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Fernsehen: Schleichwerbung bei "Wetten, dass..?": Gottschalks unter Verdacht

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Schleichwerbung bei "Wetten, dass..?": Gottschalks unter Verdacht

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    Gottschalks unter Verdacht: Vetterles-Wirtschaft ist nicht nur in der Politik üblich. Sie ist auch in der öffentlich-rechtlichen Fernsehwelt daheim.
    Gottschalks unter Verdacht: Vetterles-Wirtschaft ist nicht nur in der Politik üblich. Sie ist auch in der öffentlich-rechtlichen Fernsehwelt daheim. Foto: dpa

    Gottschalks unter Verdacht: Vetterles-Wirtschaft ist nicht nur in der Politik üblich. Sie ist auch in der öffentlich-rechtlichen Fernsehwelt daheim. Wobei Brüder nützlicher sind als die sprichwörtlichen Vettern. Thomas Gottschalks Bruder heißt Christoph, und der hat mit seiner Firma Dolce Media praktischerweise vor vielen Jahren die Vermarktungsrechte für die ZDF-Show "Wetten, dass..?" erworben. Thomas Gottschalk war nach Medienberichten bis 2009 an der Firma beteiligt.

    "Wetten, dass..?": Gottschalks unter Verdacht

    Man erinnert sich noch an die Gummibärchen, die in einer Schüssel vor dem Promi-Sofa kameratauglich präsentiert wurden. Genau das Naschwerk, für das der Moderator auch regelmäßig im Fernsehen warb. Die verschwanden plötzlich. Was blieb, waren die dicken Autos, die auf die Bühne rollten. Gewinnspiele sind zwar in Ordnung, aber was zwischen 2004 und 2006 in "Wetten, dass..?" passierte, hatte offensichtlich, wie man so sagt, ein "G’schmäckle".

    Mehr noch, es war Schleichwerbung, in die auch noch der Deutsche Fußball-Bund eingespannt war. Ehemalige Nationalspieler fuhren Wagen von Daimler-Chrysler auf die Bühne. Nach Recherchen des Spiegel soll das ZDF ab 2001 vorübergehend mit seiner Tochter ZDF Enterprises an der Dolce Media beteiligt gewesen sein, die den Deal eingefädelt hatte. In den vergangenen Jahren ließ Audi mithilfe von Christoph Gottschalk seine Vehikel bei "Wetten, dass..?" einfahren. Inzwischen ist das ZDF zur Besinnung gekommen.

    ZDF: Keine Erkenntnisse

    Aber viel zu lange hatte sich der Sender in der Grauzone des Wegschauens geübt. Denn der Star Thomas Gottschalk sollte ja nicht verärgert werden. Und auch Gottschalk-Nachfolger Markus Lanz, der die Diskussion nicht kommentiert, kam bislang aus der Nummer nicht heraus. Die Vorstellung des Gewinner-Audis hätte angeblich erst bei der zweiten Lanz-Sendung den "Richtlinien für die Präsentation der Gewinnspiele" entsprochen, wie es aus Mainz hieß.

    Mit solchen geschwollenen Formulierungen kann der Zuschauer nichts anfangen. Der merkt sofort, dass der Clip mit dem Gewinnspiel-Auto schon aufgrund einer hymnischen Anpreisung des Produkts ein verkappter Werbespot ist. Und die sind bekanntlich nach 20 Uhr rundfunkrechtlich nicht zulässig.

    Zusammenarbeit mit Dolce Media beendet

    Das ZDF reagierte auf Anfrage unserer Zeitung mit dem Hinweis, dass der Sender keine Erkenntnisse habe, dass im Zusammenhang mit der Präsentation von Gewinnspielpreisen Schleichwerbung bei "Wetten, dass..?" stattgefunden habe. Die Zusammenarbeit mit Dolce Media sei mit dem Ausscheiden von Thomas Gottschalk ohnedies beendet. Das ZDF steckt in Erklärungsnot. Zumal die Diskussion über die Haushaltsabgabe und allzu üppig ausgestattete Programme ohnehin den Sender belastet.

    Zitate: Thomas Gottschalk über "Gottschalk live"

    «Die Stunde vor acht gilt ja als Todeszone, in die sich ohnehin keiner traut. Da stehe ich jetzt als Desperado. Einer gegen alle!» (Interview im Männermagazin «GQ», Dezember 2011).

    «Ich sehe mich als Desperado, der der weitgehend spaßfreien Zone vor acht neues Leben einhaucht.» (In der Programmzeitschrift «TV Movie» am 5. Januar 2012)

    «Nein, wir haben unsere Form noch nicht gefunden. Aber wir wissen jeden Tag ein bisschen mehr und werden auch noch ein paar Tage mehr brauchen.» (In der «Bild»-Zeitung vom 27. Januar)

    «Die Jobs sind sicherer geworden. Der einzig unsichere Job und der unsicherste im ganzen Land ist anscheinend zurzeit meiner.» (In seiner Show am 1. Februar)

    «Letzte Woche bin ich mit meiner neuen Vorabendshow quotenmäßig Achterbahn gefahren, diese Woche U-Bahn. Nächste Woche, so Gott und die Zuschauer wollen, geht es ja vielleicht mit der Bergbahn nach oben.» (In der «Bild»-Zeitung vom 3. Februar)

    «Über das Schicksal eines Fernsehmoderators entscheidet das Publikum, und ich muss zur Kenntnis nehmen, dass es mir nicht gelungen ist, an diesem Programmplatz genügend Zuschauer zu begeistern.» (In einer ARD-Pressemitteilung vom 18. April)

    «Da wird ja nur eine Sendung zu Grabe getragen. Der Moderator erfreut sich bester Gesundheit und ist bester Laune.» (Bei der Aufzeichnung der Show am 18. April)

    «Ich bin sicher kein Opfer von ARD-Intrigen, wie manche mich zu trösten versuchen. An der Tatsache, dass aus meiner Vorabendshow nie das wurde, was ich mir eigentlich vorgestellt hatte, bin ich in erster Linie selber schuld.» (In einem Beitrag für die «Bild»-Zeitung am 2. Mai.)

    «Die Sendung ist nicht am öffentlich-rechtlichen System gescheitert, sondern daran, dass keiner sie sehen wollte.» (Beim «Zeit» Campus Talk am 16. Mai)

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