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Energiepreise in England: Viele Pubs müssen schließen

Gastronomie

Das Pub macht schlapp: Energiepreise zwingen britische Gastro in die Knie

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    Schön sind sie, ohne Zweifel. Und eine lange Tradition haben sie erst recht. Umso trauriger, dass viele Pubs in Großbritannien um ihre Existenz bangen.
    Schön sind sie, ohne Zweifel. Und eine lange Tradition haben sie erst recht. Umso trauriger, dass viele Pubs in Großbritannien um ihre Existenz bangen. Foto: Dominic Lipinski, PA Wire/dpa (Symbolbild)

    Mit ihrer typischen, meist schwarz gestrichenen Fassade und Namen wie „The Red Lion“ oder „The Crown“ sind Pubs nach wie vor die zweiten Wohnzimmer für viele Britinnen und Briten. Hier treffen sie sich nach der Arbeit oder am Wochenende, um gemeinsam ein Bier oder ein Cider zu trinken oder auch zum traditionellen Sonntagsbraten, dem „Sunday Roast“. Hier reden sie über ihre Sorgen, von denen sie derzeit nicht wenige haben. Noch. Denn in einer Zeit, in der die Gastronomie auf der Insel innerhalb von eineinhalb Jahren drei Lockdowns durchmachen musste, droht nun tausenden Kneipen die Schließung.

    „Es ist wirklich schrecklich, uns steht eine harte Zeit bevor. Das könnte für uns schlimmer werden als die Pandemie“, sagt Simon Cleary, Inhaber des Pubs „The Plough“ in Great Chesterford, einem Dorf nördlich von London. Seine Kosten für Gas und Strom hätten sich innerhalb eines Jahres nahezu verdreifacht, auf umgerechnet mehr als 40.000 Euro im Jahr. Für ihn bedeute das, dass er pro Woche etwa 2000 Euro mehr einnehmen müsste, um genug zu verdienen. „Das ist nahezu unmöglich.“

    Corona-Pandemie und Brexit: Die britischen Pubs hatten schon davor zu kämpfen.
    Corona-Pandemie und Brexit: Die britischen Pubs hatten schon davor zu kämpfen. Foto: Han Yan, dpa (Archivbild)

    Laut Chris Jowsey, Chef von „Admiral Taverns“, einer Kette mit rund 1600 Pubs im Land, würden viele darüber nachdenken, hinzuschmeißen. Die Energie-Rechnungen seien um bis zu 450 Prozent gestiegen. Das seien Kosten, die sie nicht an ihre Kunden weitergeben können und wollen.

    Die Kneipen und Brauereien fordern Hilfe vom britischen Staat

    Um den Pubs, einem Kulturgut des Landes, das Überleben zu ermöglichen, fordern nun sechs große Kneipen- und Brauereigruppen ein Eingreifen des Staates, einschließlich eines Unterstützungspakets und einer Preisobergrenze für Energie. Tatsächlich profitieren Unternehmen in Großbritannien im Unterschied zu privaten Haushalten nicht von einer Deckelung der Preise für Gas und Strom.

    In einem Brief an die Regierung und die beiden Kandidaten für das Amt des Premierministers, Liz Truss und Rishi Sunak, warnte die „British Beer and Pub Association“, dass ein Massenabbau von Arbeitsplätzen unvermeidlich sei, wenn die Branche, die rund 940.000 Menschen beschäftigt, nicht finanziell unterstützt werde.

    Pub-Sterben in Großbritannien hat schon vor der Pandemie begonnen

    Tatsächlich begann das Pub-Sterben schon vor der Pandemie. 2019 lag die Zahl der traditionellen Kneipen in England und Wales bei rund 47.000. 1990 waren es laut offiziellen Statistiken noch rund 64.000. Dafür gibt es viele Gründe wie das Rauchverbot oder auch das geänderte Trinkverhalten. In London wurden kleine Kneipen durch sogenannte Gastro-Pubs mit gehobener Küche oder schicke Restaurants ersetzt.

    Während die Branche die Pandemie durch staatliche Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld und Zuschüssen überlebt hat, wird die Erholung seither durch die hohe Inflation und nun durch die explodierenden Energiepreise behindert. „Jetzt folgt sozusagen die Krise auf die

    Die mögliche neue Premierministerin Liz Truss macht keine Zusagen

    Die Hilferufe der Gastronomiebetriebe verhallen aktuell jedoch. „Wir hören im Moment nichts von der Regierung“, sagt Simon Cleary, der Pub-Betreiber aus Great Chesterford. Tatsächlich macht Liz Truss, die aller Wahrscheinlichkeit Boris Johnson als Premierministerin nachfolgen wird und sich aktuell im Wahlkampf befindet, bislang keine konkreten Zusagen, wie sie Unternehmer unterstützen will.

    Ulrich Hoppe bezweifelt, dass die Regierung schnelle Hilfen aktivieren kann. Zum einen, weil sie sich erst einmal neu aufstellen müsse, und zum anderen, weil ein erneutes umfassendes Hilfspaket aufgrund der hohen Staatsverschuldung kaum zu stemmen sei. Indes überlegen britische Pub-Besitzer, wie sie sparen können. Gill Leigh-Ford vom „Ye Olde Admiral Rodney“ in Macclesfield südlich von Manchester will auf keinen Fall die Heizungen ausdrehen. Sie zieht stattdessen in Erwägung, Kerzen aufzustellen, statt das Licht einzuschalten. Das wäre wenigstens passend in einem Pub, das schon seit 1730 existiert.

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