Familien über soziale Netzwerke nach verschwundenen Kindern oder Geschwistern suchten. Der Bruder der Oberfränkin Sophia L. hatte Facebook zu Hilfe genommen, bevor seine Schwester tot in Spanien entdeckt wurde. In Wiesbaden war im Mai 2018 die 15-jährige Susanna verschwunden. Tage später die traurige Gewissheit: Der Iraker Ali B., 21, hatte sie vergewaltigt und getötet. Vorher veröffentlichte Su-sannas Mutter Suchaufrufe im Internet, teilte ihre Hoffnung und Angst mit tausenden Nutzern.
Solche privaten Aufrufe sind verständlich, aber helfen sie auch bei der Suche nach einer vermissten Person? Die Berliner Polizei wollte die Suchaktion im aktuellen Fall auf Nachfrage unserer Redaktion nicht kommentieren – anders als der Wiesbadener Kriminalpsychologe Rudolf Egg. „Es ist natürlich nicht verboten, dass Freunde und Familie nach dem Mädchen suchen. Früher hat man Zettel aufgehängt, heute geschieht die Suche übers Internet“, sagt der erfahrene Profiler. Gleichzeitig rät er Angehörigen, private Suchaktionen immer mit der Polizei abzusprechen. Ob Rebeccas Familie das getan hat, ist nicht bekannt.
Rebecca vermisst: Polizei veröffentlicht Fotos
Natürlich steht auch bei den Ermittlungen der Polizei das Opfer im Mittelpunkt – genauso wie bei Verwandten und Freunden. Ganz dasselbe ist es aber nicht: „Wenn ein Verbrechen nicht ausgeschlossen werden kann, geht es der Polizei nicht nur darum, das Opfer zu befreien, sondern auch den Täter zu fassen“, erklärt Egg. „Die Angehörigen haben dieses Doppelinteresse vielleicht nicht in gleicher Weise. Sie möchten einfach nur ihr Kind wiederfinden.“ Auf die Frage, ob es sich auf das Handeln eines potenziellen Täters auswirken kann, wenn tausende Menschen im Internet über ihn und sein Verbrechen diskutieren, sagt Egg: „Es kann sein, dass der Täter sich durch die private Suchaktion in die Enge getrieben fühlt. Das ist bei einer öffentlichen Fahndung der Polizei aber auch der Fall.“
Rebecca hatte die Nacht zum 18. Februar bei ihrer älteren Schwester verbracht. Am Montagmorgen hätte sie um 9.50 Uhr in ihrer Schule sein sollen, erschien dort jedoch nicht. Die Wohnung der Schwester verließ das Mädchen laut Zeitungsberichten gegen 7.15 Uhr. Zuvor soll Rebecca Handy-Nachrichten verschickt haben, dann wurde das Gerät ausgeschaltet. Und sie soll eine Decke mitgenommen haben. Warum, weiß niemand. Die Kripo befragte Zeugen wie Mitschüler und Freunde. Spürhunde wurden eingesetzt, die Handydaten ausgewertet. Am Mittwochmittag suchte ein Polizeihubschrauber das Mädchen. (mit dpa)
Hinweise zum "Fall Rebecca" nimmt die Mordkommission unter Tel. 030 / 4664-911 333 entgegen. Auch an jede andere Polizeistation können sich Zeugen wenden.