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Corona-Pandemie: Impfpflicht für Lkw-Fahrer: Laute Trucker-Protest in Kanada

Corona-Pandemie

Impfpflicht für Lkw-Fahrer: Laute Trucker-Protest in Kanada

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    Der Protest der Trucker in Kanada ist auch in anderen Städten als Ottawa angekommen und spaltet die Bevölkerung. Auch in Edmonton (unser Bild).
    Der Protest der Trucker in Kanada ist auch in anderen Städten als Ottawa angekommen und spaltet die Bevölkerung. Auch in Edmonton (unser Bild). Foto: Franson, Canadian Press/AP/dpa

    Wer hätte gedacht, dass sich Menschen einmal über einen Richter freuen, der es Lastwagenfahrern verbietet zu hupen? Am Montag war es in Kanadas Hauptstadt Ottawa soweit: Mit einer einstweiligen Verfügung stoppte ein Gericht das seit Tagen andauernde Hupen der Trucker. Der Lärm, der auch von laufenden Motoren kam, setzte den Menschen in der Innenstadt zu. Eltern berichteten von den Ängsten ihrer Kinder, die nicht schlafen könnten. Ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen wagten sich nicht mehr auf die Straßen.

    Die Nerven liegen blank – nicht nur in Ottawa. Denn der Protest der Trucker dauert an und hat andere Regionen des Landes erfasst, darunter die Städte Québec und Toronto. In Windsor blockieren Trucks den Grenzübergang zu den USA. Das kann erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft Kanadas haben.

    Freiheitskonvoi? Trucker demonstrieren gegen die Impfpflicht

    Die Aktionen der Trucker, die sich gegen die Impfpflicht für Lkw-Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr richten und für die Aufhebung aller Corona-Vorschriften, hatten am 28. Januar begonnen. Mit dem "Freedom Convoy" (Freiheitskonvoi) wurden Hunderte Lastwagen nach Ottowa gefahren, die seitdem wichtige Straßen und Kreuzungen blockieren.

    Die Wut der Trucker macht dabei auch vor Personen nicht Halt, die sich mit Mund-Nase-Bedeckung in die Innenstadt begeben. "Einer kam auf mich zu und versuchte, mir den Mundschutz vom Gesicht zu reißen", erzählt eine Frau am Dienstag. Eine andere berichtet, dass sie beim Joggen von Truckern übel beschimpft worden sei.

    Vor allem richtet sich deren Aggressivität jedoch gegen Premierminister Justin Trudeau, der auf Plakaten als Mörder mit Spritze dargestellt und dessen Inhaftierung verlangt wird. Er lehnt Verhandlungen mit den Truckern ab: Die meisten Einschränkungen wurden ohnehin nicht von der Bundesregierung, sondern von Provinzen erlassen.

    Protest unterschätzt: Die Polizei in Ottawa braucht Verstärkung

    Die Polizeiführung Ottawas hat inzwischen eingeräumt, den Protest völlig unterschätzt zu haben. Die Stadt setzt nun auf die Unterstützung von Polizeikräften des Bundes und der Provinz, um die Blockade der Innenstadt und die Belästigung der dort lebenden Menschen zu beenden. Nach dem Aufrufen des Notstands forderte der Bürgermeister die Entsendung von 1800 Polizistinnen und Polizisten an. Die "kriminellen Aktivitäten und das Rowdytum" der vergangenen Tage müssten enden, schrieb Jim Watson an Justin Trudeau. Der schloss zumindest den Einsatz von Militär aus.

    Ein schnelles Ende der Protestaktionen ist nicht in Sicht – auch weil Sympathisanten der Trucker diese mit Dieseltreibstoff versorgen. Die Polizei versucht, das zu unterbinden. Die Kommunalpolitikerin Catherine McKenney beschrieb am Wochenende die Lage als "völlige Gesetzlosigkeit".

    Der Protest spaltet die Stadt und das Land. Genervten – manche sprechen von "Terror" – stehen ungezählte Unterstützer der Trucker gegenüber. Diese sehen ihre Freiheiten zu stark eingeschränkt. "Freiheit" steht auf ihren Plakaten. Oder: "Wir sind nicht China". Teilweise tanzen sie auf Straßenkreuzungen; es herrscht stellenweise Partystimmung.

    Die Impfbereitschaft in Kanada ist hoch

    Mit einer Impfquote von mehr als 80 Prozent gehört Kanada weltweit zu den Ländern mit der höchsten Impfbereitschaft seiner Bürgerinnen und Bürger. Eine Impfpflicht gibt es in Kanada nicht als allgemeine Verpflichtung, sondern lediglich für einzelne Berufsgruppen. Zu diesen gehören seit dem 15. Januar auch die Trucker.

    Eine generelle Impfpflicht würde laut Umfragen zwar von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung akzeptiert. Was aber umgekehrt zeigt, dass es nicht nur in einer kleinen Minderheit Widerstand gegen sie gibt. Über die Haltung zum Trucker-Protest liegt noch keine Meinungsumfrage vor.

    Trotz der hohen Impfquote wird das schwache Gesundheitswesen Kanadas mit seiner mangelnden Betten- und Intensivkapazität derzeit immer wieder an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Nach offiziellen Angaben nimmt die relativ niedrige Zahl Ungeimpfter rund 50 Prozent der Bettenkapazität in Anspruch.

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