Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Christine Dawood aus Rosenheim sollte statt Sohn in Titan sitzen

"Titanic-U-Boot"

Rosenheimerin sollte eigentlich statt ihres Sohnes im Tauchboot "Titan" sitzen

    • |
    Das U-Boot "Titan" wird vermisst – und mit ihm fünf Insassen.
    Das U-Boot "Titan" wird vermisst – und mit ihm fünf Insassen. Foto: Oceangate Expeditions, dpa (Archivbild)

    Schon kurz nach dem Start galt das Tauchboot, das fünf Menschen zum Wrack der "Titanic" bringen sollte, als vermisst. Seit Donnerstag steht fest: Das U-Boot ist implodiert. Schon wenige Stunden nach dem Abtauchen wurden Geräusche registriert, die daraufhin deuteten. Die Überlebenschancen der Vermissten: gleich Null. Laut der Küstenwache sind sie wohl alle tot.

    Doch die Hoffnung, die Titan zu finden und die Insassen zu retten, schwand schon in den vergangenen Tagen mit jeder Stunde. Darüber sprach nun eine gebürtige Rosenheimerin in einem Interview. Sie verlor bei der Tragödie um das Tauchboot ihren Ehemann und ihren Sohn. 

    Titanic-U-Boot gefunden: Christine Dawood aus Rosenheim verliert Ehemann und Sohn

    Die Rede ist von Christine Dawood. Sie wurde in Rosenheim geboren, ihre Familie lebt noch heute in der Region. Christine Dawood hat ihren Lebensmittelpunkt inzwischen mit ihrer eigenen Familie in Großbritannien. Die 46-Jährige ist mit dem zwei Jahre älteren Shahzada Dawood verheiratet, der aus einer der reichsten Familien Pakistans stammt. Zusammen hat das Ehepaar Sohn Suleman und Tochter Alina.

    Familie Dawood gehört der börsennotierte Konzern Engro Corporation. Das pakistanische Unternehmen hat sich vor allem der Herstellung von Lebensmitteln, Düngemitteln, Chemikalien und Petrochemie-Produkten verschrieben, ist aber auch in der Energie- und Telekommunikations-Infrastruktur tätig.

    Suleman Dawood wollte im "Titanic-U-Boot" einen Weltrekord aufstellen

    Shahzada Dawood hatte ursprünglich für seine Frau und sich zwei Tickets für die Titan gebucht. Das verriet nun Christine Dawood. "Shazahda und ich wollten da runtergehen. Aber das mussten wir wegen der Pandemie verschieben", sagte sie im Gespräch mit BBC: "Danach trat ich zurück, weil ich wusste, dass Suleman so gerne hin wollte." Der 19 Jahre alte Suleman Dawood wollte im U-Boot sogar einen Weltrekord aufstellen. Er wollte der erste Mensch sein, einen Zauberwürfel 3800 Meter unter dem Meeresspiegel löst. "Seine beste Zeit war zwölf Sekunden", erklärte seine Mutter.

    Die Fahrten zum Wrack der Titanic, das fast 4000 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, werden laut Berichten von US-Medien von der Firma Ocean Gate Expeditions für rund 250.000 US-Dollar angeboten. "Unser Sohn Shahzada Dawood und sein Sohn Suleman hatten sich auf eine Reise begeben, um die Überreste der Titanic im Atlantik zu besuchen. Derzeit ist der Kontakt zu ihrem Tauchboot unterbrochen, und es sind nur begrenzte Informationen verfügbar", heißt es in einem Statement der Familie Dawood, welches in Pakistan veröffentlicht wurde. Wenig später kam die bittere Meldung, dass alle Insassen der Titan tot sind.

    Suche nach U-Boot "Titan": Familie Dawood lebt bei London

    Zuletzt besuchte Christine Dawood Rosenheim zur Beerdigung ihrer Mutter Gudrun. Sie ist immer mal wieder in ihrer Heimat. Dort hatte sie eine Ausbildung an der Rosenheimer Fachhochschule für Technik und Wirtschaft gemacht und war danach nach Großbritannien gezogen. Mit 23 Jahren heiratete sie Shahzada Dawood in London. Die Philanthropin arbeitet unter anderem als Lebenscoach, aber auch als Buchautorin. Zudem ist sie in der Dawood-Stiftung ihres Mannes in Pakistan aktiv. Die Projekte der Stiftung drehen sich um Benachteiligte in Pakistan. 

    Familie Dawood lebt in Long Ditton, einem Vorort von London. Im Rahmen des Abenteuers ihres Mannes und ihres Sohnes reiste sie vor rund einem Monat nach Kanada. Von dort aus wollte Christine Dawood die Expedition der "Titan" verfolgen. Stattdessen pendelte ihre Gefühlswelt wohl schnell zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Nun ist die Zeit der großen Trauer angebrochen.

    Nach Titan-Unglück: Mutter und Tochter wollen zusammenhalten

    Laut den Aussagen von Christine Dawood war nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ihr Sohn ein echter Titanic-Fan. "Beide waren so aufgeregt. Suleman hatte sogar vor zwei Jahren eine Titanic aus Lego mit zehntausend Teilen zusammengebaut. Er liebte das. Ich habe mich wirklich für die beiden gefreut, sie wollten das schon sehr lange tun", sagte sie. 

    Christine Dawood verfolgte den Tauchgang mit ihrer Tochter auf dem Begleitschiff der Titan. Sie erzählt, dass plötzlich ein Crewmitglied unter Deck kam und sagte, dass sie die Verbindung zum Tauchboot verloren hätten. "Wir warteten einfach. Alles sagten: 'Ach, das ist nicht so ungewöhnlich. Sie kommen schon hoch.' Aber dann wurde klarer, dass sie nicht hochkommen", erzählte sie. Christine Dawood hoffte lange, verlor nach eigener Aussage aber nach der 96-Stunden-Marke die Hoffnung. So lange sollte der Sauerstoff in dem U-Boot reichen. "Ich versuchte so sehr, meiner Tochter das nicht zu zeigen und mir nichts anmerken zu lassen."

    Mutter und Tochter halten nun zusammen. "Wir sprechen viel. Das war schon immer so. Es ist eine gleichwertige Beziehung", sagte die gebürtige Rosenheimerin: "Wir wollen, das man sich an die beiden erinnert. Alina und ich werden den Zauberwürfel angehen, weil wir das nicht können. Wir wollen das für Suleman lernen. Suleman liebte Spielfilme. Und wir werden uns hinsetzen und jeden einzelnen von seinen Lieblingsfilmen schauen. Jeden einzelnen. Ich vermisse sie. Ich vermisse sie so, so sehr."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden