Kurz nach der Diagnose von Typ-1-Diabetes berichten viele Patienten von einer überraschenden Verbesserung: weniger Insulinbedarf, besser kontrollierbare Blutzuckerwerte – das alles klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Diese sogenannte Honeymoon-Phase wirft jedoch viele Fragen auf. Was genau passiert in dieser Phase? Warum tritt sie nur bei Typ-1-Diabetes auf, und wie lange hält sie an? Die Antworten auf diese und weitere Fragen könnten für Betroffene von entscheidender Bedeutung sein.
Diabetes: Was ist die Honeymoon-Phase?
Die Honeymoon-Phase ist laut der Definition durch die Johns-Hopkins-Universität ein Zeitraum kurz nach der Diagnose von Typ-1-Diabetes, in dem die Insulinanforderungen des Körpers deutlich geringer sind, da die Bauchspeicheldrüse noch eine geringe Menge an eigenem Insulin produziert. Sie wird auch „partielle Remissionsphase“ genannt und tritt auf, weil das Immunsystem die insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse noch nicht vollständig zerstört hat. Da noch eine gewisse Restproduktion von Insulin vorhanden ist, wird der Blutzuckerspiegel leichter kontrollierbar, und Patienten benötigen in dieser Phase oft weniger Insulin. Durch die vermeintliche Verbesserung des Gesundheitszustands erhält die Phase auch ihren Namen, denn „Honeymoon“ ist die englische Bezeichnung für Flitterwochen.
Während dieser Phase kann es vorkommen, dass die Insulindosen angepasst werden müssen, um das Risiko von Unterzuckerungen (Hypoglykämie) zu vermeiden. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass der Blutzuckerspiegel nicht zu hoch wird, was zu diabetischer Ketoazidose führen könnte, schreibt das britische Diabetes-Informationsportal diabetes.co.uk. Es sei für Diabetiker wichtig, diese Phase zu überwachen und die Insulindosen eng mit dem behandelnden Arzt abzustimmen.
Kommt die Honeymoon-Phase auch bei Typ-2-Diabetes vor?
Die oben genannte Definition lässt es schon vermuten: Die Honeymoon-Phase ist ein Phänomen, das in der Regel spezifisch bei Typ-1-Diabetes auftritt, da sie direkt mit der Autoimmunzerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse zusammenhängt. Bei Typ-2-Diabetes handelt es sich hingegen um eine Erkrankung, bei der der Körper zunächst noch Insulin produziert, aber entweder eine Insulinresistenz entwickelt oder die Insulinproduktion allmählich abnimmt.
Im Gegensatz zu Typ-1-Diabetes, bei dem die Honeymoon-Phase durch eine zeitweise Restproduktion von Insulin gekennzeichnet ist, gibt es bei Typ-2-Diabetes keine solche definierte Phase, in der die Insulinproduktion vorübergehend stabilisiert wird, bevor sie wieder abfällt. Typ-2-Diabetes-Patienten erleben laut diabetes.co.uk also keine klassische Remissionsphase wie bei Typ-1-Diabetes, da ihre Krankheit nicht durch eine vollständige Zerstörung der Beta-Zellen ausgelöst wird.
Ein Beitrag aus dem World Journal of Clinical Cases weist allerdings darauf hin, dass ein vergleichbares Phänomen in sehr seltenen Fällen auch bei bestimmten Typ-2-Diabetes-Formen auftreten könnte. Dazu zählen offenbar der sogenannte „Flatbush-Diabetes“ oder „ketoseanfälligen Diabetes“, wo es vorübergehend zu einer Phase kommen kann, in der der Patient weniger oder gar kein Insulin benötigt. Diese Phase ähnelt der Honeymoon-Phase, ist aber nicht mit Typ-1-Diabetes vergleichbar und tritt laut der Forscher unter anderen physiologischen Bedingungen auf.
Wie lange hält die Remissionsphase bei Diabetes?
Obwohl der Begriff „Remission“ suggeriert, dass die Krankheit sich zurückbildet, bedeutet er in diesem Kontext nicht, dass der Diabetes geheilt ist. Es handelt sich vielmehr um eine temporäre Phase, in der der Bedarf an externem Insulin vorübergehend sinkt, während die Krankheit im Hintergrund weiter fortschreitet, schreibt die Johns-Hopkins-Universität.
Die Dauer der Remissionsphase, also der Honeymoon-Phase, variiert stark. In den meisten Fällen tritt sie etwa drei Monate nach Beginn der Insulintherapie auf und kann zwischen einem Monat und mehreren Jahren andauern. Dies geht aus einem Beitrag im Journal of Pediatric Endocrinology Diabetes and Metabolism hervor. Der Durchschnitt liegt jedoch bei etwa neun Monaten, schreiben die Forscher.
Die Dauer der Honeymoon-Phase hängt von verschiedenen Faktoren ab. Darunter das Alter bei der Diagnose, der Grad der Autoimmunreaktion, der Zustand der Beta-Zellen und die initiale Blutzuckerkontrolle. Ein gut kontrollierter Blutzucker in der frühen Phase der Erkrankung könne dazu beitragen, die Dauer der Honeymoon-Phase zu verlängern. Allerdings gebe es keine Garantie, dass diese Phase lange anhält oder eine dauerhafte Remission erreicht wird, erklären die Mediziner im World Journal of Clinical Cases.
Dank Remission: Kann sich die Bauchspeicheldrüse wieder erholen?
Die Honeymoon-Phase kann bei manchen Patienten den Eindruck erwecken, dass sich die Bauchspeicheldrüse erholt oder der Typ-1-Diabetes möglicherweise rückgängig gemacht werden könnte. Allerdings ist es wichtig zu verstehen, dass die Honeymoon-Phase nur eine temporäre Verbesserung ist und keine vollständige Heilung darstellt, stellt das Diabetes-Informationsportal diabinfo.de klar.
Während der Honeymoon-Phase produziert die Bauchspeicheldrüse noch eine kleine Menge Insulin, was auf eine gewisse Restfunktion der Beta-Zellen hinweist. Diese Restfunktion ist jedoch begrenzt und wird mit der Zeit durch den fortschreitenden Autoimmunprozess weiter zerstört. In der Regel geht die Insulinproduktion allmählich zurück, und Patienten benötigen schließlich wieder mehr Insulin, da die Bauchspeicheldrüse ihre Fähigkeit verliert, ausreichend Insulin zu produzieren.
Im Allgemeinen müssen sich Patienten darauf einstellen, dass die Honeymoon-Phase zwar eine Erleichterung bringt, aber nicht von Dauer ist. Sie kann das Fortschreiten der Krankheit nicht aufhalten und sollte nicht als Zeichen für eine vollständige Erholung der Bauchspeicheldrüse verstanden werden. Eine dauerhafte Heilung des Typ-1-Diabetes ist derzeit nicht möglich.
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