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Diplomatie: Pressestimmen: Baerbock schlägt sich beim Treffen mit Lawrow so gut es eben geht

Diplomatie

Pressestimmen: Baerbock schlägt sich beim Treffen mit Lawrow so gut es eben geht

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    Sergei Lawrow, Außenminister von Russland, empfängt Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesaußenministerin von Deutschland, zu Gesprächen in Russland.
    Sergei Lawrow, Außenminister von Russland, empfängt Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesaußenministerin von Deutschland, zu Gesprächen in Russland. Foto: Maxim Shemetov, dpa

    Es war kein einfacher Besuch für Annalena Baerbock in Moskau: Die neue Außenministerin traf mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow auf ein politisches Urgestein. Ihr Besuch fiel zudem in eine angespannte Phase im deutsch-russischen Verhältnis, zu besprechen gab es eine lange Liste an Themen. Die erste Begegnung zwischen Baerbock und Lawrow wurde dementsprechend international mit Spannung erwartet.

    "Mit meiner Reise möchte ich deutlich machen, dass die Beziehung zu Russland der neuen deutschen Bundesregierung oder auch mir persönlich sehr wichtig sind", sagte Baerbock am Dienstag in Moskau. "Es gibt keine Alternative zu stabilen Beziehungen zwischen Moskau und Berlin." Baerbock und Lawrow bekräftigten ihre Bereitschaft zum Dialog. Themen wie der Ukraine-KonfliktKonflikt und die deutsche Absage an das russische Fernsehprogramm RT DE zeigten jedoch, wie konfliktbehaftet das Verhältnis der beiden Staaten aktuell ist.

    Auftritt auf Augenhöhe: Viele positive Pressestimmen zu Baerbocks Besuch in Russland

    Am Tag nach dem Besuch bei Lawrow gibt es viele positive Reaktionen zu Baerbocks Auftreten. Die staatsnahe Moskauer Tageszeitung Iswestija bezeichnet Baerbocks Besuch für beide Seiten als erfolgreich. Trotz der "dicken Mappe" an Meinungsverschiedenheiten, die die Vertreterin Berlins mit nach Moskau brachte, sei es den Diplomaten gelungen, die Sichtweisen ihrer Länder klarzumachen und sogar den Weg für eine Zusammenarbeit aufzuzeigen.

    Einige Medien würdigen, dass die frischgebackene Außenministerin dem politischen Urgestein Lawrow auf Augenhöhe begegnete. Die Nürnberger Nachrichten schreiben über "die Außenpolitik-Lernende zu Gast beim Diplomatie-Profi", Baerbock habe sich nicht schlecht geschlagen. Auch die Mittelbayerische Zeitung bescheinigt Baerbock, die deeskalierend und diplomatisch aufgetreten war, die Feuertaufe in Moskau bestanden zu haben. "Das war angesichts des mit allen Wassern gewaschenen russischen Chefdiplomaten nicht selbstverständlich. Lawrow leitet seit fast 18 Jahren das Moskauer Außenamt und beherrscht alle diplomatischen Tricks – auch die faulen. Jeden kleinen Spalt, jede noch so kleine Differenz innerhalb des Westens, innerhalb von EU und Nato, kennt Lawrow genau und nutzt dies gnadenlos."

    Für Russland sind außenpolitisch die USA und China wichtiger

    Baerbocks Besuch ändert dabei offenbar wenig an der Gesamtwahrnehmung der deutschen Russland-Politik. Die Stuttgarter Nachrichten finden: "Selten sah die Außenpolitik der Bundesrepublik dermaßen hilflos aus." Und: "Eine Außenpolitik, die so gern die Welt belehrt und in Moral-Kategorien redet, solange damit keine größeren Nachteile verbunden sind, entspricht in Deutschland der Mehrheitsmeinung." Das habe nicht Annalena Baerbock zu verantworten, sie habe sich schon früher klar positioniert. "Aber ihre Antrittsbesuche in Kiew und Moskau zeigen, wie eng die Spielräume sind für die von Baerbock angekündigte Werte-Offensive. Auf einem Feld, das der Logik von Interessen, Macht und Machbarkeit unterliegt."

    In eine ähnliche Richtung geht die Volksstimme aus Magdeburg. Deutschland werde in diesem Konflikt wie so oft maximal als Vermittler in der zweiten Reihe gesehen. Die Europäer insgesamt spielten für Moskau eine untergeordnete Rolle bei der Frage von Krieg und Frieden in der Ukraine, maßgebend seien USA und Nato.

    Annalena Baerbock und Sergei Lawrow nahmen nach ihrem Gespräch in Moskau an einer gemeinsamen Pressekonferenz teil.
    Annalena Baerbock und Sergei Lawrow nahmen nach ihrem Gespräch in Moskau an einer gemeinsamen Pressekonferenz teil. Foto: Maxim Shemetov, dpa

    So heißt es im Handelsblatt, Deutschland habe seine Sonderrolle in Russland verloren. "Kremlchef Wladimir Putin, der die territoriale Integrität der Ukraine offen anzweifelt und Russland wieder als Großmacht etablieren will, verhandelt nicht mehr mit Deutschland oder der EU, sondern nur noch mit der Großmacht USA – und zwar auf Augenhöhe. Deutschland ist abgemeldet – mit allen Folgen. Allein schon aus ökonomischen Gründen ist das keine gute Nachricht."

    Baerbock ist als Außenministerin von Koalition und europäischen Partnern beschränkt

    Die polnische Wirtschaftszeitung Dziennik Gazeta Prawna ging am Mittwoch auf Baerbocks schwierige Position auch in Deutschland und im Verhältnis zu westlichen Partnern ein. Ihr neuer außenpolitischer Schwerpunkt auf Menschenrechte stößt nach Ansicht der Dziennik Gazeta Prawna bei der SPD auf wenig Willen, vom bisherigen Vorgehen abzuweichen.

    "Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gibt sich große Mühe bei ihren Versuchen, die deutschen Wirtschaftsverbindungen zu Russland in Einklang zu bringen mit Unterstützung für die Souveränität der Ukraine." Am Montag hatte Baerbock Kiew besucht, am Dienstag dann Moskau. "Verbündete wie die USA, Großbritannien und Polen verlangen von Berlin eine Verschärfung des Kurses gegenüber Putin. Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren, erwarten sie eine dauerhafte Einstellung der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 und die Einführung von Sanktionen gegen den Kreml."

    Echte Chancen für ein besseres Verhältnis zwischen Deutschland und Russland?

    Trotz all dieser Herausforderung gibt sich die Berliner Zeitungoptimistisch. Baerbock habe sich nicht auf das Spielfeld der Militaristen zwingen lassen wollen. Sie biete Russland eine echte Perspektive. "Auch wenn am Ende die Realpolitik über alle schönen Visionen hinwegfegen mag: Man muss Russland nicht zwangsläufig immer nur als Rohstoff-Monolithen sehen. Man kann Russland auch als Teil der europäischen Kultur- und Naturlandschaft sehen, die für das Weltklima eine entscheidende Rolle spielen wird." Hier eröffne sich für Moskau ein neuer Weg zur überfälligen Diversifizierung seiner durch Korruption ausgehöhlten Wirtschaft. Deutschland und Russland seien logische Partner. Wenn beide sich dem neuen Denken öffneten, könne Sinnvolles entstehen. "Am Ende gibt es vielleicht sogar einen echten Frieden." (mmhe, mit dpa)

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