Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Fernseh-Mann: Der Mann hinter "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?"

Fernseh-Mann

Der Mann hinter "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?"

    • |
    Thomas Woitkewitsch hat hinter den Kulissen beim Fernsehen gearbeitet.
    Thomas Woitkewitsch hat hinter den Kulissen beim Fernsehen gearbeitet. Foto: Thomas Banneyer, dpa

    Neulich musste sich Thomas Woitkewitsch wegen Grauem Star behandeln lassen. Der Professor für Augenheilkunde fragte ihn, was er beruflich gemacht habe. "Ich war beim Fernsehen", antwortete Woitkewitsch. Ob man ihn kennen müsse, fragte der Arzt. "Nein", sagte Woitkewitsch. Dann fügte er hinzu: "Kennen Sie vielleicht das Lied "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?"" Und ob der Doktor das kannte! Bei der anschließenden Laser-Behandlung sang er es fehlerlos mit allen Strophen vor: "Denn schuld daran ist nur die SPD!"

    Liedtexter, Sketch-Schreiber und TV-Produzent Woitkewitsch, der diesen Freitag (18.8.) 80 Jahre alt wird, ist einer jener Fernsehleute, die nie selbst vor der Kamera standen, dahinter aber Kultstatus hatten.

    Er selbst würde das nie so sagen, denn er ist ein überaus leiser und zurückhaltender Mensch. "Ich bin jemand, der nie von sich aus aktiv wird, der viel zu schüchtern ist, um sich irgendwo anzubieten", erzählt der zweifache Großvater in seiner Wohnung in Köln. Sein großes Glück sei gewesen, dass er immer von Alfred Biolek gefördert und überall vorgestellt worden sei.

    In der Küche von Rudi Carrell

    Über "Bio" wurde Woitkewitsch 1974 Co-Autor von Rudi Carrells Samstagabendshow "Am laufenden Band" und schrieb dafür die Sketche und Lieder. Eines Abends im Jahr 1975 saß er in der Küche von Carrells Bauernhof bei Bremen, als der Entertainer um die Ecke bog und zu ihm sagte, er wolle in der nächsten Show mal ein Sommerlied singen. Daraufhin textete Woitkewitsch auf die Melodie des vier Jahre zuvor herausgekommenen US-Songs "City of New Orleans" das Lied, das den Niedergang des deutschen Sommers beklagt.

    "Das war in einer einzigen Nacht bei einem Kasten Bier", erinnert er sich. "Leider muss ich zugeben, dass die beste Textzeile "Denn schuld daran ist nur die SPD" von Rudi war, der die ganze Zeit dabeisaß." Schon am darauffolgenden Samstag - nur drei Tage nach der Entstehung - sang Carrell das Lied in "Am laufenden Band", und danach wurde es sofort ein Hit. "Ich hätte das nie erwartet", sagt Woitkewitsch, "aber Rudi hat schon direkt nach der Aufnahme gesagt: "Das wird ein Evergreen wie 'White Christmas', denn es gibt ja kaum Wetter-Songs"."

    Tatsächlich ist das Lied gleichsam zum Soundtrack des deutschen Sommers geworden. Immer wieder gehen auch politische Kommentatoren und Leitartikler darauf ein, in letzter Zeit verstärkt in Zusammenhang mit dem Klimawandel. Es ist statistisch erwiesen, dass die Sommer heute heißer sind als früher - stimmt das Lied also nicht mehr? Es so zu sehen, würde wohl am Kern des Textes vorbeigehen. "Viel mehr als ein Lied über den Sommer ist es ja ein Lied darüber, dass wir die Neigung haben, die Vergangenheit zu verklären und uns einzureden, dass früher alles besser gewesen ist."

    Herman van Veen und "Ich hab' ein zärtliches Gefühl"

    Woitkewitsch hat auch die Lieder des niederländischen Chansonniers Herman van Veen ins Deutsche übertragen, darunter seinen wohl bekanntesten Song "Ich hab' ein zärtliches Gefühl". "Damals, Anfang der 70er Jahre, durften sich Männer noch gar nicht zu zärtlichen Gefühlen bekennen, das war fast ein Tabu-Wort für einen Mann", erinnert sich der 1943 in Posen geborene Germanist. "Aber Herman mit seinem schönen sanften holländischen Akzent, der konnte das machen. Und dadurch hat er was bewegt."

    Der schlaksige Niederländer habe zum damaligen Zeitpunkt noch kein Wort Deutsch gesprochen, sondern die Texte in der für ihn fremden Sprache einfach auswendig gelernt. Er habe anfangs große Bedenken gehabt, überhaupt in Deutschland aufzutreten - der Zweite Weltkrieg und die Besatzungszeit lagen erst 30 Jahre zurück.

    "Ich habe damals auf ihn eingeredet wie verrückt und ihm gesagt: "Herman, es ist so schrecklich, was passiert ist, aber die junge Generation in Deutschland ist anders."" Als van Veen später als Brückenbauer zwischen

    Thomas Woitkewitsch hat noch viel mehr gemacht, etwa für die englische Komikertruppe Monty Python oder für die italienische Sängerin Milva. Aber unsterblich geworden ist er eben mit "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?" Nach der erfolgreichen Augen-OP hatte der Professor übrigens noch eine besondere Überraschung für ihn parat: "Er und die OP-Schwestern haben sich an den Händen gefasst, und dann haben sie gemeinsam den Refrain gesungen. Ich lag da nur und hab mir gedacht: Wenn das der Rudi sehen könnte!"

    (Von Christoph Driessen, dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden