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Explosion in Istanbul: Tote in Istanbul: Der Albtraum ist wieder da

Explosion in Istanbul

Tote in Istanbul: Der Albtraum ist wieder da

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    Einsatzkräfte eilen zum Ort der Explosion. Die genaue Zahl der Opfer ist noch unklar.
    Einsatzkräfte eilen zum Ort der Explosion. Die genaue Zahl der Opfer ist noch unklar. Foto: Francisco Seco, AP

    Der Albtraum ist wieder da. Sirenengeheul und das Knattern der Polizei-Hubschrauber erfüllen die Luft über dem Taksim-Platz im Herzen von Istanbul, mit rotierenden Blaulichtern warten reihenweise Rettungswagen am Eingang zur Flaniermeile auf dem Istiklal-Boulevard, auf der eine Stunde zuvor noch tausende Menschen fröhlich bummelten. „Geht weg, geht auseinander, geht fort von hier“, schreit ein bewaffneter Uniformierter in die Menge, die hinter den Absperrungen auf Nachricht von Vermissten wartet. „Je mehr Menschen beieinanderstehen, desto gefährlicher für alle – die niederträchtigen Täter könnten noch einmal zuschlagen.“ Weinende, schreiende und verstörte Menschen werden von Zivilpolizisten aus der Fußgängerzone herausgeführt. „Sie ist in Stücke gerissen worden“, schreit eine junge Frau. Fünf Jahre lang ist Istanbul verschont geblieben von Terroranschlägen, doch nun ist der Terror wieder da.

    Bombe in Istanbul verletzt 81 Menschen

    Zehntausende Menschen schieben sich an sonnigen Nachmittagen wie diesem den Istiklal-Boulevard entlang, dessen Geschäfte, Cafés und Restaurants auch sonntags geöffnet sind – Touristen ebenso wie Einheimische. Schulter an Schulter drängt sich die Menge in der Fußgängerzone, um Straßenmusikanten und Eisverkäufer bilden sich dichte Trauben von Passanten, und wenn die altmodische Bimmelbahn vorbeifährt, müssen alle noch etwas enger zusammenrücken.

    Um 16.20 Uhr Ortszeit (14.20 Uhr MEZ) geht mitten in dieser Menge eine Bombe hoch. Justizminister Bekir Bozdag sagt später am Tatort, eine Frau habe vor der Explosion rund 40 Minuten auf einer der Bänke gesessen, auf denen sich Passanten auf dem Istiklal-Boulevard ausruhen können. Eine Minute, nachdem die Frau weitergegangen sei, habe sich die Explosion ereignet. Nach Medienberichten stellte die schwarz gekleidete Frau mit Kapuzenjacke eine Tasche auf der Bank ab, bevor sie ging.

    Bilder von Überwachungskameras im Internet zeigen, wie Menschen an der Bank vorbeiströmen, auch die Tasche ist zu sehen. Dann folgt die Explosion. Ein Handy-Video auf Twitter, das einige hundert Meter vom Explosionsort entfernt aufgenommen wird, zeichnet einen orangenen Feuerball auf, der aus der Menschenmenge hochschießt. Passanten laufen schreiend davon. Sechs Menschen sterben, 81 werden verletzt.

    Türkische Regierung spricht von einem terroristischen Anschlag

    Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht vor seiner Abreise zum G20-Gipfel auf Bali von einem „heimtückischen Anschlag“, sein Stellvertreter Fuat Oktay präzisiert am Tatort, es handele sich um einen Terrorakt. Die türkischen Behörden drosseln nach dem Anschlag den Zugang zu sozialen Internet-Medien. Zur Begründung heißt es, die Verbreitung von Bildern von Toten und Verletzten solle verhindert werden.

    Die Polizei sperrt den Boulevard. Drei spanische Touristinnen, die den Anschlag miterlebten, halten sich aneinander fest und schluchzen, während sie von der Polizei aus der Fußgängerzone begleitet werden. Eine türkische Frau fragt an der Polizeiabsperrung verzweifelt, wo sie etwas über einen vermissten Bekannten erfahren kann.

    Schon in der Nacht haben die Behörden nach eigener Darstellung die Person festgenommen, die die Bombe auf der Einkaufsstraße Istiklal hinterlegt haben soll. Das teilte Innenminister Süleyman Soylu am frühen Montagmorgen nach Angaben des staatlichen Senders TRT mit. Es gebe Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Soylu kündigte laut TRT Vergeltung an. Die türkische Regierung hatte zuvor von einer verdächtigen Frau gesprochen. Auf Videos sei zu sehen, dass die Frau etwa 40 Minuten lang auf einer Bank auf der Einkaufsstraße gesessen habe und kurz vor der Detonation aufstand, so Justizminister Bekir Bozdag.

    Islamischer Staat bekannte sich zu Taten im Jahr 2016

    Erst in letzter Zeit war der Istiklal-Boulevard wieder aufgelebt. Schon lange vor der Pandemie war es hier still geworden – seit dem blutigen Terrorjahr von 2016, das die 16-Millionen-Stadt in Blut und Tränen badete. Zwölf deutsche Touristen starben damals schon im Januar bei einem Selbstmordanschlag vor der Blauen Moschee; ein weiterer Anschlag mit mehreren Toten und vielen Verletzten folgte im März auf dem Istiklal-Boulevard – nur ein paar Meter vom jetzigen Tatort entfernt. Im Juni desselben Jahres starben zwölf Menschen bei einem Anschlag auf einen Polizeibus, und kurz darauf wurden fast 50 Menschen bei einem Terrorangriff auf den Flughafen getötet; hunderte wurden verletzt. Ein Anschlag vor dem Fußballstadion von Besiktas kostete im Dezember 2016 fast 50 Menschen das Leben, und in der letzten Nacht des Jahres erschoss ein Terrorist in einem Nachtclub am Bosporus fast 40 Menschen, die dort ins neue Jahr feierten.

    Die Stadt versank damals in Angst und Schrecken. Jede Fahrt mit der U-Bahn erschien lebensgefährlich, Bars und Restaurants leerten sich, die Touristen blieben aus, und die Einheimischen mieden überfüllte Einkaufsstraßen wie den Istiklal-Boulevard, wo reihenweise Geschäfte eingingen und die Rollläden geschlossen blieben.

    Damals gingen einige Anschläge auf das Konto des Islamischen Staates (IS), zu anderen bekannte sich die kurdische Splittergruppe TAK. Seitdem hat Erdogans Regierung die Terrorgefahr nach eigenen Angaben mit militärischen, geheimdienstlichen und juristischen Mitteln eingedämmt. Innenminister Süleyman Soylu prahlte kürzlich, die Polizei kenne sogar die Schuhgrößen der noch verbliebenen Terroristen.

    Kritiker hatten dem Präsidenten jedoch in der Vergangenheit vorgeworfen, die Gewalt aus wahltaktischen Gründen zeitweise geduldet zu haben. Der Oppositionspolitiker Muharrem Ince schrieb auf Twitter, er hoffe, dass der Anschlag nicht der Auftakt zu einer ähnlichen Phase sei. Im nächsten Jahr wird in der Türkei gewählt. (mit dpa)

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