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Check-Up in Apotheken? Ärzte empört über Lauterbach-Vorstoß

Gesundheit

Vorsorgeuntersuchungen in Apotheken? Ärzte empört über Lauterbach-Vorstoß

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    Bald auch in Apotheken möglich? Gesundheitsminister Karl Lauterbach will Vorsorgeuntersuchungen auch von Apothekern durchführen lassen.
    Bald auch in Apotheken möglich? Gesundheitsminister Karl Lauterbach will Vorsorgeuntersuchungen auch von Apothekern durchführen lassen. Foto: Britta Pedersen, dpa (Symbolbild)

    Karl Lauterbach ist dabei, das deutsche Gesundheitssystem nach seinen Vorstellungen zu modernisieren. Dazu gehört auch ein "Vorbeugemedizingesetz", das laut dem Gesundheitsminister vorbereitet wird.

    Im Gespräch mit den Zeitungen der Mediengruppe Bayern verrät der SPD-Politiker: "Im Rahmen dieses Gesetzes wollen wir die Apotheker miteinbeziehen und ihnen das Angebot zusätzlicher Leistungen ermöglichen, für die sie dann auch honoriert werden." So schwebt Lauterbach vor, dass künftig Blutdruck, Cholesterin- sowie Blutzuckerwerte auch in Apotheken gecheckt werden können.

    Und die Bürger sollen auf diese Option gestoßen werden: "Die Krankenkassen sollen den Altersgruppen der 25-, 35- und 50-Jährigen einmalig einen Voucher schicken, mit dem sie in die Apotheke gehen können, um die genannten Untersuchungen vornehmen zu lassen." Bei auffälligen Werten führe der Weg des Patienten zum Hausarzt.

    Dem 60-Jährigen ist aber auch wichtig zu betonen, dass jeder Bürger auch weiterhin für diese Vorsorgeuntersuchungen direkt zum Hausarzt gehen kann. Allerdings werde dafür ein Termin benötigt. "In der Apotheke ist das nicht nötig. Ich glaube, dass die Apotheker in diesem Bereich unfassbar wertvolle Arbeit leisten können", unterstreicht Lauterbach.

    Vorsorgeuntersuchungen in Apotheke? Kritik von Ärzten

    Kritik an diesen Plänen hagelt es aus dem Lager der Ärzte. "Apotheken sind von großer Bedeutung für die qualifizierte Versorgung mit Arzneimitteln. Sie sind aber keine 'Arztpraxen to go'", moniert Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

    Der 63-jährige Allgemeinmediziner sieht dabei schon einen Trend und legt nach: "Die Politik will seit Jahren systematisch medizinische Leistungen aus der ärztlichen Versorgung in die Apotheken verlagern." Dabei handele es sich jedoch nur um "teure Parallelangebote, die einen Besuch beim Arzt und die ärztliche Präventionsberatung niemals ersetzen können".

    Ins selbe Horn bläst Edgar Pinkowski. Der Präsident der Landesärztekammer Hessen ist der Meinung, dass dieser Vorschlag die Qualität der Patientenversorgung noch stärker gefährden würde als die geplante flächendeckende Einrichtung der sogenannten Gesundheitskioske: "Beiden Ideen liegt der Vorsatz zugrunde, die ambulante Patientenversorgung durch Arztpraxen auszuhöhlen."

    Apotheken würden "eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen" einnehmen: "Doch Pharmazeuten sind keine Ärzte und ein schneller Check-Up in der Apotheke ersetzt keine Vorsorgeuntersuchung in der Arztpraxis, die weit über die Erhebung von Labor- und Messbefunden hinausgeht." Pinkowski fordert vielmehr, "dass Ärzteschaft und Politik gemeinsam geeignete Strategien entwickeln".

    Hält nicht viel von Karl Lauterbachs Vorschlag: Klaus Reinhardt ist seit 2019 Präsident der Bundesärztekammer.
    Hält nicht viel von Karl Lauterbachs Vorschlag: Klaus Reinhardt ist seit 2019 Präsident der Bundesärztekammer. Foto: Henning Kaiser, dpa (Symbobild)

    Vorsorgeuntersuchungen in Apotheke? Hausarzt glaubt nicht an positiven Effekt

    Im MDR äußert sich auch Holger Fischer negativ zu Lauterbachs Vorhaben. Der Allgemeinmediziner aus Quedlinburg im Harz, der seit 30 Jahren eine eigene Praxis hat, hält den Schritt für "weder finanzpolitisch sinnvoll noch medizinisch notwendig".

    Denn eine Entlastung für die Hausärzte ergebe sich damit nicht. Zudem ist er der Meinung: "Menschen, die an Prävention nicht interessiert sind, gehen auch nicht in eine Apotheke und lassen sich auch nicht untersuchen."

    Markus Beier befürchtet vor allem die Folgen der Checks bei der Apotheke. "Es tauchen dann plötzlich Werte auf, ein erhöhter Wert oder ein erniedrigter Wert ist noch keine Erkrankung", stellt der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes in dem Artikel klar. "Das heißt, die Einordnung, ist es eine Erkrankung, kann die Apotheke gar nicht leisten."

    Entsprechend würden verängstigte oder verunsicherte Menschen dann zu den Praxen weiterziehen, weil sie viele Fragen hätten. Beier spricht von einem "unstrukturierten Screeningverfahren", das letztlich keine Hilfe darstelle.

    Künftig ein Ort für Check-Ups? In Apotheken könnten auch Blutdruck und Cholesterinwerte gemessen werden.
    Künftig ein Ort für Check-Ups? In Apotheken könnten auch Blutdruck und Cholesterinwerte gemessen werden. Foto: Monika Skolimowska, dpa/dpa-tmn (Symbolbild)

    Vorsorgeuntersuchungen in Apotheke? Apotheker sehen Plan positiv

    Sehr positiv sieht den Lauterbach-Vorstoß hingegen ABDA, die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Deren Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hält Apotheken für "eine niedrigschwellige Pforte ins Gesundheitssystem". Weiter sagte sie der Pharmazeutischen Zeitung (PZ), Apotheker seien Heilberufler, die Patienten flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stünden.

    Es gehe darum, genau zu schauen, welche Präventionsleistungen sinnvollerweise angeboten werden könnten. Overwiening will aber keinen Alleingang: "Fest steht, dass die Apothekerschaft präventive Leistungen nur im Schulterschluss mit Ärztinnen und Ärzten zum Wohle der Menschen anbieten will."

    Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) unterstützt die Idee aus Berlin ebenfalls, machte aber auf PZ-Nachfrage klar, dass es lediglich darum gehen könne, potenzielle Patienten zu erkennen und an die Arztpraxen zu vermitteln. Verwiesen wurde dabei zugleich auf eine "auskömmliche Honorierung", zudem müssten sich die bürokratischen Anforderungen im Rahmen halten.

    Problematisch sei der Fachkräftemangel, den überbordende Bürokratie und Lieferengpässe verschärfen würden. "Wir sehen bereits bei Impfungen und pharmazeutischen Dienstleistungen, dass viele Apotheken vor Ort sie nicht anbieten können, weil ihnen schlicht das Personal fehlt", hält der AVWL fest.

    Lobt den Plan von Karl Lauterbach: Der Arzt Janosch Dahmen sitzt für die Grünen im Bundestag.
    Lobt den Plan von Karl Lauterbach: Der Arzt Janosch Dahmen sitzt für die Grünen im Bundestag. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild)

    Vorsorgeuntersuchungen in Apotheke? Uneinigkeit in der Politik

    Uneins ist sich die Politik. Janosch Dahmen von den Grünen sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), neben dem Fachkräftemangel würden auch globale Großkonzerne die Existenz flächendeckender Vor-Ort-Apotheken absehbar bedrohen. Die Rolle der Apotheker als Heilberufler müsste daher gestärkt werden.

    Der Gesundheitspolitiker findet es deshalb "richtig, insbesondere Beratungsangebote entlang der vorhandenen Kompetenzen auf eine älter werdende Bevölkerung und die dadurch wachsende Krankheitslast in Deutschland auszurichten". Zugleich sei klar, dass eine funktionierende Allgemeinmedizin und zielgerichtete Prävention damit nicht ersetzt werden könnten.

    Ganz anders sieht das Tino Sorge. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion erwähnt gegenüber dem RND, dass Apotheken über Personalmangel, Überlastung und Bürokratie klagen würden und ein weiterer Winter mit Medikamentenengpässen bevorstehe. "Minister Lauterbach wird erklären müssen, wie die Apotheken in einer derart angespannten Lage noch weitere Aufgaben übernehmen sollen", fordert der CDU-Politiker.

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