In die Modebranche in Deutschland kehrt keine Ruhe ein. Mehr und mehr Häuser melden vor Weihnachten überraschend Insolvenz an - darunter eine steigende Zahl an Großinsolvenzen Die aktuellen Schlagzeilen um die Modekette Aachener lesen sich zudem wie aus einem Spielfilm. "Konzern insolvent, Geschäftsführer auf der Flucht."
Dabei lagen die Dinge vor ein paar Wochen noch ganz anders. Eigentlich wollte die Aachener als Retter des durch die Signa-Pleite René Benkos erneut ins Schlingern geratene Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof fungieren und ein Teil der Filialen übernehmen. Das tat sie auch. Doch kurze Zeit später wurde auch die Aachener-Modehauskette zahlungsunfähig, der Retter zum Problemfall. Das Kuriose: Eine kleine ehemalige Kaufhof-Filiale in Coburg will nun als bisher einziges der übernommenen Kaufhäuser als neuer "Aachener Department Store" eröffnen. Was es damit auf sich hat und wie der Filialleiter den Schritt begründet, lesen sie hier.
Eröffnung trotz Insolvenz: Aachener mietete sieben Ex-Filialen von Karstadt-Galeria-Kaufhof
Zunächst galt Friedrich Wilhelm Göbel als Retter in der Not. Wie die Branchenzeitung TextilWirtschaft berichtet, übernahm der Geschäftsführer von "TEH Textilhandel GmbH", zu dem die Modehauskette Aachener gehört, im Sommer sieben Standorte der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof - darunter Großfilialen wie Karstadt in der Frankfurter Zeil.
Göbel sagte damals in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Flächen sollten "im Großen und Ganzen" weiterbetrieben werden, man werde zudem allen Mitarbeitern der betroffenen Filialen ein Angebot machen. Die Übernahme erfolgte zwar, doch Mitarbeiter und Kunden haben davon bisher wenig gespürt. Mit Ausnahme eines wurde seitdem keines der übernommenen Kaufhof- oder Karstadt-Kaufhäuser eröffnet. Der Grund: Die Textilhandel GmbH und mit ihr die Modehauskette Aachener sind selbst in finanzielle Schieflage geraten und haben laut WirtschaftsWoche Ende November beim Amtsgericht Dortmund ein Insolvenzverfahren angemeldet.
Eröffnung trotz Insolvenz: Ehemaliger Geschäftsführer der Aachener auf der Flucht
Doch auch nach dem Antrag auf Insolvenz, um mittel- und langfristig die Zahlungsfähigkeit und den Fortbestand der Unternehmensgruppe zu sichern, scheinen die Ereignisse um die Textilhandel GmbH und die Aachener-Modehauskette alles andere als geordnet zu sein. Denn der ehemalige Geschäftsführer Göbel ist zurückgetreten und untergetaucht. Dem 60-jährigen Manager wird laut dem Wirtschaftsblatt Capital vorgeworfen im Jahr 2020 falsche Angaben zu seinem Vermögen gemacht und bei einer eidesstattlichen Versicherung gelogen zu haben. In der Vergangenheit wurde Göbel zudem bereits wegen Insolvenzverschleppung und Fahrens ohne Führerschein rechtskräftig verurteilt. Anfang November 2023 entzog er sich einem Gerichtstermin. Seitdem wird er von den Behörden per Haftbefehl gesucht.
Göbel selbst hatte zuvor in einer Mail an die Belegschaft seinen Abschied bekanntgegeben: "Ich bin seit gestern nicht mehr Geschäftsführer der TEH Textilhandel GmbH. Die Geschehnisse um meine Person haben diese Veränderung notwendig gemacht, um eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Weiterentwicklung von 'Aachener' zu erfüllen", wie die TextilWirtschaft in Auszügen aus der Mail berichtet.
Die Aachener-Modekette soll derweil ohne ihren ehemaligen Geschäftsführer in solventes Fahrwasser geführt werden. Inzwischen ist laut WIWO der erfahrene Sanierungsjurist Oliver Nobel von der Kanzlei Görg der alleinige Geschäftsführung der Aachener-Muttergesellschaft TEH Textilhandel. In einem Brief an die Mitarbeiter der Unternehmensgruppe, aus dem das Handelsblatt zitiert, heißt es: "Nach aktuellem Stand der Dinge ist nicht mehr sichergestellt, dass wir fällige Verbindlichkeiten noch termingerecht und vollständig begleichen können."
Aachener-Filialleiter in Coburg: "Sondereröffnung aus wirtschaftlicher Notwendigkeit"
Als ein kleines "Weihnachtswunder" wie die Fränkische Post titelte, kann man vor diesem Hintergrund schon mal die Eröffnung des ehemaligen Kaufhof- und jetzigen Aachener-Kaufhauses im bayerischen Coburg bezeichnen. Wie die Neue Presse aus Coburg schreibt, möchte Filialleiter Uwe Sonntag trotz des erst gerade begonnenen Insolvenzverfahrens des Mutterkonzerns an diesem Freitag in Coburg eröffnen. "Wir hätten lieber mit schick und schön geöffnet", so Sonntag gegenüber np-coburg.de.
Auch baulich lasse der jetzige Zustand der Filiale zu Wünschen übrig, was sich auch in den nächsten Wochen nicht bessern werde. "Es wird eine Sonderöffnung aus wirtschaftlicher Notwendigkeit", so Sonntag weiter. Für die Kunden könnte dennoch einiges dabei rausspringen. "Wir werden auf fast alle Marken 30 Prozent Rabatt geben", so der Filialleiter.
Hinweis: In einer ersten Version des Artikels stand, dass Galeria Karstadt Kaufhof insolvent sei. Das ist nicht korrekt. Der Fehler wurde im Artikel korrigiert.