Diabetes ist in Deutschland längst keine Seltenheit mehr. Die Stoffwechselerkrankung gehört laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sogar zu den häufigsten nicht übertragbaren Erkrankungen. Schätzungen zufolge leben hierzulande etwa sieben Millionen Diabetikerinnen und Diabetiker. Am häufigsten sind Betroffene mit circa 93 Prozent an Typ-2-Diabetes erkrankt. Diese Diabetes-Form wird auch als Zuckerkrankheit bezeichnet und bricht meist erst im höheren Alter aus. Typ-1-Diabetes hingegen ist deutlich seltener und entsteht vorrangig bereits im Kindes- und Jugendalter.
Viele Risikofaktoren können eine Erkrankung mit Typ-2-Diabetes begünstigen. Eine neue Studie hat nun gezeigt, dass auch die Zuckeraufnahme während der Schwangerschaft und im Kleinkindalter einen großen Einfluss haben kann. Zu welchen Erkenntnissen die Forschenden gekommen sind, lesen Sie hier.
Kurz erklärt: Was ist Diabetes?
Ein Diabetes – medizinisch korrekt: Diabetes mellitus – ist laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) bei etwa 7,2 Prozent der Erwachsenen im Alter von 18 bis 79 Jahren bekannt. Dabei unterscheidet man zwischen den beiden Hauptformen Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Es gibt aber noch weitere Formen der Stoffwechselerkrankung. Allen gemein ist, dass sie einen erhöhten Blutzuckerspiegel zur Folge haben. Grund dafür ist, dass Betroffene einen Mangel des Hormons Insulin haben und/oder die Insulinwirkung in ihrem Körper vermindert ist.
Bei Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Betroffene können kein Insulin produzieren und müssen das Hormon ihr Leben lang spritzen. Bisher ist die Erkrankung nicht heilbar. Typ-2-Diabetes beginnt hingegen meist schleichend und oft erst im höheren Erwachsenenalter. Neben einer erblichen Veranlagung begünstigen insbesondere Übergewicht, Bewegungsmangel, eine unausgewogene Ernährung und Rauchen die Entstehung eines Diabetes Typ 2. Betroffene müssen nicht zwingend Insulin spritzen, zudem gilt die Diabetesform als heilbar.
Diabetes-Risiko: Verzicht auf Zucker könnte sich positiv auswirken
In Großbritannien war Zucker während und nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen 1940 und 1953 streng rationiert. Diesen Umstand haben sich Forschende aus den USA und Kanada, genauer gesagt von der University of Southern California in Los Angeles, zunutze gemacht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Tadeja Gracner, Claire Boone und Paul Gertler haben den Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Zucker und der Entstehung eines Typ-2-Diabetes sowie von Bluthochdruck untersucht. Aus ihrer Beobachtungsstudie, die am 31. Oktober 2024 im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde, geht hervor, dass eine reduzierte Zuckeraufnahme in den ersten 1000 Tagen des Lebens eines Menschen das Risiko für Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck im späteren Leben deutlich mindern kann. Die 1000 Tage bilden in etwa den Zeitpunkt der Empfängnis bis zum zweiten Geburtstag eines Kindes ab.
Während der Zuckerrationierung war der Konsum in Großbritannien auf ein Maß beschränkt, das in etwa den heutigen Ernährungsempfehlungen entspricht. Ausgewertet wurden Daten aus der UK-Biodatenbank von über 60.000 Personen, die zwischen Oktober 1951 - während der Rationierung – und März 1956, nach der Rationierung geboren wurden. So konnten die Forschenden beide Gruppen vergleichen.
Dabei hat sich ergeben, dass Menschen, die in den ersten Lebensjahren sowie im Mutterleib nur wenig Zucker konsumierten, ein um 35 Prozent geringeres Risiko hatten, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Das Bluthochdruckrisiko sank um etwa 20 Prozent. Zudem zeigte sich, dass der Ausbruch der Krankheit bei Diabetes um vier und bei Bluthochdruck um zwei Jahre verzögert war. Allein die Zuckerrationierung während der Schwangerschaft trug der Studie zufolge zu etwa einem Drittel der Risikoreduktion bei.
Wie müssen die Studienergebnisse aber eingeschätzt werden? Gegenüber dem MDR erklärte Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) an der Charité Berlin, dass insbesondere bei Beobachtungsstudien „eine Überschätzung eines Effekts nicht ungewöhnlich“ sei. Andere parallel verlaufende Faktoren könnten nämlich nicht eindeutig abgetrennt werden. Auch wenn die genannten Zahlen kritisch zu betrachten seien, lobt der Experte die Studie: „Die neuen Ergebnisse dieser großen Beobachtungsstudie passen insgesamt zum bisherigen Wissensstand.“
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