Wie viele Virus-Erkrankungen greift Covid-19 nicht nur die Atemwege, sondern auch andere Organe an – zum Beispiel das Herz. Zudem kann eine Corona-Infektion Langzeitfolgen nach sich ziehen. Bekannt sind diese unter den Begriffen Long Covid und Post Covid. Eine neue Studie, die im Oktober 2024 in einem Journal der American Heart Association veröffentlicht wurde, zeigt nun, dass Covid-19-Genesene ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle haben; und zwar über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren – selbst nach einem leichten Krankheitsverlauf. Insbesondere Menschen, die nicht geimpft waren und sich mit der ursprünglichen Variante des Virus infiziert haben, sind betroffen.
Übrigens: Die Pandemie wurde zwar offiziell als beendet erklärt, trotzdem steigen die Fallzahlen immer wieder an – besonders in der kalten Jahreszeit. Zudem werden regelmäßig neue Varianten des Virus entdeckt, zum Beispiel XEC, KP.3.1.1, JN.1 oder auch die Pirola-Variante sowie die Fornax-Variante. Viele dieser Varianten stammen von der Omikron-Variante ab.
Herzinfarkt nach Corona-Infektion: Wie hoch ist das Risiko?
Laut den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) haben die Forschenden um Studienleiter Hooman Allayee, Professor für Bevölkerungs- und öffentliche Gesundheitswissenschaften an der University of Southern California Keck School of Medicine in Los Angeles, die Daten von 10.000 Personen aus der britischen Biodatenbank untersucht. 8000 Patientinnen und Patienten waren zwischen 1. Februar und 31. Dezember 2020 positiv auf Covid-19 getestet worden, 2000 mussten mit einer schweren Corona-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert werden. Da es im Studienzeitraum noch keine Corona-Impfstoffe gab, waren alle Teilnehmenden ungeimpft. Die Forscher verglichen beide Untergruppen mit einer Gruppe von fast 218.000 Menschen, die nicht an Covid-19 erkrankt waren.
Anhand der Studienergebnisse kommen die Forschenden zu dem Schluss, dass eine Corona-Infektion das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall und den Tod bei ungeimpften Personen zu Beginn der Pandemie bis zu drei Jahre lang deutlich erhöht hat. Im Vergleich zu Menschen ohne Corona-Vorgeschichte zeigte sich, dass Menschen, die früh in der Pandemie an Covid-19 erkrankt sind, ein doppelt so hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hatten. Menschen mit einem schweren Verlauf wiesen sogar ein fast viermal so hohes Risiko auf.
Damit bestätigt die Studie auch Ergebnisse früherer Untersuchungen. Ein Forscherteam in Singapur hat etwa 2021 eine beunruhigende Fallserie im Fachjournal Annals veröffentlicht. Dabei ging es um drei Männer, die mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus kamen. Sie waren vergleichsweise jung, rauchten nicht, litten weder unter Bluthochdruck noch unter Diabetes.
Aber die drei Infarktopfer hatten noch eine Gemeinsamkeit: Im Frühjahr 2020, während der ersten Corona-Welle in Singapur, hatten sie laut Antikörper-Untersuchung eine symptomlose Covid-19-Infektion durchgemacht. Zum Zeitpunkt der Herzinfarkte waren die PCR-Tests längst wieder negativ. „Unsere Fallserie legt nahe, dass ein lebensbedrohlicher Herzinfarkt bei ansonsten gesunden Patienten nach einer asymptomatischen Covid-19-Infektion unerwartet auftreten kann“, folgerten die Experten.
Weitere Studien belegten, dass das Risiko für diverse Herz- und Gefäß-Erkrankungen, etwa plötzlicher Herzstillstand oder Schädigung des Herzmuskelgewebes, nach einer Covid-19-Infektion deutlich erhöht ist. Eine im Jahr 2022 in der Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlichte Untersuchung zeigte, dass es in dem Jahr nach einer Infektion 45 zusätzliche Fälle von Herz- und Gefäßkrankheiten pro 1000 Infizierten gab. Rund die Hälfte davon waren schwere Komplikationen, wie Herzinfarkte.
Herzinfarkt-Risiko nach Corona: Gibt es eine genetische Komponente?
Anders als die bisherigen Untersuchungen zeigt die aktuelle Studie, die im Fachjournal Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology veröffentlicht wurde, laut der NIH erstmals, dass das erhöhte Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall eine genetische Komponente haben könnte. Diese könnte mit der Blutgruppe zusammenhängen.
Die Forschenden fanden nämlich heraus, dass eine Krankenhauseinweisung aufgrund einer Corona-Erkrankung das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Patienten mit den Blutgruppen A, B oder AB mehr als verdoppelte. Anders war das bei Patienten mit der Blutgruppe O, die mit einem geringeren Risiko für einen schweren Corona-Verlauf verbunden zu sein scheint.
Herzinfarkt nach Corona: Wie hoch ist das Risiko, wenn man sich heute infiziert?
Die Studie bezieht sich nur auf Menschen, die sich zu Beginn der Pandemie mit Corona infiziert haben. Für diese Gruppe sind die Ergebnisse besonders aussagekräftig. Studienleiter Hooman Allayee weist allerdings darauf hin, dass unklar ist, ob das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen, die ab 2021 und bis heute an Corona erkrankt sind – ob schwer oder leicht – ebenso hoch ist.
Weitere Studien sollten sich dem Wissenschaftler zufolge mit der Frage befassen, ob eine Corona-Impfung das Herzinfarkt-Risiko beeinflusst. Auch der Zusammenhang zwischen Blutgruppe und einer Covid-19-Infektion müsse genauer untersucht werden.